28.08.2020

Kristen Callihan - Game On: Chancenlos (Game On 2)

416 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im LYX-Verlag am 28.08.2020
 „Lebe ich wirklich für den Moment oder laufe ich nur vor der Wahrheit weg?“
(Gray in Game On 2)

Worum geht’s?

Gray ist ein wahrer Football-Superstar und kann Großes erreichen. Aber vorher muss er sich in etwas Kleines quetschen: Als sein bester Freund sich verletzt, gibt er selbstlos seinen Truck auf und leiht sich den kleinen Fiat von Ivy Mackenzie – jedoch ohne sie zu fragen, denn das hat ihr Vater entschieden, der Grays neuer Berater werden möchte. Empört schreibt Ivy Gray Nachrichten, dass er auf ihr Baby aufpassen soll. Doch aus einer Nachricht werden mehrerer und irgendwann stehen sie sich auch real gegenüber. Die ungleiche Freundschaft tut beiden gut. Aber irgendwie ist da auch ein anderes Kribbeln zwischen den beiden. Aber ist der Womanizer Gray die richtige Wahl für die ruhige Ivy?

Game On – Chancenlos ist Band 2 der Game On-Reihe und in sich geschlossen. Die Paare aus Band 1 und den Folgebänden kommen vor, jedoch sind die Teile unabhängig lesbar.


Schreibstil / Gestaltung

Das Cover von Game On 2 ist in Weiß mit verschiedenen Bändern in Blau- und Lilatönen gehalten. Die Gestaltung auch mit dem Titel ruft sofort ein Gefühl von Collegesport in mir hervor. Es ist stimmig und ein netter Hingucker. Die Geschichte wird chronologisch sowohl durch Gray als auch Ivy als Ich-Erzähler berichtet. Zwischendurch gibt es Chatverläufe zwischen den beiden. Manchmal wechselt auch mitten im Kapitel der Erzähler. Der Schreibstil ist locker gehalten, das Buch einfach zu lesen. Das Buch beinhaltet Erotikszenen.

Meine Meinung

Kristen Callihan konnte mich bisher mit ihrer Idol-Reihe durchaus begeistern. Daher hatte ich mich nach vielen Empfehlungen auch mal an die Game On-Reihe herangewagt. Ich liebe College-Geschichte, habe bisher aber keine wirkliche Affinität zu Football. Da der Klappentext aber sehr interessant klang, durfte Game On 2 einziehen. Doch hat sich das gelohnt?

Der Start ins Buch erfolgt direkt durch einen Nachrichtenverlauf zwischen Ivy und Gray. Ivy hat gerade erfahren, dass ihr Vater ihren Fiat an Gray verliehen hat. Jetzt macht ihn Ivy direkt mal Feuer unter dem Hintern – keine Frauen abschleppen in ihrem Auto, keine böse Dinge tun. Denn Ivy ist gerade in England und kann nicht eingreifen. Zwischen Ivy und Gray entwickelt sich eine humorvolle Unterhaltung, die in immer mehr Nachrichten mündet und auch dazu führt, dass beide sich anfreunden. Und dann kommt der Tag, auf den beide gewartet haben, den beide aber auch fürchten. Denn Ivy kehrt zurück in die USA und weil ihr Vater es nicht schafft, sie abzuholen, bittet dieser Gray, dies zu übernehmen. Und so stehen sich beide nach zig hunderten Nachrichten gegenüber. Zwei Freunde, die sich in Chats angefreundet haben und jetzt feststellen, dass sie auch in der Realität gut harmonieren. Doch mit der Zeit knistert es immer mehr zwischen den beiden. Zwar heißt es immer wieder „wir sind nur Freunde“, aber stimmt das? Beide haben Angst davor, ihre Freundschaft zu belasten und außerdem hat Gray einen gewissen Ruf, was Frauen angeht. Das bringt dann auch Ivys Vater auf den Plan, denn er weiß, wie diese Footballstars ticken, immerhin ist er ihr Berater und Krisenmanager. Kann das alles gutgehen?

Chancenlos – das ist der Untertitel des Buches. Und ganz am Anfang dachte ich auch, dass Game On chancenlos ist, mich zu begeistern. Denn ich muss zugeben, dass ich anfangs echt mit dem Buch zu kämpfen hatte. Das hat mehrere Gründe gehabt. Bereits der Einstieg konnte mich überhaupt nicht abholen. Der Chat von Ivy und Gray geht von 0 auf 100, es war anstrengend zu lesen und dafür, dass beide sich nicht kennen, irgendwie komisch. Es wirkte so, als wollte die Autorin um jeden Preis eine Vertrautheit aufbauen – bei mir kam aber genau das Gegenteil an. Das führte dazu, dass bereits zu Beginn alles auf sehr wackeligen Grundpfeilern für mich stand. Wieso zb verleiht Ivys Vater, der Grays Berater werden will, aber es noch nicht ist, ihr Miniauto an Gray? Wieso mault Ivy Gray direkt in den SMS an? Hinzu kommt, dass es sich mir nicht erschlossen hat, auf welcher Basis sich die Freundschaft entwickelt hat. Nach zahlreichen Seiten stand ich also da, hatte zu akzeptieren, dass die beiden jetzt beste Freunde sind und aufeinandertreffen. Ähnlich flach geht es weiter. Es reihen sich einige Erlebnisse, nette Nebenhandlungen und ein bisschen Football aneinander. Es wirkt aber so, als wisse die Autorin selbst noch nicht, in welche Richtung die Geschichte laufen soll. Zäh plätschert das Buch dahin, immerhin sind aber Gray und Ivy sympathisch und die zahlreichen Nebencharaktere bringen ein wenig Pepp in die Geschichte. Das im Klappentext angesprochene Thema um den Vater verpufft nur leider komplett. Genau hierauf hatte ich mich gefreut, bis auf 1-2 kurze Szenen spielte es aber kaum eine Rolle. Denn Gray ist noch nicht sein Klient, der Vater ist auch Ivy gegenüber kaum präsent und das wahre Problem hinter dieser Thematik besteht eigentlich auch nicht.

Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo aus „beste Freunde“ mehr wird. Man merkt ein Knistern – und kurz danach hat das Buch längere Zeit (so in etwa das komplette zweite Drittel) nur noch ein Thema: Sex! Es wird darüber geredet, es werden Anspielungen gemacht, es wird darüber nachgedacht, fantasiert und am Ende – Gott sei Dank, endlich – der Akt vollzogen. Auf verschiedene Arten, mit ein paar kreativen Ideen und Fantasien wird hier über zahlreiche Seiten wirklich jegliche Handlung auf Sex und das Drumherum reduziert. Platt, ohne Tiefe, mit recht wenig Gefühl wirkt vor allem Gray wie ein pubertierender Junge, der gerade seine Triebe entdeckt hat. Zwischendurch gibt es noch ein wenig Drama auf Grundlage von Missverständnissen und verletzten Gefühlen, ein paar kluge Ratschläge des Umfeldes. Es ist nett, auch durchaus vielseitig und niveauvoll geschrieben. Aber es geht zu sehr um sexuelle Anspannung als um wahre Gefühle. Es war für mich kaum begreifbar, inwiefern die beiden sich verliebt haben, woher diese Gefühle kommen sollten und auch die Entwicklung einer etwaigen Beziehungsdynamik blieb mir verborgen. Es war recht holzfällermäßig „zack, sie treffen sich“ und „zack, sie wollen was voneinander“. Das kann die Autorin auf jeden Fall deutlich besser.

Dass es besser geht, zeigt die Autorin dann auch im letzten Drittel ein wenig. Hier wird alles aufgefahren, was vorher fehlte und was jetzt noch geht. Drama, noch mehr Drama, einschneidende Erlebnisse und tragische Momente wechseln sich ab. Leider ist es aber schon recht spät für so manche Ereignisse (von Wendungen mag ich nicht sprechen, denn eigentlich sind es vor allem Hoch- und Tiefpunkte auf Ivys und Grays Weg) und dies führt dazu, dass vieles sehr schnell abgehandelt wird. In einigen Situationen war mir das nicht recht, weil es dazu führte, dass die Charaktere sich nicht aussprechen konnten und eher mit einem kurzen „passt schon“ das Thema beenden, obwohl einige gewichtige Sachen hier im Raum stehen. Dennoch hat mir das letzte Drittel mit Abstand am besten gefallen, einmal weil endlich was passiert, aber auch, weil zumindest hier Ivy und Gray ein wenig wachsen dürfen. Dennoch hatten mich einige Sachen emotional nicht so erreichen können, wie es möglich gewesen wäre, einfach da mich durch die bereits vorher nur dürftig aufgebaute Liebesbeziehung und die fehlende Bindung zu den Charakteren das Geschehen nicht so berühren konnte. Es wäre sehr viel mehr möglich gewesen.

Leider verliert das Buch hin und wieder den Faden, so werden Themen angesprochen (etwa Grays Familie und ein Aufeinandertreffen mit seinem Bruder), die sich im Sande verlaufen oder allenfalls noch mit 1-2 Sätzen angesprochen werden. Man fragt sich nur, wieso es dann überhaupt eingebracht wurde, da man die Themen etwa auch als Erzählung von Gray einbringen könnte. Gleiches betrifft auch die Geschichte mit Ivys Vater – angekratzt, abgehakt. Und dabei hatte ich nach dem Klappentext gedacht, dass dies ein Hauptthema sein wird. Manchmal ist das Buch einfach unfokussiert oder die Autorin wollte zu viel auf einmal und verrennt sich dadurch. Wieder andere Themen werden sprunghaft immer wieder behandelt, etwa Ivys Zukunftspläne. Wollte sie anfangs noch eine Bäckerei ihrer Mutter übernehmen, möchte sie dies bald nicht mehr. Hin und wieder kommt das Thema nochmal auf, bis Ivy kurz vor Ende dann eine neue Idee hat, die zwar nett ist, aber irgendwie auch wenig erklärbar, vor allem da sie immer wieder über den Job ihres Vaters klagt. Es fehlt leider oftmals an Tiefe, die Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit gewährleistet. Ihre berufliche Perspektive spielt dann im Anschluss aber auch nur noch im Epilog eine Rolle. Generell wird hier wieder das typisch klischeehafte Ende bedient, was offenbar vor allem in der US-Romantikliteratur gewollt ist.

Was mich aber wirklich überrascht hat: Die Autorin setzt das Thema Football sehr wohldosiert um. Ich hatte bisher wenig Berührungen mit dem Sport und hatte Sorge, ob ich das Buch verstehen könnte, wenn Football ein Thema wird. Football wird an einigen Stellen aufgegriffen, aber wenn, wird viel erklärt, ohne dass es ausschweifend wirkt. Selbst wenn man nicht alles aufs Wort versteht, reichen die Erklärungen drumherum, um die Bedeutung zu erfassen, um was es geht. Es hat mir sehr zugesagt, wie hier und da Einblicke gegeben wurden, die dem Buch nochmal ein anderes Thema mitgegeben haben und so ja auch die Verbindung zu den anderen Teilen herstellt, ohne das Buch zu überladen.

Mein Fazit 

Am Ende war Game On 2 für mich eine nette Geschichte, die man gut zwischendurch lesen und bei der man zumindest am Ende ein bisschen mitfiebern konnte. Leider war es mir teilweise aber zu platt und die Gefühle haben gefehlt, was vor allem die Liebesgeschichte für mich wenig greifbar gemacht hat. Nur das letzte Drittel hatte mehr Substanz, verging dann aber leider auch entsprechend schnell. Wenn man nicht zu viel erwartet, kann man dieses Buch aber gut lesen.

Bewertung: ★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]