12.12.2020

Nicole Böhm - One last song (One last 1)

448 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im Harper Collins Verlag am 27.10.2020
 „Er war ein Rockstar, ich ein Niemand. Er lebte in dieser Welt aus Glamour und Glitzer, und ich musste erst hineinwachsen.“

(Riley über Julian in One last song)

Worum geht’s?

Riley ist nach New York gekommen, um ihren Weg auf die Bühne zu finden. Julian ist nach New York gekommen, um mit seiner Band auf der Bühne zu stehen. Als sich ihre Wege an der renommierten New York Music & Stage Academy kreuzen, entwickelt sich etwas, wogegen sich beide wehren…

One last song ist Band 1 der „One last“-Reihe, die sich verbindend um eine Akademie in New York dreht. Die Geschichte ist in sich geschlossen, die Protagonisten aus Band 2 und 3 kommen jedoch vor.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist mit der Farbgebung sehr glamourös und ansprechend gestaltet. Der Hintergrund erinnert an Musik und passt somit gut zum Titel. Auch die Lichtreflexe erinnern an das Scheinwerferlicht. Das Cover ist ein Hingucker und erregt Aufmerksamkeit. Die Geschichte wird wechselnd durch Riley und Julian in der Ich-Perspektive erzählt. Die Geschichte verläuft linear. Der Schreibstil ist locker, angenehm lesbar und kann einen mitreißen. Im Buch enthalten sind einige englischsprachige Songtexte. Das Buch enthält mehrere Intimszenen.

Meine Meinung

Schon wieder eine „normales Mädchen trifft Rockstar“-Geschichte? Das war vermutlich der erste Gedanken, den sehr viele hatten. Auch ich. Aber die Wahrheit ist: Ich habe eine Schwäche für solche Geschichten. Und daher war klar, dass One last song gelesen werden muss. Ich habe von der Autorin bisher nichts gelesen und bin daher ohne wirkliche Erwartungen an das Buch herangegangen. Was ich am Ende bekommen habe? Eine sympathische, mitreißende Liebes- und Lebensgeschichte, die mich fast restlos begeistern konnte!

Im Fokus der Geschichte stehen Julian und Riley. Riley ist mit dem großen Traum, Musicaldarstellerin zu werden und auf der Bühne zu stehen. Die Stimme hat sie dafür, aber leider hat es bisher nicht mit einer Rolle geklappt. Und ihre Zeit läuft ab, denn ihr Vater hat ihr zwei Jahre Unterstützung zugesagt. Klappt es bis dahin nicht, muss sie zurückkehren und New York verlassen. Durch einen großen Zufall landet Riley an der New York Music & Stage Academy als Kellnerin und arbeitet dort fortan. Bittersüß, wenn man bedenkt, dass sie hier täglich sieht, wie andere das lernen, was Riley auch gern machen möchte. Hier an der NYMSA ist es aber auch, wo sie Julian trifft. Er ist Mitglied der Band Beyond Sanity, die aktuell enorme Charterfolge feiert. Der Sänger der Band, Ethan, soll an der NYMSA eine Masterclass geben und Julian begleitet ihn zeitweise. Und so kommen er und Riley ins Gespräch und er kriegt sie bald nicht mehr aus den Kopf. Aber beide haben ihre Vorbehalte. Denn Julian hat eine harte Vergangenheit und ist durch einen Vorfall sehr vorsichtig mit Liebesgeschichten geworden. Und Riley? Die kann sich nicht vorstellen, dass jemand wie Julian Interesse an ihr hat. Eine komplizierte Geschichte aus Freundschaft, Gefühlen, Ängsten und dem Druck der Öffentlichkeit beginnt.

One last song ist ein wirklich facettenreiches Buch. Ich bin ehrlich, dass ich das gar nicht gedacht hätte. Die Autorin schafft es, in einer wirklich super Mischung Einblicke in Rileys Leben als Newcomerin, Julians Leben als gehetzter Star, den harten Alltag an der NYMSA und auch das Leben in New York zu gewähren. Von Anfang an schafft das Buch, zu fesseln und mitzureißen. Riley ist ein Charakter, in den man sich schnell verliebt und mit der man sofort mitfiebert. Sie ist sympathisch, aufopferungsvoll und ambitioniert. Julian macht auch von Anfang an einen bodenständigen, überlegten Eindruck. Er hat wenige Ecken und Kanten – worauf ich ja eigentlich eher stehe wie etwa bei Ethan – aber dennoch habe ich ihn sofort ins Herz geschlossen. Auch die Nebencharaktere wie einige Bandmitglieder, die Leiterin der NYMSA und Rileys Freundin Ally runden die Geschichte super ab. Ich habe wirklich selten beim Lesen eines Buches – und noch seltener beim Lesen einer Reihe - das Gefühl, dass die Story rund und ausgewogen ist. Nicole Böhm hat das für mich aber geschafft. Sie verliert sich nicht in zu vielen Nebensächlichkeiten und ausufernden Beschreibungen, die unnötige Längen aufbauen. Sie rennt aber auch nicht durch die Story, um zu ihren Hauptpunkten zu kommen und vergisst dabei, ein solides Drumherum aufzubauen. Die Entwicklungsgeschwindigkeit ist wunderbar, die Charakterentwicklung passt, die Handlungen sind stimmig. Mir gefällt auch, wie die Autorin es geschafft hat, die Emotionen einzufangen. One last song ist weder ein wahnsinnig bedrückendes Buch noch ist es ein leichtfüßiges Buch für Zwischendurch. Es hat von allem ein wenig und das in einer richtigen Dosis. Mit schockierenden und traurigen Momenten wie etwa Ethans Entwicklung und Julians Hintergrund, wieso er so verhalten auf eine mögliche Beziehung reagiert, kann das Buch genauso sehr überzeugen wie mit entspannten Momenten, wo Riley und Julian zusammen singen, oder gnadenlos ehrlichen Momenten, wie etwa bei Rileys Castings und ihren Erfahrungen im Umgang mit der Presse oder Leuten, die von ihr profitieren möchten. Es ist wirklich diese Art von Buch, bei der man am Ende denkt: Wow, wie schön hat hier alles zusammengepasst. Keine Längen, aber auch keine Kürze. Eine gewisse Tiefe, aber auch nicht zu bedrückend. Eine schöne Entwicklung, die aber auch nicht zu hollywoodlike ist. Und das auch noch getoppt mit 2 super gelungenen Charakteren.

Generell muss ich sagen, dass die Autorin ein wunderbar vielseitiges Bild von Riley gezeichnet hat. Sie ist weder die unscheinbare Maus, die im Schatten des großen Künstlers dümpelt, noch die famegeile Rampensau, die so overpowered ist, dass man sie unsympathisch findet. Riley ist real. Sie ist greifbar und menschlich, sie hat Stärken und Schwächen, sie fällt und steht auf – und manchmal bleibt sie auch liegen. Es hat mir wahnsinnig gut gefallen, dass die Autorin so ein realistisches Bild gezeichnet hat, bei dem Riley nicht einfach alles zufliegt und sie ihre Protagonistin kämpfen lässt für ihre Träume. Hiermit verbunden sind leichte Einblicke in die Ausbildung an der NYMSA, zumindest aus der beobachtenden Sicht, denn Riley studiert hier nicht. Es gibt Einblicke in das harte Proben für eine Rolle, aber auch in die selbstsüchtige Gesellschaft, bei der es fast nur darum geht, voneinander zu profitieren. Ich muss an der Stelle sagen, dass das Buch nicht unbedingt mit seiner Unvorhersehbarkeit glänzt, was mich aber nie gestört hat, weil es für die Entwicklung nicht wichtig war. Ganz im Gegenteil wollte man Riley so manchmal zurufen, dass sie vorsichtig sein soll. Nicole Böhm lässt ihre Protagonistin aber auch Fehler machen, genauso auch Julian. Er ist vielleicht nicht ganz so facettenreich wie Riley, aber auch er wurde gut aufgebaut. Seine Zweifel und seine Motivation werden schön hervorgearbeitet und mit ihm auch Einblicke in das Leben als Star. Es geht um Druck, neue Lieder zu produzieren, um den nervenaufreibenden Zeitplan von einer Tour, um Energielosigkeit und den Adrenalinkick auf der Bühne. Die Band Beyond Sanity spielt im Buch einer eher untergeordnete Rolle, bringt aber dennoch interessante Aspekte mit in die Geschichte ein. Vor allem ist es aber auch Ethan, der in Band 3 Protagonist sein wird und von dem man hier schon einige mitbekommen hat, was Fragezeichen und Ausrufezeichen aufwirft. Eine faszinierende Erweiterung des Buches war aber auch, wie Julian und Riley im Buch teilweise Songtexte schreiben und so das Lied One last song entsteht. Sowas kam schon öfter in Büchern vor, oftmals fand ich’s aber nicht gut eingebaut. Hier konnte es mich sehr überzeugen, weil auch Entwicklung, Zweifel und Sorgen in den Texten stecken.

Auch die Liebesgeschichte war wunderbar. Eine solide Entwicklung, kein von 0 auf 100. Es gibt Momente, wo Zweifel überwiegen. Und Momente, wo die Gefühle gewinnen. Es gibt Höhenflüge wie etwa beim gemeinsamen Singen und Tiefschläge wie die Angst, in Interviews was Falsches zu sagen. Sicher könnte hier und da die Kommunikation von Riley und Julian ein kleines wenig besser sein, aber sein wir mal ehrlich: Niemand ist perfekt und auch im echten Leben würde man eben nicht immer sofort alles klären. Dennoch gibt die Autorin beiden Raum, auch über Probleme und Sorgen zu reden. Ich kann es nur wiederholen: Stimmig und nachvollziehbar. Man kann das Prickeln spüren und auch die emotionale Anziehung nachvollziehen. Und auch die Einbindung von Julians Hintergrundgeschichte, die die Autorin vorerst offen lässt und so dem Leser selbst die Möglichkeit gibt, darüber nachzudenken, konnte mich überzeugen. Lediglich zum Ende hin ging der Geschichte ein wenig die Luft aus. Denn hier finde ich, dass es etwas schnell geht und man vielleicht auch 1-2 Sachen hätte klären können. Das wäre aber nur noch die Kirsche auf der Sahne gewesen. Das Buch habe ich trotzdem zutiefst zufrieden zugeschlagen. Und ich möchte auf jeden Fall mehr!

Mein Fazit

One Last Song konnte mich wirklich von Anfang an bis fast zur letzten Seite überzeugen. Das Ende verläuft sich etwas zu schnell und hätte noch ein bisschen Aufarbeitung vertragen können, aber die letzten paar Seiten können die starke, tolle Geschichte nicht runterziehen. Riley und Julian sind sympathische Charaktere, ihre Lebens- und Liebesgeschichte macht Spaß und auch die Einblicke in das Leben an der Akademie und in der Öffentlichkeit gibt vielseitige Einblicke. Ein mitreißendes Buch, was ohne großen Herzschmerz, dafür aber mit viel Gefühl und Entwicklung überzeugen kann. Ich freue mich schon wahnsinnig auf die Fortsetzung.

Bewertung: ★★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]