„Manche Leute würden alles tun, um an die Spitze zu kommen.“
(Chase zu Nina in Find the girl 2)
(Chase zu Nina in Find the girl 2)
Worum geht’s?
Nina könnte kaum glücklicher sein. Ihre Beziehung zum weltbekannten Sänger Chase lässt sie auf Wolke 7 schweben und jetzt hat sie auch noch eine Einladung zum Wochenendkurs an der berühmten Musikschule Guildhall bekommen. Doch zwischen all dem Stresst, dem Lernen und dem Druck ist es immer schwieriger, die Beziehung mit Chase fortzuführen. Als Chase dann auch noch immer komischer wird, wird alles wahnsinnig kompliziert. Auch für Nancy ist es eine schwierige Zeit. Die einstige Instagram-Queen und beliebtestes Mädchen der Schule ist plötzlich total im Schatten von Nina. Doch nicht mehr lange! Denn Nina hat einen Plan: Sie will den Schulwettbewerb gewinnen, für den eine Webseite erstellt werden soll. Mit einer Lifestyle-Seite voller Tipps und Gossip sollte das kein Problem sein, oder?
Find the girl – Glanz und Glamour ist Band 2 der Reihe. Das Buch ist unabhängig lesbar, für besseres Verständnis ist es jedoch empfehlenswert, vorher Band 1 zu lesen. Zudem spoilert Band 2 deutlich den ersten.
Schreibstil / Gestaltung
Das Cover von Find the Girl ist wieder und jugendlich gehalten mit einer bunten Mischung aus Fotos von Zwillingen und Themen, die die Zwillinge ausmachen. Das Cover wirkt dieses Mal etwas verspielter und energetischer, es passt jedoch gut zu Band 1, dem Genre und dem Buch. Auch dieses Mal wird die Geschichte durch Nancy und Nina in der Ich-Perspektive erzählt, die Perspektive wechselt mit den Kapiteln. Die Geschichte verläuft linear. Der Schreibstil ist sehr locker und angenehm zu lesen, teils sehr humorvoll und energiegeladen, auf jeden Fall für Jung und Alt gleichermaßen geeignet und für ein Jugendbuch sehr passend. Das Buch enthält keine erotischen Inhalte und ist auch frei von Kraftausdrücken.
Meine Meinung
Der erste Teil von Find the girl war für mich ein kleiner Überraschungshit. Eine süße Geschichte, die so auch ein Disney-Film sein könnte, locker und schön zu lesen. Es ging um Freundschaft, persönliche Entwicklung, die erste Liebe und die starke Bindung zweier Menschen, die die DNA teilen. Umso größer war natürlich die Freude, dass es weitergeht. Dieses Mal hatte ich den Fokus auf Nina erwartet, die mit ihrer Seite bekannt werden will. Aber am Ende war Find the girl 2 nicht nur ganz anders als erwartet, sondern vor allem auch ganz anders als Band 1.
Nina hat ein Geheimnis. Da ist sich Nancy sicher. Und sie sollte recht behalten. Heimlich und mit der Unterstützung von Chase hat Nina am Vorspiel der Guildhall-Akademie teilgenommen und jetzt einen Platz im begehrten Wochenendkurs ergattern können. Ob das der erste Schritt für eine große Karriere ist? Auf jeden Fall steht Ninas Leben jetzt Kopf. Nicht nur die Beziehung mit Chase, der immer weniger Zeit für sie hat, ist eine Belastung. An der Akademie angekommen scheint es so, als sei ihr Talent doch nicht so groß, wie alle sagen. Auch das öffentliche Interesse und die Pflichten, die sich aus ihrer Beziehung ergeben, machen Nina das Leben schwer. Und dann taucht auch noch plötzlich ein längst vergessener Geist der Vergangenheit auf und stellt nicht nur ihre Gefühle, sondern auch das starke Band der Schwestern auf eine harte Probe. Nancy hingegen kann es nicht glauben. Auf einmal ist sie abgeschrieben. Aus der bekannten Queen wurde „der andere Zwilling“, für den sich niemand mehr interessiert. Jetzt, wo auch noch Nina am Wochenende immer weg ist, langweilt sie sich zu Tode und sehnt sich danach, wieder Aufmerksamkeit zu kriegen, wieder Nancy und nicht „die andere“ zu sein. Da kommt ein Schulwettbewerb gerade recht. Gemeinsam mit ihren On-Off-Freundinnen Layla und Sophie entwickelt Nancy eine Webseite „Glanz und Glamour“, wo sie gemeinsam Modetipps, Pranks und Musiknews posten. Doch Ninas erster Schritt, eine Musikjournalistin zu werden, wird jäh zunichte gemacht, als zwei Enthüllungen veröffentlicht werden, die nie hätte online gehen dürfen. Nicht nur ihre Schwester ist geschockt. Auch Miles, Drummer der Band Chasing Cords, mit dem Nancy gerade eine schöne Zeit verbracht hat, ist von Nancys Verhalten schockiert. Wird sich das Chaos noch lichten oder hat Nancys Wille nach Aufmerksamkeit alles kaputt gemacht?
Es ist oft so, dass man Bücher, auf die man sich lange freut, mit einer gewissen Begeisterung bereits aus dem Regal zieht. So war es hier. Ich habe mich so auf das Wiedersehen mit den Zwillingen gefreut. Der Klappentext? Absolut vielversprechend. Nina scheint aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen und Nancy muss kämpfen, um nach all den Jahren als Nummer 1 plötzlich nicht die Nummer 2 zu sein. Und dann war da ja auch noch Miles, der Nancy den Kopf verdreht. Und Chase, der es Nina schwer macht. Eine grundlegend gute Mischung, die für viel Drama und Entwicklung sorgen könnte. Doch bereits nach etwa einem Viertel des Buches hatte ich schon kaum noch Lust, weiterzulesen. Was war passiert? Wo war die mitreißende Leichtigkeit aus Band 1, wo war das liebevolle Miteinander der Zwillinge – überhaupt, wo waren Nina und Nancy? Es war, als hätte man einen gewaltigen Schritt zurückgemacht, nachdem sich beide in Band 1 doch so gut entwickelt haben. Nina ist noch unsicherer als in Band 1, zweifelt an ihrem Platz an der Akademie und verrennt sich komplett darin, nur noch zu üben, üben, üben. Die seltenen Momente, die sie mit Chase zusammen hat, empfand ich als unangenehm, krampfhaft und als wäre plötzlich diese ganze süße Liebe aus Band 1 verschwunden. Chase hat ein Geheimnis, was sich später als „gar nicht so heftig“ enthüllt, jedoch die Beziehung stark beeinflusst, da er sehr wenig Zeit hat. Nina hingegen hat aber auch wenig Zeit und noch weniger Zeit scheint sie für Nancy zu haben. Es ist, als würden beide Leben fast komplett aneinander vorbeilaufen, dabei haben sie beide doch in Band 1 so eine gute Entwicklung hingelegt. Ninas permanente Selbstgängelung, ihr perfektionistisches „Ich muss üben, ich bin nicht gut genug“ und damit einhergehend auch ihre unglaublich naive Art, als eine Person der Vergangenheit zurückkehrt, empfand ich als anstrengend und überhaupt nicht mehr liebenswert. Ich wollte sie schütteln und ihr sagen, dass sie mal die Augen aufmachen soll. Nina hat im Vergleich zu Band 1 einfach 100 Schritte zurückgemacht. Gleiches gilt aber vor allem auch für Chase, der in Band 1 wahnsinnig sympathisch war, hier aber vor allem rücksichts- und verständnislos agiert. Es ist, als würde er sein wahres Gesicht zeigen – und das hintergeht seine Freunde und hält seine Beziehung offenbar nicht für wichtig genug, auch wenn er am Ende was anderes behauptet. Es war nichts mehr von dieser unschuldigen Liebe zu spüren und das war schade.
Und auch Nancy vermag mich in diesem Band nicht zu überzeugen. Hat sie in Band 1 eine tolle Entwicklung hingelegt, die vor allem darauf basierte, dass sie mehr Weitsicht zeigte, ist sie in Band 2 eine Person geworden, der es nur noch darauf ankommt, nicht in Vergessenheit zu geraten. Sie langweilt sich und empfindet es als tolle Idee, gemeinsam mit Layla und Sophie – jene Freundinnen, die ihr in Band 1 mehr als nur einmal ein Messer in den Rücken gejagt haben – eine Lifestyle-Seite zu erstellen, um beim Schulwettbewerb zu gewinnen. Von Anfang an ist es so etwas von offensichtlich, dass es Layla und Sophie nur darum geht, Nancys Kontakte zu nutzen, um so Gossip aus der Musikwelt zu kriegen. Nancy will das nicht – fetter Pluspunkt bei mir. Aber ihre Art, sich anbiedern zu müssen, immer wieder auf ihre mittlerweile geschwundene Popularität hinzuweisen und sich dauernd Gedanken zu machen, was andere über sie denken können, ließ leider die Sympathiewerte schnell abstürzen.
Generell war in diesem Band viel, was mich nicht begeistern konnte. Die Geschichte um Nina an Guildhall war oftmals langweilig und langgezogen. Immer wieder geht es um die Proben, die misslungenen Proben, ihre Sorge zu versagen. Sie lernt mehr und noch mehr und noch mehr. Zwischendurch wird am Rande Chase erwähnt. Notwendig war das Ganze nur, um ihre persönliche Entwicklung voranzutreiben, die es aber gar nicht hätte geben müssen, hätte man sie nicht zurückentwickelt nach Band 1. Auch ihr plötzliches Bestreben, dass sie groß und berühmt werden möchte, einen Plattenvertrag haben mag – wo kam das her? Die ganze Thematik um Nancys Webseite wurde auch extrem aufgebauscht. Es ist ein Schulwettbewerb gewesen, wird im Buch aber fast so dargestellt, als hätten die Mädels eine neue Version von der Bravo online entwickelt. Das wirkte leider manchmal auch unfreiwillig komisch. Auch die mehr als offensichtliche Agenda von Layla, die Nancy permanent bedrängt, war unangenehm. Vor allem, da Nancy sich nicht dagegen wehrt, obwohl es mehr als offensichtlich ist, was Layla will. Daher überrascht der finale Showdown auch in keinster Weise – er war vorhersehbar, seitdem das erste Mal das Thema aufkam und man von der Webseite wusste. Die Problemlösung ist dafür dann wieder einfach: Nancy macht das, was sie in Band 1 auch schon gemacht hat. Es war fast so, als hätte man das Ende von Band 1 einfach nur schwach umgeschrieben. Das führt eben auch dazu, dass eigentlich kaum Klärung und Problembewusstsein auftritt. Friede Freude Eierkuchen, ein verkrampftes Happy End.
Nancy geht in diesem Buch einfach extrem unter und das empfand ich mehr als schade. Ich hatte mir gewünscht, dass es dieses Mal mehr um sie – und um Miles – geht. Aber Miles ist ein Thema, was so wenig und selten angeschnitten wird, dass gar nicht greifbar war, woher Nancys Gefühle kommen sollen. Die beiden verbringen gefühlt einmal Zeit miteinander und das wars. Statt hieran zu arbeiten verrennt sich das Buch lieber in Längen um Ninas Zeit an der Guildhall. Ich würde ja gern sagen, dass zumindest das Auftauchen der Person aus der Vergangenheit ein kleines bisschen Abwechslung in die Story brachte, aber dem war auch nicht so. Von Anfang an war für mich klar, wieso die Person ausgerechnet jetzt kam und daher verwunderten mich auch seine Äußerungen zum Zeitpunkt der großen Enthüllung überhaupt nicht. Es war zu offensichtlich und ich habe mich geärgert, wie unbedarft und unvorsichtig Nina an das Ganze herangegangen ist.
Mein Fazit
Am Ende muss ich sagen, dass von der tollen Zuckerwatte-Geschichte aus Band 1 wenig übrig geblieben ist. Das Buch konnte mich dieses Mal nicht abholen, nicht begeistern und nicht verzaubern. Es lässt sich wieder angenehm schnell lesen und ist nett für zwischendurch, aber durch die extreme Charakterrückentwicklung empfand ich Nancy und Nina leider als anstrengend und teilweise sogar unsympathisch.
Bewertung: ★★★☆☆
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]