01.10.2020

Piper Rayne - Kisses from the guy next door (Baileys 2)

464 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im Forever-Verlag am 02.09.2020
„Du wolltest die wahre Liebe so sehr finden, wie ich sie vermeiden will.“
(Wyatt zu Brooklyn in Kisses from the guy next door)

Worum geht’s?

Brooklyn kann es nicht fassen. Per SMS hat Jeff sie abserviert. Kurz bevor sie vor den Altar treten sollten und eine rauschende Hochzeit feiern wollten. Während ihre Brüder den flüchtigen Bräutigam jagen, zerfällt Brooklyns perfekte Welt. Während sie die gemeinsame Wohnung auseinandernimmt, fliegen die Fetzen – und ein Buch an den Kopf ihres neuen Nachbarn Wyatt. Der kann es auch nicht fassen. Von Gefühlen hält er nichts und deswegen ist eins klar: Von seiner neuen Nachbarin wird er sich fernhalten. Doch leichter gesagt als getan. Denn nicht nur ihre aufdringliche Familie zieht Wyatt schon bald in den Bann. Nein, auch Brooklyn fesselt schon bald nicht mehr nur seine Augen, sondern auch sein Herz. Aber Wyatts Zeit in Lake Starlight ist begrenzt, der er hat eine Mission: Das alte Ressort aufpeppen und dann schnell wieder weg nach New York. Doch wird er Alaska wirklich wieder verlassen können?

Kisses from the guy next door ist Band 2 der Baileys-Reihe. Jeder Band ist in sich geschlossen und unabhängig lesbar, die Charaktere der Folgebände kommen aber bereits vor und die Charaktere der zurückliegenden Bände können spoilern.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover zeigt wieder ein Pärchen, was sich umarmt und glücklich zu sein scheint. Es wirkt stimmig, passt zur Reihe und ist unaufdringlich. Die Geschichte wird durch Brooklyn und Wyatt wechselnd als Ich-Erzähler vorangetrieben und verläuft linear. Der Schreibstil ist locker, teilweise humorvoll und sehr angenehm zu lesen. Die Charaktere sprechen gelegentlich auch zum Leser. Es gibt einige nicht sonderlich explizite Intimszenen.

Meine Meinung

Here we go again, Runde 2 der Baileys. Hach, wie habe ich mich auf dieses Buch gefreut, nachdem mich Band 1 mit Holly und Austin wirklich sehr begeistern konnte. Diese aufgedrehte, total wahnsinnige Familie mit ihren endlosen Geschwistern muss man einfach lieben. Jetzt also hat es jemand gewagt, eine Bailey vor dem Altar stehen zu lassen? Das klang bereits sehr vielversprechend. Leider können hohe Erwartungen manchmal aber auch zu Dämpfern führen.

Lake Starlight ist geschockt. Jeff hat Brooklyn einfach vorm Altar stehen lassen und das kurz vor der Trauung und dann noch per SMS. Die verlassene Braut wütet, ihre Familie sucht den getürmten Bräutigam und alle bemühen sich, den Schaden zu begrenzen. Nur einer weiß von all dem nichts: Wyatt Whitmoore, der als Wyatt Moore nach Lake Starlight kommt und das alte Ressort Glacier Point auf Vordermann bringen soll – damit sein Dad ihn endlich eine Hotelkette überschreibt. Der New Yorker würde lieber überall sein, nur nicht hier. Als er seine Übergangswohnung beziehen will, trifft ihn ein Buch am Kopf. Ein unglücklicher Unfall, geworfen von der verlassenen Braut. Weglaufen möchte Wyatt, aber die süße Brooklyn verzaubert ihn schnell. Und so werden aus fremden Nachbarn Freunde, zwischen denen es schon bald gewaltig kribbelt. Aber ist Brooklyn schon über Jeff hinweg und bereit, der Liebe eine neue Chance zu geben? Erschwerend kommt hinzu, dass Brooklyn nicht weiß, dass Wyatt aus reichem Hause kommt – und ihr neuer Boss im Glacier Point ist. Zumindest auf Zeit, denn ist die Frist abgelaufen, will er weg, zurück nach New York. Trostpflaster oder Neuanfang? Gehen oder bleiben?

Endlich geht es also weiter und die Baileys sind wieder da, um mich zum Lachen zu bringen. Es ist, als hätte man einen Haufen Flummis in eine Schüssel geworfen und diese dann heftig durchgeschüttelt. Die Energie, mit der alle 9 Bailey-Geschwister, aber auch Oma Dori die Geschichte vorantreiben, ist enorm. Und das war es, was mich von Seite 1 an direkt wieder fesseln konnte. Es ist so ein herrlich angenehmes, leichtes Buch. Piper Rayne schreiben Bücher fürs Herz, ohne aber das Herz brechen zu wollen. Leichtfüßig, ohne gigantische Twists, großen Verrat, übertriebenes Drama. Entsprechend sind die Bücher vielleicht nicht unbedingt tiefgründig und sicher überzeugen sie auch nicht mit ihrer Unvorhersehbarkeit. Aber die packen einen, sie begeistern einen und man hat Spaß, sie zu lesen. Ich hätte niemals gedacht, dass mich ein Buch (oder generell eine Reihe) so begeistern kann, da ich ein absoluter Tiefgründigkeitsfanatiker bin. Bis ich in die humorvolle Welt von Piper Rayne eintrat. Ich kann nur jedem raten, es einmal zu versuchen. Es macht Spaß und die Bücher lassen sich so schnell lesen. So war es auch hier. Die Geschichte entwickelt sich so lebhaft und von Anfang an leidet und fiebert man mit Brooklyn mit. Man wünscht ihr, dass sie ein Happy End kriegt, zweifelt aber zugleich daran, ob Wyatt der Richtige hierfür wäre. Im Fokus des Buches steht neben Brooklyns geplatzter Hochzeit vor allem ihre Entwicklung, wie sie feststellt, dass sie keinen Jeff braucht, der sie kleinhält. Sie baut ihr eigenes kleines Business auf und gewinnt ihr Selbstbewusstsein wieder. Die Botschaft, dass die Nicht-Hochkeit kein Ende, sondern ein Neuanfang ist, war echt toll. Bonus war hierbei aber natürlich auch, wie alle Baileys ihren Anteil an der Entwicklung haben. Wo das blaue Augen des entkommenen Bräutigams herkam? Man weiß es nicht…

Viel mehr geht allerdings im Leben von Wyatt ab. Nicht nur, dass er unter einigermaßen falscher Identität nach Alaska kommt – sein Vater zwingt ihn, im Hotel von unten anzufangen, um alle Positionen zu erkunden. Anfangs überhaupt nicht begeistert und von dem Kleinstadtleben fast schon angeödet, will Wyatt weg. Der Druck seines Vaters und der ständige Streit der beiden hängt wie ein Fluch über der Geschichte und führt immer wieder zu Spannungen. Brooklyn spricht irgendwann von New York-Wyatt, was sehr gut passt. Denn dieser ist geschäftig, sehr auf seine Zukunft bedacht und setzt alles daran, seinen Vater zu beeindrucken, obwohl er so einen Groll auf seinen Vater hat. Auch hier geht es um künstliches Kleinhalten und darum, diese schädlichen Strukturen zu durchbrechen. Zusätzlich will Wyatts Mutter ihn dringend verkuppeln, was dazu führt, dass er Brooklyn mit zur Hochzeit seiner Schwester nimmt und Brooklyn so das Ausmaß seines Lebens in New York erkennen muss. Wyatt muss sich selbst fragen, was er will und was er hierfür bereit ist, aufzugeben. Ich hätte mir jedoch etwas mehr Input gewünscht, was seine Familie anging. Zwar ist sie immer mal wieder Thema, aber es wirkte oft sehr beiläufig. Etwas zu rasant fand ich auch die letzten Entwicklungen, wo ich mir mehr Einsicht in seinen Kopf gewünscht hätte. Wyatt hat es mir anfangs auch echt schwer gemacht. Seine Antihaltung gegenüber Lake Starlight und das stets „ich will meine Hotelkette“ machen ihn unsympathisch. Zugleich zeigte er sich von Anfang an gegenüber Brooklyn sehr liebevoll und beschützerisch. So schwankte meine Sympathie immer etwas. Mal wollte ich ihn aus Lake Starlight rausjagen, mal dort festketten und niemals mehr gehen lassen.

Leider empfand ich im Verlauf der Geschichte irgendwann das Gefühl, dass alles etwas durcheinander war. Die erste Hälfte des Buches war angenehm und gradlinig, aber dann entstand irgendwann ein Kuddelmuddel und meine Lust, weiterzulesen, flachte etwas ab. Als Wyatt mit Brooklyn nach New York zur Hochzeit fliegt, sind es auf einmal viele Handlungsstränge: Eine verschmähte Sexziehung, der anspruchsvolle Vater, die Hochzeit selbst, die muntere Mutter und eine Katastrophe in Lake Starlight, die sie zur Heimreise zwingt. Zwischendurch gabs immer wieder kleinere Probleme, die in meinen Augen nie ausreichend thematisiert und vor allem nicht gelöst wurden. Die Ereignisse überschlagen sich und es gibt verschiedene Streitereien zwischen Baileys untereinander und auch zwischen Wyatt und Brooklyn. Ich hätte mir gewünscht, dass hier mehr Substanz gewesen wäre, denn ich habe das Gefühl, es wurde ein wenig drübergebügelt. Dies zieht sich leider bis zum Ende, wo die unvermeidbaren Probleme zum kleinen Drama führen, was dann aber auch ratzfatz wieder vom Tisch ist und mit dem Epilog schließt das Buch auch direkt. Gerade diese Schlüsselszenen und die daraus resultierenden Veränderungen waren mir zu schnell und zu wenig greifbar. Es ist, als hätte sich das Autorenduo in der Mitte etwas verrannt und wollte das Buch dann fix zu Ende bringen, um den nächsten Bailey ins Rennen zu schicken. Das fand ich etwas schade.

Absolutes Highlight der Reihe bleibt aber die unerschütterliche Familienstruktur der Baileys. Es ist ein großer Haufen, der unterschiedlicher nicht sein kann, aber immer zusammenhält und eben dieser Zusammenhalt hat mich als Leser sehr verzaubert. Zwar bin ich immer noch regelmäßig mit den Baileys überfordert (das spricht das Autorenduo im Buch auch humorvoll an, wo sie dem Leser versprechen, dass man es irgendwann draufhaben wird und sie auseinanderhalten kann), aber ich mag ihre Energie und ihre Liebe zueinander. Ich freue mich schon sehr, die weiteren Geschichten zu lesen und zu schauen, was die Autorinnen sich für die anderen vorgestellt haben. Da die Baileys alle so unterschiedlich sind (etwa der Aufreißer, die Planerin, der Abenteurer, die Verkupplerin), wird hier sicher noch einiges kommen und sicher auch viel Abwechslung mitbringen. Die ersten zwei weiteren möglichen Beziehungen sind hier ja schon angelegt.

Schon in Band 1 habe ich mich ja unglaublich in Lake Starlight verliebt. Dieses putzige kleine Örtchen auf der Landkarte Alaskas, wo jeder jeden kennt und wo man dank der Gossipgirl-inspirierten Gossipseite „Buzz Wheel“ stets aufm neusten Stand ist, konnte mich auch hier wieder begeistern. Es ist faszinierend, wie die Neuankömmlinge (erst Holly und jetzt Wyatt) ihr Herz nicht nur an einen Bailey, sondern eben auch an die Magie des Ortes verlieren. Durch das Element mit Buzz Wheel, was immer wieder als kleiner Skandalträger wichtige Storylines anstößt, hat man immer einen gewissen Spannungsbogen. Als Leser möchte man wissen, wer dahinter steckt und wieso die Quelle immer so gut informiert ist. Ich bin gespannt, wann es aufgelöst wird und hoffe, dass die Auslösung zufriedenstellender sein wird als bei Gossip Girl.

Mein Fazit

Kisses from the guy next door war wieder ein tolles Buch, was mich gut unterhalten konnte. Leider empfand ich dieses Mal in der Mitte des Buches das Gefühl, dass einfach zu viel los war und dadurch zahlreiche Handlungsstränge im Sande verlaufen sind. Ich habe mich wieder gut unterhalten gefühlt, vor allem die erste Hälfte war grandios. Nach hinten hinaus verliert sich das Buch aber etwas und das doch recht fixe Ende fühlte sich nicht so zufriedenstellend an. Ich freu mich nach dem Epilog aber auf jeden Fall auf Band 3.

Bewertung: ★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]