464 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im LYX-Verlag am 28.07.2020 |
„Zwei Herzen, zwei Leben und so viele verpasste Gelegenheiten.“
(Luna in All Saints High 2)
Worum geht’s?
Luna und Knight sind bereits seit Kindheitstagen an beste Freunde. Luna, die nach einem tragischen Ereignis in die Stille geflüchtet ist und seitdem nicht mehr spricht, und Knight, der beliebte Football-Captain und Herzensbrecher, sind immer füreinander da. Doch zwischen ihnen knistert es gewaltig, doch Angst, Wut, Verzweiflung und Schmerz funkt den beiden immer wieder dazwischen. Als Luna sich entscheidet, Todos Santos zu verlassen, wird nicht nur ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt. Als dann auch noch das Schicksal zuschlägt und Knights Leben auf den Kopf stellt, müssen beide sich fragen, wie es mit ihnen in diesem Strudel weitergehen soll…
All Saints High – Der Rebell ist Band 2 der All Saints High-Reihe. Das Buch kann unabhängig gelesen werden und ist in sich geschlossen. Die Charaktere aus Band 1 und 3 kommen jedoch vor, sodass eventuelle Spoiler enthalten sind.
Schreibstil / Gestaltung
Das schlichte Cover ist dieses Mal in zarten bläulichen und grünlichen Tönen gehalten und wirkt wieder sehr elegant. Das Cover passt perfekt zu Band 1, gibt gleichzeitig aber auch wenig über den Inhalt preis. Es ist dennoch ein wahrer Hingucker. Das erste Kapitel spielt in der Kindheit der Protagonisten und springt dann in die Gegenwart. Ab hier läuft die Geschichte linear, hat jedoch hin und wieder Zeitsprünge vorwärts. Die Geschichte wird wechselnd durch Luna und Knight aus der Ich-Perspektive erzählt, zudem gibt es jeweils ein Kapitel aus Rosies und Deans Sicht. Es gibt Luna die Besonderheit, dass sie teilweise nicht redet und ihre Sätze in Gebärdensprache kursiv hervorgehoben werden. Die Kapitel sind entsprechend beschriftet. Der Schreibstil der Autorin ist gewohnt flüssig und modern, er ist ruppig und lebhaft, teilweise aber auch sprunghaft und die Gedanken verschachtelt. Das Buch enthält explizite Sprache und intime Szenen. Es sind zudem potenziell triggernde Inhalte im Buch zu finden.
Meine Meinung
Nachdem mich All Saints High 1 extrem begeistern konnte und diese komplexe, schmerzhafte Geschichte mich wirklich glücklich gestimmt hat, war klar, dass ich weiterlesen möchte und werde. Dieses Mal geht es sogar direkt um zwei Hot Holes-Kinder, um Liebe aus Kindheitstagen, einen arroganten, unnahbaren Jungen und ein ruhiges, etwas untypisches Mädchen. Doch zwischen den Seiten des Buches hat sich wieder so viel mehr versteckt…
Luna und Knight sind seit Ewigkeiten beste Freunde. Doch irgendwie ist da mehr. Luna ist das Mädchen, für das Knight alles tun würde. Knight ist der Junge, bei dem Luna sich sicher fühlt. Und dennoch stößt sie ihn immer wieder von sich und er flüchtet sich in andere Liebschaften, um ihr Raum zu geben. Gewissermaßen ersticken sich die beiden gegenseitig, denn kein Weg führt vorwärts, aber auf der Stelle treten ist auch nicht möglich. Daher entscheidet sich Luna, Todos Santos Richtung College zu verlassen. Hier möchte sie aus ihrer engen Comfort Zone entkommen und versuchen, einen Weg in das normale Leben zu finden. Aber Knight schwebt über allem, was sie tut. Der kommt mit ihrem Fortgang nur wenig klar. Immer wieder führen Missverständnisse, falsche Annahmen, voreilige Schlüsse und Gerüchte dazu, dass beide sich gegenseitig verletzen. Wie viele Tiefschläge wird ihre Freundschaft noch überstehen? Oder wird irgendwann die Erkenntnis kommen, dass sie mehr als Freunde sein müssen, um miteinander leben zu können? Als das Schicksal Knights Leben aus den Angeln hebt und er beginnt, außer Kontrolle zu geraten, muss Luna nicht nur versuchen, ihr Herz zu retten…
Liebe kann wehtun. Und zwar verdammt doll. Diese Erkenntnis bringt All Saints High 2 mit. Nicht nur, dass die Queen der kaputten Charaktere LJ Shen wieder zugeschlagen hat und mit Knight einen herrlich komplizierten, kaputten, aber auch zerstörerischen Charakter auf die Menschheit loslässt, nein, hier ist wirklich alles ein wahnsinniger Haufen voller Probleme und Konflikte. Wie die bisherigen Bücher der Autorin hat auch All Saints High 2 nicht den Anspruch, ein süßer Liebesroman an der Highschool zu sein. Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man zu dem Buch greift. Die Autorin polarisiert, die Autorin fordert den Leser heraus, die Autorin wird den Leser zeitweise dazu bringen, sich seiner eigenen Gedanken zu stellen und seine eigene Toleranz und Akzeptanz zu überdenken. Und im Mittelpunkt steht die Frage: Wie viel Leid, wie viel Schmerz kann eine Liebe ertragen, bevor sie endgültig zerbricht?
Hier geht es um die Liebe zwischen zwei Teenagers, die bereits seit Kindheitstagen angelegt ist, aber durch viele Hindernisse, falsche Entscheidungen, Missverständnisse und Ängste geprägt ist. Knight und Luna spielen ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem sie sich regelmäßig abwechseln in ihren Rollen. Fängt das Buch mit einer unschuldigen, unsicheren Luna und einem arroganten, rücksichtslosen Knight an, wird im Verlauf der Geschichte immer wieder der Sympathiewert verschoben. Mal ist es Luna, auf die ich als Leser sauer war, weil sie mit ihren Worten und Taten Grundsteine für Reaktionen von Knight gelegt hat, die zu Verletzungen führen. Dann aber ist es Knight, der zeitweise wieder so außer Kontrolle gerät, dass er Luna von sich stößt. Beide sind gut da drin, den anderen durch Worte und Taten zu verletzen, manchmal gewollt, manchmal ungewollt. Es ist deutlich komplizierter als „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“, denn die Freundschaft der beiden ist so unerschütterlich, aber zugleich auch so anfällig, dass bereits kleine Ereignisse Erdbeben auslösen können. Gleichzeitig ist dem Leser aber klar, dass – egal, was passiert – die beiden zueinander gehören und einander brauchen. Man fiebert teilweise beim Lesen mit, man ist aber auch permanent wütend auf die beiden, die sich immer wieder wie zwei Magnete anziehen, nur um dann wie ein Vulkan zu explodieren und nichts als verbrannte Asche zu hinterlassen. Ich würde lügen, wenn ich nicht sagen würde, dass ich immer mal wieder dachte, es sei wohl besser, wenn beide nicht zusammen sind. Diese Liebe ist kompliziert und rational auf den ersten Blick wenig begreifbar. Es wird einige geben, die sagen, dass man eine derart zerstörerische und vielleicht sogar toxische Liebe nicht gut finden kann und soll. Aber es ist die Erkenntnis, wie trotz immer wiederkehrender Rückschläge ihre Liebe immer wieder einen Weg findet. Auch wenn ihre eigenen Ängste, den anderen zu verlieren, den anderen in den Abgrund zu reißen, immer wieder in den Weg kommen. Liebe tut weh. Und Luna und Knight sind Meister darin, einander wehzutun, weil sie sich so sehr lieben.
Schmerzhaft. Das ist wohl das Wort, was dieses Buch am aller besten beschreiben kann. Es ist nicht nur die zerstörerische Liebe der beiden, die dieses Buch so schmerzhaft macht. Die Autorin spielt mit weiteren Faktoren, um Knight und Luna Probleme zu beschweren. Vor allem Knight wird von ihr regelrecht malträtiert. Knight, der einst von Rosie und Dean adoptiert wurde, muss sich so etwa seiner Herkunft stellen. Hier liegen Punkte verborgen, die neben der grenzüberschreitende Art, sich einem Platz im Leben einer Person zu sichern, auch das Thema ansprechen, wie es sich anfühlt, kein leibliches Kind zu sein. Auch Luna steht dem Thema, wie es ist, von der leiblichen Mutter verlassen worden zu sein, gegenüber. Denn der Grund ihres selektiven Mutismus, also der Fähigkeit zu sprechen, diese aber nicht zu nutzen, liegt hier verborgen. Die Folgen von diesem Mutismus sind auch nicht zu verachten und führen gelegentlich zu Problemen und Missverständnissen, aber auch zu Herausforderungen und der Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Vor allem spielt aber auch das Thema Verlust eine sehr große Rolle. Ein Verlust, so erschütternd und grausam, dass er einen anderen Aspekt von schmerzhafter Liebe abdeckt – nämlich den, wie es ist, eine geliebte Person für immer zu verlieren. Wie Zahnräder greifen die Thematiken immer wieder ineinander und führen teilweise auch zu Problemen, die vor allem Knight sehr aus der Bahn werfen und zu zerstörerischen Verhaltensweisen bringen.
Zerstörerisch ist ein weiteres Wort, was dieses Buch sehr gut beschreibt. Es ist vor allem Knight, der mit seinen facettenreichen Problemen dafür sorgt, dass es immer wieder zu zerstörerischen Momenten kommt. Manchmal ist es Wut, die ihn um sich schlagen lässt. Manchmal ist es rasende Eifersucht. Manchmal ist es Rachsucht. Und manchmal ist es Angst. Knight ist nicht nur ein Rebell, sondern auch jemand, der wahnsinnig gut um sich schlagen kann – nicht nur buchstäblich, sondern auch wortwörtlich. Neben einigen Tiefschläge Luna gegenüber, richtet sich seine Aggression oft aber vor allem gegen sich selbst. Gezeichnet von den Ereignissen seines Lebens führt sein Weg immer weiter bergab in eine Sucht, die ihn gnadenlos kaputtmacht und zu weiterer Zerstörung führt. Es ist ein wahnsinnig wichtiges Thema, was hier aufgegriffen wird, was vor allem in der Lösung für mich etwas mehr hätte thematisiert werden können.
Dieses Buch ist so anders als All Saints High 1. Ich hatte das Gefühl, dass hier handlungstechnisch viel weniger passiert, dafür aber auf einer emotionalen Ebene sehr viel mehr aufgefahren wird. So viel Leid, so viel Schmerz und so viele Verletzungen, die in diesem Buch vorkommen. Leider konnten sie mich nicht immer vollständig abholen und auf wirklich ergreifende Weise erreichen. Vor allem aber die komplette Thematik um Verlust und Abschied fand ich sehr beeindruckend und erdrückend, auch weil hier einige Wege gewählt wurden, die mir so bisher wenig unterkamen. Zwischen all der Trauer und all dem Leid wurde Hoffnung und Glückseligkeit gespendet, ein wirklich starker Kontrast. Aber auch so gibt es immer wieder kleine Lichtblicke und Fortschritte, über die man sich freut, nur damit kurze Zeit später irgendetwas - zumeist Knight – alles wie ein Bulldozer wieder plattmacht. Es ist definitiv kein Buch für schwache Nerven und Leute, die romantische Beziehungen mögen. Vereinzelt gibt es auch Intimszenen, die von vielen rohen Emotionen geprägt sind und von den Protagonisten oft auch als Blitzableiter verwendet werden. Nicht selten entstehen aber hierdurch auch neue Probleme. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass Luna und ihre Geschichte etwas untergegangen ist, andererseits hätte es vermutlich mit mehr Präsenz endgültig den Rahmen des Buches gesprengt. Und für eine gute Entwicklung – und die durchlebt Luna – hat es absolut gereicht.
Neben Knight und Luna kommen natürlich auch die kompletten Hot Holes nebst Familien vor, zudem einige Leute aus der Schule. Es gibt ein Wiedersehen mit Daria und Penn, wodurch der Leser erfährt, wie es mit beiden weitergeht. Es gibt dramatische Entwicklungen im familiären Umfeld von Luna und Knight, gelegentliche Anspielungen auf die Sinners of Saint Bücher und auch schon einige kleine Hinweise auf Band 3 über Vaughn, der in diesen Band als bester Freund von Knight oftmals vorkommt und ein sehr desaströses Bild von sich zeichnet. Es ist verblüffend, wie eng die ganzen Kinder zusammenhalten, obwohl sie sich regelmäßig den Hals umdrehen wollen. Komplexe Charaktere mit vielen Macken in komplizierten Beziehungen und Freundschaften mit noch kaputteren Verhaltensweisen und jeder Menge zerstörerischer Energie.
Leider muss ich auch hier bei diesem Buch wieder sagen, dass mich das Ende enttäuscht hat. Es passiert mir leider sehr häufig bei den Büchern der Autorin, dass es am Ende sehr schnell und sehr klischeehaft zugeht. Hierdurch habe ich manchmal das Gefühl, dass noch offene Konflikte übergangen werden. Oftmals – so wie hier – passt es für mich auch nicht wirklich zur Gesamtheit des Buches und den Charakteren. Das Ende war einfach too much, die letzten Entwicklungen für mich wenig greifbar und charakterfremd. Zum Glück sind es so aber nur die letzten 15-20 Seiten, die mir dann nicht so zusagen.
Mein Fazit
All Saints High 2 ist erneut ein wahnsinnig gut gelungenes Buch der Autorin, bei dem sie zeigt, dass sie sich auch an ernste und schwierige Themen heranwagt. Es ist ein kompliziertes Buch über eine noch komplizierte Liebesgeschichte mit sehr komplizierten Charakteren. Das Buch verlangt dem Leser viel ab, sowohl in emotionaler Hinsicht als auch in Toleranzaspekten. Es ist eine zerstörerische Geschichte, die unter die Haut geht. Zwar konnte mich die Liebesgeschichte manchmal nicht ganz abholen, insgesamt bin ich aber doch sehr angetan von diesem Buch. Es ist jedoch kein Buch für Leute, die Romantik und zuckersüße Geschichten suchen.
Bewertung: ★★★★★
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, was mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung wurde hierdurch nicht beeinflusst.]