29.01.2020

Samantha Young - Boston Nights

352 Seiten, erschienen als eBook und Klappenbroschür im Mira Verlag am 06.12.2019
 „Es war eine Schlacht ohne Gewinner. Eine Sackgasse.“
(Ava in Boston Nights)

Worum geht’s?

Ava will doch nur nach Hause. Nach einer absolut schrecklichen Zeit möchte sie einfach nur erste Klasse nach Hause fliegen – und dann schnappt ihr so ein unfreundlicher Wikinger den letzten Platz weg. Als der Flug dann sogar gecancelt wird, muss Ava über Nacht im Hotel bleiben. Und dort trifft sie wieder auf ihn, den arroganten Schotten Caleb. Und die unüberwindbaren Anziehungskräfte bewirken, dass beide für einen One-Night-Stand ins Bett springen. Als sie am Folgetag aber nebeneinander im Flugzeug sitzen, werden die Karten neu gemischt. Möchte das Schicksal ihnen etwas sagen?

Boston Nights ist ein Einzelband und in sich geschlossen.


Schreibstil / Gestaltung

Das in dunklen Farben gehaltene Cover ist mit seiner goldenen Folierung sehr schön und edel gestaltet. Die Gestaltung ist sehr zurückhaltend und gibt keine Hinweise auf den Inhalt Preis. Das Buch wird ausschließlich aus Sicht von Ava in der Ich-Perspektive erzählt und die Story verläuft linear. Der Schreibstil ist sehr flüssig und gut lesbar. Das Buch beinhaltet zahlreiche explizite Erotikszenen.

Mein Fazit

Nach vielen Jubelstürmen über die Autorin Samantha Young habe ich mich dazu hinreißen lassen, dieses Buch von ihr zu lesen. Ich hatte eigentlich keine großen Erwartungen und bin unvoreingenommen an das Buch herangegangen. Dass das Buch mich über weite Strecken an ein anderes Buch erinnern wird und es mir am Ende so vorkommt, als hätte das Buch sehr wenig Handlung, kam für mich dann recht überraschend.

Ava kommt nach anstrengenden Tagen, die sie in ihre Vergangenheit zurückgebracht haben, am Flughafen an und möchte einfach nur ein Ticket für die erste Klasse nach Hause. Doch am Schalter drängelt sich rücksichtslos ein Schotte vor, der ihr den letzten Platz wegschnappt und in einem hitzigen Wortgefecht nur noch respektlos gegenüber Ava ist. Als der Flug kurzfristig storniert wird, bleibt Ava nichts übrig, als über Nacht im Hotel am Airport einzuchecken. Abends nimmt sie an der Hotelbar noch einen Snack – und trifft hier erneut auf den arroganten Schotten, der sich als Caleb vorstellt. Caleb leistet ihr Gesellschaft, obwohl Ava es nicht will, aber zugleich doch will. Und dann knallen die Gefühle durch und beide landen in einem hitzigen One Night Stand im Hotelbett. Eine Nacht, was ist schon dabei? Als sie jedoch am Folgetag nebeneinander im Flugzeug sitzen, machen sie mit ihren Reibereien nahtlos weiter. Denn Caleb verurteilt Ava, die versucht, es anderen Recht zu machen. Und Ava verurteilt Calebs rücksichtslose Art. Aber es liegt zugleich ein Prickeln in der Luft. Und als eine Kundin von Ava Tage später anruft und Ava einen netten Herren vorstellen möchte, ist Ava urplötzlich in einer Spirale aus Lust und Frust gefangen.

Boston Nights hatte für mich irgendwie wenig Handlung. Runtergebrochen geht es um eine Zufallsbegegnung, die sich permanent anmault, weil er über sie ein vorurteilsbehaftetes Bild hat und sie von ihm genervt ist. Hieraus entwickelt sich aufgrund körperlicher Anziehung dann eine lockere Bettgeschichte, die über Calebs Zeit in Boston aufrecht erhalten bleibt. Doch natürlich kommen Gefühle ins Spiel, es gibt hier und da ein paar dramatische Umstände, zudem einige Rückblicke in die jeweilige Vergangenheit. Aus dieser ergibt sich bei Caleb eine Bindungsangst, bei Ava ein niedergeputztes Selbstbewusstsein. Insbesondere Calebs Geschichte spielt aber eigentlich kaum eine Rolle, die wird nur angerissen. Was thematisch eigentlich ganz nett war, aber irgendwie etwas unterging, war die Thematik um Avas persönliche Entwicklung. Verlassen von ihrem Exverlobten mit den Worten, sie sei hübsch und deshalb begehrenswert, aber mehr auch nicht, glaubt Ava lange Zeit an diese Worte. Dabei hat sie so viel mehr zu bieten. Dennoch verfällt sie immer wieder in dieses Gedankenkarussell, was leider Caleb unbewusst auch noch anfeuert. Diese ganze Thematik rund um ihre Selbstzweifel, das Wiedergewinnen ihres Selbstbewusstseins und der Erkenntnis, nicht nach der Erwartung anderer zu leben, hätte man deutlich besser und präsenter einbauen können. Das hätte dem Buch definitiv Tiefe geben können. Denn so hatte man das Gefühl, es ging nur um Sexdates, die dann in einer wirren Form von Beziehung enden.

Zwischendurch gab es zwar das ein oder andere angelegte Problemchen, etwa der Grund für Calebs Boston-Besuch aus beruflichem Zweck sowie Berichte aus Avas Berufsleben, die Geschichte um Avas beste Freundin und deren Beziehungsprobleme. Aber ich hatte bei allen Sachen das Gefühl, dass sie sehr willkürlich eingesetzt wurden und eigentlich überflüssig waren, weil sie für die Handlung recht wenig Substanz mitgebracht haben. Zumindest hatte man aber noch ein wenig das Gefühl, mehr als nur die „Dates“, die im Bett langen, zu bekommen.

Das Ende des Buches war für mich leider gar nicht stimmig. Es kam sehr plötzlich, es war ultimativ vorhersehbar, wie sich die Puzzleteile zusammensetzen und man war fast über Ava verwundert, die offenbar die Schlüsse nicht ziehen konnte. Unpassend kitschig war daher das große Finale, was vor allem ein großes Fragezeichen hinterließ: Wie genau kam es dazu, dass Caleb vom absolut unausstehlichem Herren zum Softie mutiert, der seiner Ava die Welt zu Füßen legen möchte? Das hat nicht gepasst und war irgendwie unrund. Beinahe hätte man das Gefühl gehabt, die Autorin wusste nicht ganz, wie sie es hätte enden lassen können.

Ich kann es auch einfach nicht leugnen, aber Anfang und Ende kommen mir hochgradig bekannt vor. Wer das Buch „Idol – Gib mir dein Herz“ von Kristen Callihan gelesen hat, wird wissen, was ich meine. Dass sich Sachen im Romance-Genre wiederholen, ist nicht weiter schlimm. Aber hier gab es so viele Übereinstimmungen. Die nebeneinanderliegenden Plätze in der First Class, die Rumzickerei miteinander, die Flugangst von Caleb und die komplette Schlussszene wirkt auch wie eine Neuauflage von Idol 2. Da mich das Buch damals hochgradig überzeugen konnte, Boston Nights hingegen aber teilweise einfach krampfhaft wirkte und keine Chemie (außer vielleicht sexueller Natur) zwischen den beiden Protagonisten entsteht, war ich in diesem Hinblick doch etwas gefrustet.

Insgesamt muss ich sagen, dass Boston Nights sicher ein nettes Buch für Zwischendurch ist. Ich mag allerdings einfach keine Literatur, bei der man das Gefühl hat, dass sich alles nur um Bettaktivitäten dreht und die Charaktere anhand von sexueller Anziehungskraft eine Beziehung miteinander eingehen. Hinzu kamen die für mich offensichtlichen Parallelen zu einem meiner Lieblingsbücher. Caleb ist und bleibt ein unangenehmer Zeitgenosse und mir fehlte es an Tiefe, Gefühl und Zuneigung in diesem Buch. Der Schreibstil hat mich jedoch sehr begeistert, weshalb ich sicher noch einen zweiten Versuch mit der Autorin wagen werde.

Bewertung: ★★★☆☆

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]