04.05.2023

Alyson Noel - Stealing Infinity (Gray Wolf Academy 1)

576 Seiten, erschienen als eBook und Hardcover im dtv-Verlag am 06.04.2023
 „Willst du wirklich in das Leben zurückkehren, dass ihr beide geführt habt? Oder traust du dich, etwas zu riskieren, für eine bessere Zukunft?“

(Braxton zu Natasha in Stealing Infinity)

Worum geht’s?

Natasha Clarke ist die totale Außenseiterin an ihrer Highschool, als sie unvermittelt eine Einladung in einen mysteriösen Club erhält. Dort entdeckt sie einen Grabstein mit ihrem Namen. Kurz darauf wird es um sie schwarz. Alles nur ein Traum? Als sie am nächsten Morgen erwacht, ist Natashas Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Ihr wird Diebstahl vorgeworfen, sie fliegt von der Schule – und erhält das überraschende Angebot, an die Gray Wolf Academy zu wechseln. Dort stehen allerdings nicht nur Geschichte und Kunst auf dem Lehrplan. Mithilfe von Braxton, ihrem gut aussehenden Mitschüler, will Natasha das Mysterium der Academy lüften und merkt bald: Die Eliteschule hütet noch mehr dunkle Geheimnisse …

Stealing Infinity ist Band 1 der Gray Wolf Academy-Reihe. Die Geschichte ist nicht in sich geschlossen und wird in Band 2 fortgesetzt.

Schreibstil und inhaltliche Hinweise

Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive von Natasha erzählt. Die Geschichte verläuft chronologisch. Es sind potenziell triggernde Elemente enthalten (sexueller Übergriff).

Meine Meinung

Lang ist es her, dass ich ein Fantasy-Buch gelesen habe. Wirklich sehr lang, denn die fantastischen Welten haben bereits vor vielen Jahren ihre Magie für mich verloren. Als ich in der dtv-Vorschau dieses Buch entdeckt habe, überkam es mich plötzlich aber und ich wollte unbedingt mal wieder ein Fantasy-Buch lesen. Und was soll ich sagen? Ich habe es verschlungen und ich möchte eindeutig mehr.

Ich muss gestehen, dass ich den Einstieg furchtbar fand. Es hat einige Seiten gedauert, bis ich in der Geschichte war. Nicht, weil man am Anfang eine „Nachricht aus der Vergangenheit“ hat, deren Rolle für die Geschichte gigantisch sein könnte, aber nicht aufgelöst wird. Sondern, weil die Geschichte am Anfang wirr, willkürlich und kurios wirkt. Komische Freundschaften, fragwürdige Entscheidungen, verrückte Gestalten – und jede verdammte Menge Fragezeichen. Die bleiben übrigens während des ganzen Buches, manche als „ich möchte verstehen, was hier abgeht“ und einige als „äh, was hab ich hier gerade gelesen“. Aber aus irgendeinem Grund hatte mich die Geschichte doch ziemlich schnell und so habe ich in gut vier Stunden von Seite 1 bis zum Ende gelesen – Cliffhanger, tausend Theorien und jede Menge Verzweiflung inklusive. Das Buch hat viele Stärken. Es ist sehr spannend, denn eigentlich wird absolut gar nicht erklärt, die hingeworfenen Puzzleteile passen vorne und hinten nicht und man merkt einfach, dass Natashas Rolle in dem ganzen Konstrukt weit über das, was alle denken, hinausgehen wird. Zwar sind viele Ideen auch wahnwitzig (etwas Natashas Rekrutierungsszene, die generelle Idee von Arthur), einige Charaktere sind vermutlich mehr als fragwürdig und die Autorin hat einen ziemlich krassen Fashiontick (Mode ist immer wieder ein Thema, aber nicht relevant für die Geschichte), aber gleichzeitig ist alles so absurd, dass man sich total in der Geschichte verliert und versucht, die Rätsel zu lösen, zu verstehen, wer mit wem und wieso zusammenarbeitet, wer eine „hidden agenda“ haben könnte und wem man vertrauen kann (okay, niemanden irgendwie, aber man will es vielleicht ja trotzdem versuchen). Die Grundidee mit den Zeitreisen dürfte hinlänglich bekannt sein. Die Parallelen zu Büchern wie der Edelstein-Trilogie von Kerstin Gier muss ich sicher nicht erwähnen (wenngleich ich in ihren Büchern das alles etwas besser umgesetzt fand). Nur die Idee, wieso man es macht, ist neu. Ich glaube hier zwar auch, dass in den Folgebänden mehr kommt und viel mehr dahintersteckt, aber ich bin gespannt.

Kommen wir nun aber zu den Schwächen: Die Charaktere sind eindimensional, haben keine Tiefe. Sie sind einfach da. Das wirkt sich auch auf die vermeintliche Liebesgeschichte aus, die für mich tatsächlich nicht greifbar, nachvollziehbar oder auch nur erwartbar war. Sicher mag Braxton gut aussehen und er bemüht sich sehr um Natasha, wieso da aber Funken fliegen, ist mir bislang nicht klar. Im Hinblick auf Band 2 könnten hier aber durch einige Ereignisse am Ende noch mehr Entwicklungen kommen. Ein weiterer Punkt ist, dass tendenziell ein wenig der rote Faden fehlt. Die Autorin verliert sich zwischendurch immer in umfangreichen Nebensächlichkeiten, die den Fokus zu sehr davon weglenken, was hier eigentlich abgeht. Die Geschichte ist daher an vielen Stellen nicht unbedingt rund, stockt ein wenig. Man merkt aber das klare Potenzial, was hier enthalten ist. Was mich tatsächlich aber doch arg gestört hat, war die unbedarfte Art, mit der Natasha in der Vergangenheit unterwegs ist. Das passte für mich auch nicht unbedingt zur Idee der Akademie, sie gut auszubilden. Immerhin erhalten die Schüler kulturellen Unterricht, lernen Schwertkampf und jede Menge anderer Sachen für das „Leben“ in der Vergangenheit. Und trotzdem bewegt sich Natasha immer wie ein Elefant im Porzellan-Laden. Diese Unstimmigkeit hat mich tatsächlich stark gestört, weil es nicht zu Arthur und seiner perfekten Idee passt. Ich hoffe, dass es hier in den Folgebänden eine Erklärung gibt, wieso Natasha so wenig vorbereitet und so schnell in der Zeit springen sollte/musste, obwohl man klar merkt, dass sie hierbei starke Defizite hat. Ich werde auf jeden Fall für Band 2 zurückkehren.

Mein Fazit

Stealing Infinity ist ein spannender Auftakt, der bekannte Elemente mit neuen Ideen vereint. Es ist an vielen Stellen Luft nach oben und die Liebesgeschichte ist für mich bisher auch eher lauwarm. Aber durch die Spannung und die vielen Fragezeichen hat man einen gewissen Suchtfaktor bei der Geschichte. Ich werde auf jeden Fall weiterlesen.

Bewertung: ★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]