14.07.2020

Anne Pätzold - When we dream (Love NXT 1)

416 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im LYX-Verlag am 30.04.2020
 „Wenn du den Rest der Welt wegnimmst, bin ich auch nur ein 21-jähriger Junge, der ein Mädchen mag, das am anderen Ende der Welt lebt.“
(Jae-yong zu Ella in When we dream)

Worum geht’s?

Widerwillig muss Ella ihre kleine Schwester Liv zu einem Konzert begleiten. Lieber wäre sie zuhause in ihrem Zimmer und hätte ihre Ruhe. Der ganze Trouble am Arbeitsplatz ihrer großen Schwester Mel behagt Ella definitiv nicht, weshalb sie sich in eine Garderobe flüchtet und in Ruhe lesen möchte. Doch dann taucht ein hübscher Junge auf, von dem Ella sofort fasziniert ist. Sein Name ist Jae-Yong. Als Ella plötzlich los muss, vergisst sie ihr Buch und kann mit Jae-Yong auch keine Nummern mehr austauschen. Als Jae-Yong wenig später anruft, ist das nicht nur der Beginn einer guten Freundschaft. Bald schon schlägt Ellas Herz beim Gedanken an ihn schneller. Aber Jae-Yong hat ein Geheimnis: Er ist Mitglied der weltberühmten Boyband NXT…

When we Dream ist Band 1 der dreiteiligen NXT-Reihe. Das Buch ist nicht in sich geschlossen und wird mit When we fall fortgesetzt.


Schreibstil / Gestaltung

Das in verschiedenen Pastellfarben gehaltene Cover ist recht schlicht. Es soll eine direkte Anspielung zu einem Album der K-Pop-Band BTS sein. Es wirkt etwas verträumt und verspielt. Es ist für mich definitiv ein Hingucker. Das Buch wird ausschließlich von Ella in der Ich-Perspektive erzählt. Die Geschichte verläuft linear mit kleineren Zeitsprüngen. Der Schreibstil ist locker-leicht, wirkt jugendlich und passt gut zur Geschichte. Das Buch enthält weder direkte Sprache noch explizite Szenen.

Mein Fazit

Ich bin ja sowieso eine Liebhaberin von Rockstar-Romance und sonstigen niedlichen Schmachtgeschichten vom normalen Mädchen und dem bekannten Superstar. Wenig überraschend war es daher, dass auch When we dream fix auf meinem Radar aufgetaucht ist. K-Pop ist zwar nicht meine Musik, aber die koreanische Entertainment-Industrie fand ich schon immer faszinierend. Daher hatte ich ja wirklich sehr große Lust auf das Buch. Aber konnte es mich zum Träumen einladen?

Sie will einfach nur ihre Ruhe. Als ihre Schwestern Ella überreden, mit zu einem großen Event zu kommen, bei dem ihre große Schwester organisierend tätig ist, könnte Ella sich tausend Orte vorstellen, wo sie lieber wäre. Zurückgezogen in einer Garderobe verkriecht sie sich in einem Buch. Bis plötzlich ein junger Koreaner hereinstolpert. Jae-Yong, dessen Namen Ella nicht aussprechen kann, ist ihr direkt sympathisch. Doch dann muss Ella weg, weil ihre kleine Schwester in Schwierigkeiten ist. Ein Glück für Jae-Yong: Ella vergisst ihr Buch und durch einige Informationen aus dem Gespräch kann er Ella ausfindig machen. Er bittet sie um ein Treffen, bei dem die beiden ein wenig quatschen und Jae-Yong Ella sein Harry Potter Buch überlässt – sie soll es zurückgeben, wenn sie sich wiedersehen. Fortan schreiben die beiden fleißig Nachrichten und lernen sich näher kennen. Doch Ella ahnt nicht, dass Jae-Yong ein Geheimnis hat. Mehr durch Zufall entdeckt sie kurze Zeit später, dass er in der weltbekannten Band NXT Mitglied ist und Millionen von Fans hat. Ella muss sich fragen: Wer ist Jae-Yong wirklich und kann sie mit seiner Bekanntheit leben?

Jup, When we dream ist eine dieser Geschichten, die zum Schmachten und Träumen einlädt. Süß und locker kommt die Geschichte daher, hat leichte Cinderella-Story-Elemente und erreicht mit dem niedlichen Verlauf doch schon irgendwie das Herz. When we dream ist keine Geschichte, die – abgesehen vom Ende – von großen Dramen oder viel Tiefe lebt. Aber das ist auch gar nicht so schlimm. Denn manchmal muss es auch etwas sein, was man zwischendurch weglesen kann. Zwar hatte ich mir etwas mehr erhofft und muss auch sagen, dass mir das Buch zwischendurch vielleicht auch etwas zu niedlich und flauschig daherkam, aber sei’s drum. Ella und Jae-Yong sind wirklich süß. Die erste Hälfte des Buches zog sich für meinen Geschmack allerdings deutlich. Im Grunde genommen passiert sehr wenig. Die beiden treffen aufeinander, treffen sich nochmal und schreiben fortan. Immer wieder sind im Buch Chatgespräche abgedruckt, die vor allem mit viel Witz und einigen Neckereien für so manches Schmunzeln sorgen. Zwischendurch nimmt man vor allem am Leben von Ella teil. Sie als alleinige Erzählerin zu etablieren hat mich leider etwas gestört, da Jae-Yong dadurch schon ziemlich untergeht. Er ist zumeist nur durch Chats präsent, die wenigen Treffen geben keine Einblicke in seine Gefühlswelt und somit kriegt man alle Infos nur durch Ella gefiltert. Es geht um Ellas Leben mit ihren beiden Schwestern, hin und wieder um den tragischen Verlust ihrer Eltern, Ellas Unzufriedenheit mit ihrem Studium, ihren langweiligen Job. Es gibt also viel drumherum. Ein Filmabend hier, ein Schwesternabend da, eine Backaktion hier, eine Aufräumaktion da. Das führt langfristig dazu, dass das Buch leider etwas unfokussiert wirkt – oder eben ich als Leser einen anderen Fokus erwartet habe, nämlich den auf die Liebesgeschichte. So wirkt es aber leider nicht. Im Gegenteil wirkt es oft so, als ginge es um Ella und ihr Leben, was zufälligerweise mit der Nebenhandlung erweitert wird, dass sie einen weltbekannten Sänger kennengelernt hat und mit ihm schreibt. Zeitweise fühlt sich vor allem die erste Hälfte wie ein sehr langer Prolog an, bis man das Gefühl hat „jetzt geht es los“ – und dann geht’s auch sehr schnell und das Buch ist vorbei.

Hierunter leidet vor allem auch stark die Entwicklung der Liebesgeschichte von Jae-Yong und Ella. Es ist sowieso nicht leicht, die beiden zusammenzubringen, wenn tausende Kilometer zwischen ihnen liegen. Denn Jae-Yong ist hauptsächlich im Ausland unterwegs und nur selten bei Ella in den USA. Hierdurch gibt es auch nur zwei richtige Dates. Der Rest besteht aus dem ersten Aufeinandertreffen und dem Wiedersehen wegen des Buches, einigen Chats und gelegentlichen kurzen Telefonaten. Reicht das, um eine glaubhafte Verbindung aufzubauen, die nach wenigen Wochen so stark ist, dass eine Diskussion wie am Ende des Buches gerechtfertigt ist? In meinen Augen ganz klar nein. Es vergeht zu wenig Zeit, die beiden kennen sich zu wenig und die abgedruckten Gespräche bestehen viel aus Neckereien, Gesprächen über eigentlich eher unwichtige Sachen und nur selten über ihre Sorgen und Gedanken. Da erhoffe ich mir in den Folgebänden deutlich mehr. Es wirkt einfach so, als hätte die Autorin mehr darauf gebaut, die geschwisterliche Beziehung zu beleuchten – das ist ihr auch gut gelungen. Die drei Schwestern sind super quirlig und mitreißend. Ich habe viel gelacht über sie. Aber eigentlich bin ich ja für die Lovestory gekommen. Die macht zum Ende hin dann große Sprünge und trägt hier und da auch etwas zu dick auf, die wenigen Momente von Ella und Jae-Yong sind aber durchaus süß ausgearbeitet worden.

Was mich etwas ratlos zurückgelassen hat, ist allerdings das Ende. Es ist ein klassisches Drama-Ende, was für mich in dieser Form zu erwarten war (vielleicht nicht zwingend als Ende von Band 1, aber es war klar, dass es im Laufe der Reihe so kommt). Es hat mich nicht gestört, dass es daher ein Stück weit vorhersehbar war. Mehr gestört hat mich, dass es für mich nicht ganz stimmig war. Jae-Yong, der weiß, wie viel für ihn auf dem Spiel steht, wirkt für mich zwischendurch etwas zu sorglos. Es wirkt oft so, als würde ihn der Ruhm nicht sehr glücklich machen und er wünscht sich, mit Ella normal sein zu können. Das geht aber nicht so einfach. Auf der Suche nach Normalität geschieht daher das zu erwartende Unglück, was eine Lawine auslöst, die alle mühsam aufgekeimten Gefühle verschluckt. Und hier kommt vor allem der Punkt zu tragen, dass Ella und Jae-Yong für mich bisher nicht aus der Phase des Verknalltseins herausgekommen sind, weshalb die im Raum stehenden Themen und die finale Frage in Stück weit überzogen wirken. Zu früh, zu viel. Daher blieb der Herzschmerz, den ich in solchen Momenten eigentlich immer spüre, auch aus. Leider. Dennoch möchte ich natürlich wissen, wie es weitergeht, aber eben nicht, weil mein armes Herz so leidet, sondern mein Verstand einfach daran interessiert ist.

Eine Stärke des Buches sind jedoch Einblicke in eine Kultur und ein Medienwelt, die bisher in Büchern relativ wenig Beachtung fand: Die Koreaner und ihre Entertainment-Industrie unterscheiden sich in vielen Punkten von der westlichen Welt. Daher war ich sehr gespannt, wie das Thema K-Pop und das Leben von Idolen dargestellt wird. Zwar habe ich nie Zugang zur Musik gefunden, die Art der Darstellung fand ich aber schon seit jeher interessant. Es gibt wenige Bücher, die das Thema aufgreifen. Vor einiger Zeit las ich etwa „Your Smile“ von Cheryl Kingston, wo es auch um einen koreanischen Rising Star geht und seine Einschränkungen, die durch die Industrie auferlegt werden. Das Buch konnte mich wirklich sehr begeistern. Die Autorin hat das hier auch ganz gut angesprochen und zwischendurch immer wieder interessant verpackt. Ich erhoffe mir in den Folgebänden auf jeden Fall noch mehr Einblicke. Auf jeden Fall ist das Buch auch für Nicht-Kpop-Fans geeignet.

Etwas, was mir in diesem Buch aber wieder aufgefallen ist und was mich irgendwie etwas stört: Es ist offenbar bei LYX Pflicht, eine gewisse Anzahl an Fandoms im Buch einzubauen. Jae-Yong und Ella beleuchten Harry Potter in ihren Gesprächen, sie machen zwischendurch Anspielungen auf die Bücher und Filme. Zudem spielt Disney für Ella offenbar eine große Rolle. Es werden einige weitere Buchtitel erwähnt. Natürlich ist Ella auch der absolute Bücherwurm, es gibt ein Date in einem Buchladen und glücklicherweise liebt auch Jae-Yong Bücher. Es tut mir Leid, aber auf Dauer wirkt es einfach so gewollt. In jedem LYX-Buch von deutschen Autorinnen ist es immer wieder das gleiche. Es nervt mich ehrlich gesagt, in Büchern über andere Bücher, Filme, Serien und sonstige Fandoms zu lesen.

When we dream ist insgesamt ein vielversprechender Auftakt einer Reihe, die zwar bekannte Genrestereotypen ein Stück weit bedient, zugleich aber eigene Wege geht. Zwar konnte mich das Buch anfangs nicht wirklich abholen und plätscherte für mich eher so dahin, die zweite Hälfte überzeugte mich dann aber wesentlich mehr. Leider fehlt es dem Buch bisher noch etwas an Tiefe und es wirkt noch recht unfokussiert. Für eine greifbare Liebesgeschichte muss noch ordentlich was draufgelegt werden, denn bisher ist es eher eine lauwarme Schwärmerei. Entsprechend wirkt das Ende auch etwas überzogen. Nichtsdestotrotz hatte ich viel Freude beim Lesen, da es eine niedliche, fluffige Geschichte ist, die auch mit ihren Nebenhandlungen für so manche Lacher sorgt. Es ist Luft nach oben, aber dennoch vergebe ich eine Leseempfehlung. Man sollte nur nicht allzu viel erwarten.

Bewertung: ★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]