23.11.2020

Daniela Hartig - Fuck you dreams (Floyd & Storm 3)

531 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im Federherz-Verlag am 20.08.2020
„Wir waren fest davon überzeugt, wir wären über das alles erhaben, weil unsere Liebe etwas Besonderes und mit dem Rest der Welt nicht zu vergleichen ist. Dachten wir. Und haben uns bitter getäuscht.“

(Floyd in F*ck you dreams)


Worum geht’s?


Nach einer wahren Achterbahnfahrt der Gefühle und einer mehr als schwierigen Beziehung ist bei Storm und Floyd endlich Ruhe eingekehrt. Seit Jahren sind die beiden verheiratet und leben mit ihrer Tochter Billie, die mittlerweile im Teeniealter ist, zusammen. Doch der Alltag geht auch an der Ehe nicht spurlos vorbei. Aus dahingesagten Worten werden Streitereien, aus Verabredung wird ein Versetzen und dann geht Storm einen Weg, der die brüchige Ehe endgültig zerfallen lässt. Werden Storm und Floyd es schaffen, den Scherbenhaufen wieder zu kitten?

Dieses Buch ist Band 3 einer Trilogie. Zum besseren Verständnis werden Vorkenntnisse aus Band 1 und 2 benötigt.

Schreibstil / Gestaltung

Dieses Mal ist das mit Blumen verzierte Cover in verschiedenen Blau- und Rosa-Tönen gehalten. Es passt wieder hervorragend zu Band 1 und 2 und gefällt mir gestaltungstechnisch am meisten. Dieses Mal führt neben Storm und Floyd auch Billie als Ich-Erzähler durch die Geschichte. Zwischendurch gibt es zahlreiche Rückblenden auf Ereignisse in der Zeit zwischen Band 2 und 3. Auch gibt es Zeitsprünge nach vorne. Der Schreibstil steht den Vorgängern in nichts nach und ist erneut locker, lässt sich gut lesen und kann mitreißen. Dieses Mal gibt es weniger explizite Sprache.

Meine Meinung

Das große Finale. Was wird aus Storm und Floyd, die auf einem derart holprigen Weg zueinander gefunden haben, dass man sich bereits beim Lesen des Klappentextes fragt, wie der Alltag ihre Beziehung zerstört, was bisher andere Sachen nicht geschafft haben. Ich war wirklich gespannt, was die Autorin für das Buch bereithält. Und Am Ende muss ich gestehen, dass ich mehr als ratlos bin, wie mir das Buch gefallen hat.

Einige Jahre sind erneut vergangen und in der Zwischenzeit hat sich viel entwickelt und einiges ist passiert. So haben in der Zeit zwischen Band 2 und Band 3 Storm und Floyd geheiratet, Floyd arbeitet als erfolgreicher Streetworker und Storm hat eine steile Karriere im Architekturbereich hingelegt. Auch ihre gemeinsame Tochter Billie ist mittlerweile im Teeniealter und stellt ihre Eltern stark auf die Probe. Und irgendwie, zwischen dem ganzen Alltag, haben sich Floyd und Storm auseinandergelegt. Vergessene Verabredungen, Vorwürfe, Einsamkeit, Ambitionen statt Annährung – es liegt auf einmal so viel zwischen den beiden, die einst so stark waren und gegen den Rest der Welt gekämpft haben. Jetzt kämpfen sie nur noch gegeneinander und das in einer Art, wie es einem eiskalt den Rücken runterlaufen lässt. Als dann auch noch eine gigantische Bombe platzt, müssen sich beide fragen, ob ihre Liebe noch eine Chance hat. Und während die beiden Erwachsenen sich bekriegen und aufeinander einschlagen, entgleitet ihnen ihre Tochter vollständig. Denn Billie erträgt den Scherbenhaufen nicht mehr länger…

Man nehme ein Pärchen, was über die Jahre schon unglaublich viel durchmachen musste. Was sich auf denkbar schreckliche Weise kennengelernt hat. Was sich immer fragen musste, ob und wie Vergebung möglich ist. Ein Pärchen, was – im wahrsten Sinne des Wortes – durch die Hölle gegangen ist. Ein Pärchen, bei dem man mehr als nur einmal dachte, dass es vielleicht besser wäre, wenn sie nicht zusammensind – und am Ende trotzdem gebangt hat, dass sie ihr Glück finden. Und das haben sie. Verheiratet, mit Kind, in einer tollen Wohnung, mit guten Jobs, die ihnen Freude bereiten. Doch der Schein trügt. Denn unter der Oberfläche brodelt es mehr als gewaltig. Das erfährt der Leser direkt auf den ersten Seiten, wo Storms großes Geheimnis direkt als erstes gelüftet wird und man weiß schon, dass es nur knallen kann. Je weiter man kommt, desto mehr lernt man, wie wenig von der starken, unzerstörbaren und ungewöhnlichen Beziehung noch übrig geblieben ist. Storm und Floyd kommunizieren nicht mehr miteinander, sondern nur noch aneinander vorbei. Hinter jedem Satz verstecken sich Vorwürfe und Ängste. Im Grunde genommen ist die Beziehung nur noch ein Scherbenhaufen, ein Schatten, ein Überbleibsel. Doch warum? Diese Frage beantwortet die Autorin auf den über 500 Seiten und zugleich auch nicht. Denn auf der einen Seite gibt es Einblicke in das Erlebte und die Gedanken der Charaktere, es wird erklärt, wie sich sie entwickelt haben und wie der aktuelle Stand ist. Und auf der anderen Seite steht die Erkenntnis, dass Liebe offenbar nicht ausreicht, um eine stabile Beziehung zu führen. Beim Lesen fragt man sich permanent, wie Storm und Floyd es so weit haben kommen lassen können. Wie konnte diese Beziehung, die das Vergangene überstanden hat, an so etwas Banalem zugrunde gehen: Dem Alltag.

Auch Band 3 ist wieder sehr mitreißend und ergreifend, vor allem aber auch schmerzhaft und erschütternd. Generell ist es das ruhigste Buch der Reihe und ich würde lügen, wenn ich sage, dass es viel Handlung gibt. Ganz im Gegenteil empfand ich es als handlungsärmsten Buch. Dafür stehen die Emotionen komplett im Fokus und das hat mir gut gefallen. Ich habe wirklcih gelitten. Ich war sauer auf Floyd, der - durch die Augen von Storm erzählt – so oft unterwegs war und sich um seine Schützlinge gekümmert hat, während zuhause ein Teenie rebelliert, seine Frau auf ihn wartet und seine eigene Familie ihn braucht. Doch Floyd scheint immer noch getrieben von seiner Schuld zu handeln und versucht, schlichtweg die Welt zu verbessern und zu retten. Er verliert dabei nur eben seine Familie irgendwie komplett aus den Augen. Storm hingegen ist ungewohnt ernst geworden, arbeitet als erfolgreiche Geschäftsführerin, hat teilweise fast schon spießige Tendenzen und hat zwar an Bissigkeit nichts eingebüßt, ist aber gleichzeitig nicht mehr die Storm, die der Leser kannte. Als Storm dann auch noch einen Weg einschlägt, der das Kartenhaus endgültig zusammenfallen lässt und an ihren eigenen Schuldgefühlen beinahe erstickt, ist klar, dass dieses Chaos nur noch in einer Katastrophe enden kann. Man möchte Storm und Floyd schütteln, schlagen, aufwecken. Aber sie sind so gefangen in ihren Welten. Und das wirkt sich auch auf Billie aus.

Billie ist dieses Mal als Erzählerin mit dabei und berichtet, wie ihre Eltern auf sie wirken und wie verzweifelt sie selbst ist. Langsam driftet sie ab und der Leser ahnt Böses. Frei nach dem Motto, dass sich Geschichte immer wiederholt, legt sie nämlich ähnliche Verhaltensweisen wie ihre Eltern an den Tag. Blöd nur, dass diese davon wenig bis gar nichts mitkriegen, denn sie sind mit ihrem eigenen Weltkrieg zu sehr beschäftigt. Und man sitzt als Leser daneben und fragt sich wirklich, was da eigentlich schiefgelaufen ist. Fassungslosigkeit, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit. Auch hier wird die Palette der Emotionen wieder gut abgearbeitet und ich kann definitiv sagen, dass sicher 80-90% des Buches mir unter die Haut gegangen sind. Erst die letzten Irrungen und Wirrungen, die finalen Entwicklungen, konnten mich gar nicht abholen. Ich bin auf jeden Fall fasziniert, wie Storm und Floyd es schaffen, nach 2 Bänden innerhalb weniger Seiten so viele Sympathiepunkte zu verspielen und von Lieblingen zu meinen Wutobjekten zu werden. Das meine ich dabei auch gar nicht negativ, denn es zeigt viel mehr, wie solide die Autorin ihre Charaktere mit der Zeit aufgebaut hat. Und genau diese beiden Charaktere fängt man jetzt an zu hassen. Dafür, was sie sich gegenseitig antun, denn das ist mehr als unterirdisch und traurig mit anzusehen. Dafür, was sie ihrer Tochter antun, die teilweise fast komplett von ihrem Radar verschwindet, bis das unvermeidliche Übel passiert. Dieses Buch ist wirklich ein Höllentrip, ein Kriegsfeld, eine Atombombe, ein riesiger Scherbenhaufen. Und gleichzeitig stellt sich aber das Gefühl ein, sich permanent im Kreis zu drehen. Die Konflikte werden mal offen, mal verdeckt aufgetragen. Kurzzeitig gibt es Besserung, nur damit dann Floyd oder Storm wie ein Bulldozer wieder alles plattmacht. Es sind aber auch so Fragen wie: Warum konnte Storm Floyd verzeihen, aber Floyd Storm jetzt so schwer? Was hat die beiden jemals verbunden und was ist davon noch übrig geblieben? Unschlüssig blieb ich bis fast zum Schluss, ob ich möchte, dass beide wieder zueinander finden oder es lieber endgültig in Flammen aufgeht. Eigentlich war ich eher jemand, der für ein Unhappy End gestimmt hätte, aber zunehmend auch ein Happy End gut gefunden hätte. Alles war offen, vielen war möglich. Ich war ratlos, zwiegespalten, emotional etwas getroffen und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, nicht vorwärts zu kommen. Und dann kam der letzte Teil des Buches…

Es folgen im weiteren Spoiler zum Ende des Buches.


Am Ende hat mich das Buch leider gar nicht abholen können. Nach so vielen Tiefschlägen, so vielen Verletzungen, einfach so vielem, was passiert ist, wird hier ein Weg gegangen, der zwar schon in Ordnung ist, aber der mich von den Wendungen her nicht begeistern konnte. Denn es ist mir nicht klar geworden, wie sich vor allem Floyds Denkweise plötzlich ändert und so verkommt das Ende für mich zu einem zurechtkonstruierten Happy End, was dann mit einem positiven Schwangerschaftstest noch gekrönt wird. Es bleiben extrem viele Fragezeichen, was vielleicht aber auch am Aufbau liegen könnte (zB hinsichtlich der Schwangerschaft, denn gefühlt ist eine Ewigkeit vergangen, seitdem beide im Bett waren). Aus irgendwelchen Gründen habe ich mich vom Ende überrumpelt gefühlt, es war mir zu schnell, zu viel, zu gewollt. Es war ein Ende, was sich nicht richtig angefühlt hat, nichtmal notwendig hat es sich angefühlt. Nach dem harten Weg, den man mit Floyd und Storm gegangen ist, mag es schön sein, dass alles wieder gut ist. Aber irgendwie hat es für mich nicht gepasst und entsprechend zwiegespalten und unbefriedigt war ich, als ich das Buch zuklappte.

Mein Fazit

Auch Band 3 war auf jeden Fall wieder eine Herausforderung. Die Autorin schafft es, jedem Buch seine eigene Geschichte zu geben, ohne dass es wirkt, als würde man wieder und wieder das gleiche durchleben. Es ist ein interessanter Abschluss der Reihe, der in vielen Punkten überzeugen kann (insbesondere auf einer schmerzhaften, verzweifelten Ebene), aber gleichzeitig fühlt sich einiges auch nicht so rund an. Das Ende konnte mich leider nicht begeistern, aber zumindest die 500 Seiten davor waren es definitiv wert.

Bewertung: ★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]