384 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im Kyss-Verlag am 28.01.2020 |
„Mädchen liebt Junge liebt Mädchen.“
(Sprichwort in Love Challenge)
Worum geht’s?
Er kann nicht lieben, weil er keine Gefühle hat. Da ist sich Khai sicher. Als Autist ist das Leben für ihn anders als für die meisten, vor allem anders als für seine Familie, die abgesehen von seinem Bruder wenig Verständnis dafür hat, dass er anders tickt. Seine Mutter möchte unbedingt, dass Khai heiratet und ihr Enkelkinder beschert. Hierfür hat sie keine Skrupel und sucht in Vietnam nach einer Frau für Khai. So trifft sie auf Esme, für die ein Leben in den USA eine Möglichkeit wäre, für sich und ihre Tochter zu sorgen. Drei Monate hat sie Zeit, Khai vor den Altar zu kriegen… Doch schon bald muss sie sich fragen, ob sie Khai wirklich zu etwas zwingen möchte.
Love Challenge ist der zweite Teil der „Kiss, Love & Heart“-Trilogie. Das Buch ist in sich geschlossen und kann unabhängig gelesen werden, der Protagonist aus Band 3 wird hier jedoch als Randfigur vorgestellt. Außerdem wird kurz das Paar aus Band 1 erwähnt.
Schreibstil / Gestaltung
Das hübsche Cover ist in hellorange mit zahlreichen verschiedenfarbigen Blumen gehalten, während der Titel dieses Mal blau foliert ist. Das Cover wirkt sehr frühlingshaft und feminin, es passt hervorragend zum Vorgängerband. Die Erzählweise des Buches erfolgt linear, wobei am Anfang zwei Kapitel in der Vergangenheit spielen, bevor die Geschichte in die Gegenwart springt. Es wird in der dritten Person, jeweils mit Fokus auf Khai oder Esme, erzählt und teilweise wechselt der Fokus im Kapitel auch. Der Schreibstil ist recht locker und leicht. Das Buch lässt sich gut auch über längere Zeit lesen, es ist nicht sonderlich anspruchsvoll formuliert. Das Buch enthält nur wenige Erotikszenen und keine explizite Sprache.
Mein Fazit
Nachdem ich von Kissing Lessons nur mittelmäßig begeistert war und vor allem die zweite Hälfte des Buches sehr klischeehaft und standardisiert daherkam, war ich umso gespannter, wie sich Love Challenge entwickeln würde. Der Protagonist Khai kam bereits in Band 1 als Randfigur vor und wirkte durchaus interessant. Die Konstellation um eine Art arrangierte Ehe in Kombination mit dem Asperger-Thema wirkte auf jeden Fall ungewöhnlich und voller Potenzial. Doch konnte dies ausgeschöpft werden?
Khais Mutter sucht nach einer Partnerin für ihren Sohn. Dafür scheut sie keine Mühe und sucht in Vietnam nach einer geeigneten Partie, regelrecht in Form eines Castings. Hierbei stolpert sie über My, die im Hotel angestellt ist und putzt. Khais Mutter ist sofort von ihr angetan und schlägt ihr einen Deal vor: 3 Monate soll sie nach Amerika kommen und versuchen, Khai an sich zu binden. Klappt es nicht, kann sie einfach zurück. Klappt es, hat sie eine glorreiche Zukunft vor sich. Schweren Herzens entscheidet sich My dafür, auch, da sie eine kleine Tochter hat, der sie eine bessere Zukunft gewährleisten will. Also zieht sie um in die Staaten und nennt sich fortan Esmeralda, kurz Esme. Als Khai von seiner Mutter vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ist er alles andere als begeistert. Er braucht bestimmte Routinen, einen gewissen Rhythmus und vor allem ist er kein empathischer Mensch, der gut mit anderen Menschen kann. Aber als seine Mutter verspricht, dass dies der letzte Verkuppelungsversuch sein wird, nimmt er doch an. Die drei Monate wird er schon überstehen. Doch bereits nach kurzer Zeit ist er überfordert, denn Esme stellt alles auf den Kopf: Sein Haus, seine Routinen, sein Leben – und später auch sein Herz. Aber er kann ihr nicht geben, was sie verdient. Denn Liebe? Das gibt es in seinem Emotionsrepertoire nicht.
Zwar habe ich gut ins Buch gefunden, aber irgendwie hat’s echt etwas gedauert, bis das Buch mich abgeholt hat. Nach dem Klappentext hatte ich nicht erwartet, dass die Mutter eine wildfremde Frau einfach so im Hotel auf der Toilette anspricht und ihr so einen Vorschlag macht. Generell hatte ich an vielen Stellen des Buches so meine Probleme mit Khais Mutter, ihrer Idee und auch damit, welche Rolle Esme sehr schnell für sich selbst eingenommen hat. Esmes Familie hat ihr mit auf den Weg gegeben, alles für Khai zu machen und ihn zu verführen, um so eine sichere Zukunft in den USA zu haben und für ihre Tochter einen neuen Vater zu finden. Es ist ein komplexes Thema, was sicher einen faden Beigeschmack hat. Es hat echt einige Zeit gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt habe. Das heißt nicht, dass ich nicht jedes Mal wieder den Kopf geschüttelt habe, als Khais Mutter wieder losgelegt hat und Druck auf Khai aufgebaut hat. Denn Khais Familie (mit Ausnahme von Bruder Quan) nehmen Khais Asperger-Erkrankung nicht gerade ernst und so kommt es dazu, dass sie nicht verstehen, wie er tickt. Wenn man aber über den Punkt hinaus ist, wo die ganze Situation einem sehr befremdlich vorkommt und sich Khai und Esme langsam näher kommen, erwärmt das Buch einem schon das Herz. Ganz langsam entwickelt sich Khai in eine Richtung, die er von sich selbst nicht erwartet. Esme ist anfangs unsicher und muss ihren Weg in der westlichen Welt noch finden, da alles für sich ungewohnt ist und sie zudem glaubt, nicht genug für Khai zu sein. Diese Unsicherheit gepaart mit Überforderung von Esme und Khai und den Druck von außen führt zu einigen kleineren Konflikten. Ansonsten bleibt die Geschichte recht undramatisch und ruhig, sie gleitet Stück für Stück vorwärts, ohne zu langweilen, aber auch ohne wirklich vom Hocker zu reißen.
Vom Verlauf der Handlung kann man halten, was man möchte. Es sind nur wenige ganz leichte Downs, die sich aber recht zeitnah immer wieder legen. Es sind einige Punkte angelegt, die eine Rolle spielen, etwa ein Ereignis aus Khais Jugend und Esmes Mutterrolle, die aber sehr wenig angesprochen wird und wie ein Damokles-Schwert über der Story hängt. Außerdem sucht Esme eigentlich noch nach ihrem Vater, der die Familie vor ihrer Geburt verließ. Doch hat man kleine Rahmenpunkte, die aber allesamt nicht sonderlich präsent sind. Außerdem spielt Khais Bruder Quan eine präsente Rolle, da er immer wieder unterstützend tätig wird und versucht, Esme klarzumachen, wie Khai tickt. Anders als bei Kissing Lessons hatte ich hier das Gefühl, dass Khais Autismus vernachlässigt wird. Gerade da Esme sich damit nicht auskennt (bzw. noch nie davon gehört hat), hätte man das zum Anlass nehmen können und mehr darüber aufklären können. Das empfand ich als schade und verschwendetes Potenzial. Auch hat sich mir nicht erschlossen, wieso My sich unbedingt in Esme umbenennen musste, frei nach dem Motto neues Leben, neuer Start. Manchmal wirkte es so, als hätte die Autorin ganz viele Ideen, die sie wild zusammenwirft, ohne zu wissen, wohin sie eigentlich gehen möchte.
Während mich in Band 1 der hohe Erotikanteil in der zweiten Hälfte doch etwas aus der Bahn geworfen hat und mir den Fokus zu sehr geklaut hat, ist es hier anders. Anfangs denkt Khai zwar öfter an Sex und wundert sich insbesondere auch über seine körperliche Reaktion auf Esme, die sich durch permanente Blutverschiebung in die unteren Regionen auszeichnet. Aber insgesamt ist das Buch recht unerotisch, es gibt nur wenige intime Szenen, die aber sehr kurz und auch nicht übermäßig detailliert sind. Es gibt keine multiplen Orgasmen, ganz im Gegenteil macht Khai anfangs sogar alles falsch, was nur geht. Sexuelle Unsicherheit auf der Seite des Mannes kommt doch eher weniger vor, sie passt aber ganz hervorragend zu Khai und seinem Charakter. Zwar sind die Szenen jetzt auch nicht super sinnlich, aber zumindest wirken sie auch nicht so überzogen und deplatziert wie in Kissing Lessons.
Insgesamt ist Love Challenge besser gelungen als der Vorgänger Kissing Lessons, auch da die Geschichte sich nicht in der klassischen 0815-Entwicklung verrennt. Allerdings ist das Buch dafür auch sehr seicht geraten und ist kein emotionaler Hammer. Es ist eine sehr nette, leichtfüßige Geschichte für Zwischendurch, bei der Themen mit Tiefgang nur angeschnitten werden. Wer also eine süße Geschichte mit etwas Humor sucht, in der es nicht hauptsächlich um Bettsport geht, kann hier unbesorgt zugreifen.
Bewertung: ★★★★☆
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]