21.11.2020

Tami Fischer - Hiding Hurricanes (Fletcher University 3)

416 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im Knaur-Verlag am 01.10.2020
„Er will nur Daisy. Kein anderes Mädchen. Schon gar nicht mich."
(Lenny in Hiding Hurricanes)

Worum geht’s?


Lenny führt ein Doppelleben. Während sie tagsüber an der Flechter Universität studiert, verwandelt sie sich abends mit Perücke und Maske in die Stripperin Daisy, die sich in Flechter bereits einen Namen gemacht hat. Tanzen ist ihr Leben und als Daisy kann sie diese Facetten ohne Leitungsdruck und mit viel Selbstbewusstsein ausleben. Doch dann taucht ausgerechnet ihr bester Freund Creed auf und scheint sich in Daisy zu verlieben. Lenny ist sich sicher, dass sie nie wieder so nah wie Daisy an Creed kommt und als beide sich küssen, ist das Chaos perfekt…

Hiding Hurricanes ist Band 3 der Flechter University-Reihe. Das Buch ist in sich geschlossen und unabhängig lesbar, es kommen jedoch Charaktere vor, die man bereits aus Band 1 und 2 kennt. Zudem werden auch Charaktere aus Folgebänden bereits vorgestellt.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover in dieses Mal in grau-blau gehalten und zeigt einen verdüsterten, wolkengehangenen Himmel. Wie sie Vorgänger verfügt auch dieses Buch als verbindendes Element über die goldenen Partikel. Das Cover passt stimmungstechnisch zum Buch und Titel. Das Buch wird wechselnd aus Sicht von Lenny, Daisy und Creed erzählt, wobei Lenny und Daisy überwiegen. Es gibt gelegentlich Rückblenden, die entsprechend ausgewiesen sind. Sprachlich passt das Buch für junge Erwachsene. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und angenehm zu lesen. Es wird gelegentlich geflucht und das Buch enthält wenig intimen, nicht sehr expliziten Content.

Meine Meinung

Nach einem eher mauen Start mit Burning Bridges, aber einer überzeugenden Fortsetzung Sinking Ships war ich sehr gespannt, was mich bei Hiding Hurricanes erwartet. Die Grundgeschichte klang sehr vielversprechend und Lenny war mir in den Vorgängerbänden schon recht sympathisch. Und tatsächlich vermochte mich das Buch zum Großteil doch begeistern.

Der Einstieg in das Buch gelang mir gut und schnell. Bereits von Anfang an wird der Leser in Lennys Doppelleben als Daisy eingeführt, was auch dazu führt, dass einige Kapitel von Lenny und einige von Daisy erzählt werden – zumindest anfänglich. Während Lenny sich in ihrem Freundeskreis und an der Uni bewegt und zudem Einblicke in die Vergangenheit und das Kennenlernen mit Creed gewährt, entführt Daisy in die Welt des edlen Nachtclubs, in dem sie arbeitet und regelmäßig an der Stange und auf der Bühne tanzt. Als Daisy kann sie nicht nur ihre Leidenschaft zu tanzen ausleben, sondern ist auch eine ganz andere Person, fast so, als wäre sie frei. Doch langsam kollidieren die Welten, denn Lennys bester Freund Creed kommt regelmäßig in den Club, um Daisy zu sehen. Daisy, die natürlich weiß, dass es Creed ist, fühlt sich begehrt. Denn als Lenny ist sie überzeugt davon, für Creed nur eine Freundin zu sein. Creed versucht hingegen, sich mit seiner Faszination für Daisy vor seinen Gefühlen gegenüber Lenny zu retten. Denn schon länger scheint er auf seine beste Freundin zu stehen, die ihn aber mehr als einmal gefriendzoned hat. Und schon gibt es ein Liebesdreieck, was eigentlich eine Linie ist. Nur wie soll Lenny Creed reinen Wein einschenken, ohne ihre zweite Identität offenzulegen?

Zugegeben, die Idee ist nicht neu. Freunde, die sich unbewusst friendzonen und beide davon überzeugt sind, dass der andere nichts von einem will. Das gab’s oft und trotzdem wird es nie langweilig zu sehen, wie sich die Beteiligten abrackern und wie blind sie durch die Welt laufen, während alle es wissen oder zumindest ahnen. Auch die Idee, dass jemand ein Doppelleben führt und sich der andere in die zweite Identität verliebt, gab es schon oft. Aber auch sie wird zumeist nicht unbedingt langweilig. Womit Hiding Hurricanes aber für mich überraschend daherkommt: Die Protagonistin als Stripperin, in die sich der Love Interest verliebt. Und so hat mich das Buch schon schnell wirklich catchen können. Es sind die Einblicke in Daisys Leben, Lennys Schwierigkeiten beide Leben miteinander in Einklang zu bringen, aber auch Lennys Ausflüchte, die sich in Daisy ein wenig versteckt. Seit Kindertagen an liebt Lenny das Tanzen, was ihr aber durch die Familie und Leistungsdruck kaputt gemacht wurde. Das Strippen – und das Poledancing – sind ihre Art, wieder zu tanzen ohne Druck, aus Spaß und vollkommen selbstbestimmt. Und naja, Geld kann sie dabei auch noch gut machen. Es ist auf jeden Fall eine Thematik, die mir so vor allem in einem New Adult Roman noch nicht untergekommen ist und auch wenn ich anfangs skeptisch war, funktioniert die wirklich gut. Es war mal etwas Anderes, etwas Herausforderndes, aber auch was Interessantes. Leider geht Lennys Hintergrundgeschichte etwas unter und hätte für mich mehr thematisiert werden können, es funktioniert aber auch mit den recht spärlichen Infos gut. Hiding Hurricanes ist etwas lebhafter und energiegeladener als Sinking Ships, aber nicht so überdreht wie Burning Bridges. Nach hinten hinaus muss ich sagen, dass ich das Gefühl hatte, die Story zieht sich etwas. Es ist nicht so, dass der Handlungsverlauf große Überraschungen bereithält. Es ist eher vorhersehbar und das ist auch okay, da der Weg zum Ziel dennoch Spaß macht. Dennoch wirkt es ab einem gewissen Punkt langgezogen und ich hatte das Gefühl, dass man schon längst hätte Schlussmachen können, aber als würde die Autorin unbedingt noch dies und das und kleinere Hürden einbauen wollen. Letztendlich war Hiding Hurricanes aber so oder so eine runde Sache, die sich angenehm und auch interessant hat lesen lassen.

Im Fokus steht definitiv Lennys Doppelleben. Hierunter leidet vor allem die Verbindung zu Creed, da ich das Gefühl hatte, er geht ziemlich unter. Er kommt immer nur in den Club, denkt über Daisy nach und ist ein wenig mit seinem besten Freund Ches unterwegs. Mehr gibt es aber zu ihm nicht, er bleibt für mich bedauerlich blass und eindimensional. Das fand ich schade. Es gibt ein wenig Drumherum mit der Clique, der Entlassung von Ches Bruder und Creeds Freund Maxx, ein kleines bisschen Unileben, aber abgesehen davon konzentriert sich eigentlich alles auf Daisy und Lennys Bemühungen, Daisy gemeinzuhalten. Zunehmend habe ich dabei aber leider auch festgestellt, dass die ganze Clique und ihre Zusammengehörigkeit für mich wenig greifbar ist und bleibt. Es wirkt eher so, als seien alle lose Bekannte, die mal Zeit miteinander verbringen. Ich muss aber sagen, dass mir die ganze Thematik um das Strippen und Tanzen sehr gut gefallen hat. Ich finde, der Autorin ist es gut gelungen, eine angemessene und offene Darstellung des Themas umzusetzen. Sie gibt Einblicke in Daisys Routinen, die Idee hinter dem Club, spricht gängige Vorurteile, aber auch gängige Probleme der Branche an. Die Darstellungen sind sehr niveauvoll und gleichzeitig sehr stark. Einige werden vielleicht sagen, dass die Art, wie Lenny ihr Geld verdient, billig ist oder in einem Buch nicht so „gefeiert“ werden sollte. Ich finde aber, dass die Autorin dem Thema viel Respekt gegenüberbringt und auch die Aspekte sehr beleuchtet. Es geht nicht darum, seinen Körper zu verkaufen, sondern mit seinem Körper und seinem Können Geld zu verdienen. Auch beleuchtet sie sehr intensiv, wie viel harte Arbeit dahinter steht und dass insbesondere Poledancing auch einen sehr sportlichen Charakter hat, der ohne Training und viel Vorbereitung nicht funktioniert. Ich war vor den ganzen Darstellungen und Einblicken wirklich angetan und fand sie interessant und würdevoll dargestellt. Das merkt man auch, wenn Lenny mit ihrem Umfeld und ihren Kolleginnen drüber redet und sie mit einigen Vorurteilen aufräumt.

Dafür empfand ich die Liebesgeschichte als etwas wackelig. Im Grunde genommen geht es um eine lose Bekanntschaft, aus der Freundschaft wird und mit der Zeit mehr, während beide Stein und Bein schwören, dass da nichts ist bzw. der jeweils andere kein Interesse hat. Jahre vergehen und beide springen nie über ihren Schatten, bis Creed sich in Daisy verguckt und Lenny erst recht überzeugt ist, dass Creed nur Daisy und nicht sie selbst mag. Creed hingegen kann sich seine Anziehung zu Daisy nicht erklären, sieht sie aber als willkommene Ablenkung zu seinen Gefühlen für Lenny. Leider kommen die Erkenntnisse dann irgendwie sehr schnell und ratzfatz ist das Problem nach Jahren gelöst. Das fand ich etwas schwer greifbar und hätte mir mehr gewünscht, was die Entwicklungen erklärbar macht. Dennoch war es irgendwie unterhaltsam, wie beide umeinander getanzt sind und es kein Vor und Zurück gab. Die Liebesgeschichte würde ich daher als solide betiteln, aber leider auch nicht unbedingt als mehr.

Mein Fazit

Insgesamt hat mir Hiding Hurricanes bisher wohl am besten gefallen. Es ist ein interessantes Buch, was einige Standardelemente des Genres mit dem Einblick in eine ungewöhnliche Arbeitswelt verbindet. Die Liebesgeschichte ist dafür etwas mau und auch hier und da hätte es sicher mehr Tiefe haben können. Dennoch macht das Buch Spaß und lässt sich gut lesen. Ich bin gespannt, was die Autorin für Band 4 bereithält.

Bewertung: ★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]