432 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im ONE-Verlag am 28.02.2020 |
„Egal, wie sehr ich mich auch dagegen wehre, ich werde die Schatten meiner Vergangenheit niemals abschütteln können. Sie werden immer ein Teil von mir sein. Ob ich will oder nicht.“
(Jeff in Verloren sind wir nur allein)
Worum geht’s?
Nach dem Tod ihres Vaters leidet Sky. Zu groß ist der Schmerz. Als dann ihre Mutter ihr eröffnet, dass sie einen neuen Partner hat und die beiden nach Texas ziehen, bricht für Sky eine Welt zusammen. Weg von ihren Freunden und vom Grab ihres Vater ist sie gezwungen, sich neu einzuleben. Doch daran denkt Sky gar nicht: Sie will weg. Deswegen stößt sie alle von sich, um gar nicht erst Freundschaften aufzubauen. Aber Jeff, Neffe von Skys neuen Stiefvater, gibt nicht so schnell auf. Er möchte Sky zurück ins Leben holen. Mit seiner gutgelaunten Art eckt er bei Sky allerdings eher an. Jedoch beginnt Sky sich zu fragen, ob er wirklich so ein Sonnenschein ist, wie er immer vorgibt. Denn es scheint so, als würde auch Jeff ein dunkles Päckchen der Vergangenheit mit sich tragen. Kann er Sky zurück ins Licht holen oder wird sie endgültig in ihrer Trauer untergehen?
Das Buch ist in sich geschlossen und ein Einzelband.
Schreibstil / Gestaltung
Das wunderschöne Cover mit einem tollen Blumenmuster wirkt
verspielt und niedlich, gibt jedoch keine Hinweise auf den Inhalt preis. Es
wirkt dennoch ansprechend und ist ein schöner Hingucker.
Das Buch wird durch Sky und Jeff in der Ich-Perspektive erzählt, wobei nur Jeffs Parts entsprechend übertitelt sind. Das Buch verläuft chronologisch. Der Schreibstil ist sehr locker und angenehm zu lesen, das Buch passt sprachlich im Bereich Jugendbuch und junge Erwachsene. Das Buch enthält keine erotischen Inhalte und ist auch frei von Kraftausdrücken.
Mein Fazit
Verloren sind wir nur allein ist mein erstes Buch von Mila Summers, die bisher offenbar vorrangig im Bereich der Liebesromane tätig war und sich hier ans Young Adult Genre heranwagt. Die sehr niedliche Aufmachung und ein gut klingender Klappentext haben mich dazu gebracht, dieses Buch lesen zu wollen. Beührende Liebesgeschichte über die heilende Kraft der Liebe? Das klingt fantastisch. Doch leider, leider hat sich das Buch am Ende als etwas anderes entpuppt.
Es gibt Bücher, die überzeugen mit ihren Charakteren. Es gibt Bücher, die überzeugen mit ihrer Handlung. Hier ist beides nicht wirklich der Fall. Ein Buch steht und fällt einfach mit seinen Protagonisten und hier hat Sky volle Arbeit geleistet, dass das Buch fällt. Schon nach wenigen Seiten geht ihre kratzbürstige Art einem so auf die Nerven, dass man wenig Lust hat, weiterzulesen. Doch geprägt von Trauer und überfordert von dem neuen Umfeld kann man nun schonmal so sein. Deswegen wurde fleißig weitergelesen. Doch es wird nicht besser. Fast schon verzweifelt habe ich danach gesucht, zu verstehen, in welche Richtung das Buch gehen möchte. Es ist von allem ein bisschen, aber von nichts wirklich etwas Komplettes. Hier wird viel Highschool-Leben eingestreut, es gibt ein wenig Ranch-Leben mit Tieren, es gibt das klassische American Way of Life mit Festen, Feiern und einem Schulball, die wirklich absolut stereotypischen Klischees (die zickige Cheerleaderin, der sweete Footballstar, die etwas untypischen Außenseiter). Aber alles wirkte so gewollt zusammengewürfelt, dass es wie ein Abziehbildchen einer Vision wirkte, die nicht beim Herzen ankam. Vielleicht waren es zu viele Aspekte, die abgedeckt werden sollten, denn Trauer, der Umzug, neue Freunde, neue Liebe, der Zwist mit der Mutter, Mobbing an der Schule – es ist jede Menge thematischer Ballast, der an die Geschichte gefesselt ist. Es blieb aber einfach viel im Dunkeln, wieder anderes wirkte sehr sprunghaft und willkürlich. Das erste Drittel des Buches ist ein zäher Einstieg in die neue Stadt und den Start an der neuen Schule, das zweite Drittel dann Highschooldrama in Reinkultur und das letzte Drittel dann so überrumpelnd dramatisch, dass es fremd wirkte. Vor allem aber das Ende sorgte bei mir für viel Unmut: Schlag um Schlag wird die Geschichte vorangetrieben, natürlich hochdramatisch und eigentlich emotional – eigentlich sage ich deshalb, weil es mein Herz nicht erreichen konnte, da ich bereits vorher keine wahre Verbindung zu Sky aufbauen konnte. Jedenfalls gibt es noch zahlreiche ungelöste Probleme, Fragen und Umstände, dennoch wird radikal fix das Buch beendet. Das wirkte unstimmig und gehetzt, zumal vorher auf über 300 Seiten so viel Belangloses eingestreut wurde. Im Grunde kann man sagen: Es passiert nicht viel, aber wenn etwas passiert, wird es schnell wieder abgehakt. Das betrifft nicht nur das Ende mit der Story um Skys Mutter, sondern etwa auch Jeffs Geheimnis und Geschehnisse auf Festen.
Damit einhergehend war es für mich auch schwer, der sich entwickelnden Lovestory zu folgen. Jeff, der als Neffe des neuen Stiefvaters in die Story tritt, ist direkt von Anfang an auf Sky eingeschossen. Dass er eigentlich eine Freundin hat, wird gar nicht wirklich thematisiert, sondern allenfalls dadurch eingeflochten, dass er sich innerlich über die Oberflächlichkeit der Beziehung aufregt. Jeff tut alles dafür, Sky nahe zu sein, für Sky dazusein, sie aus ihrem Schneckenhaus zu holen. Sky hingegen tut alles, ihn von sich zu stoßen, sich über ihn aufzuregen und sich über seine Aufmerksamkeit aufzuregen. Wann und wieso sich das ändert, war für mich nicht greifbar. Auf einer gefühlsmäßigen Ebene war diese Beziehungsentwicklung nicht greifbar und die Beziehungsdynamik, die ebenfalls zwischen sprunghaft und klischeehaft wandelt, ebenso wenig. Es fehlt an Tiefe und die Einblicke in den Kopf der Charaktere sind zwar vorhanden, aber nicht sonderlich aufschlussreich. Natürlich kann man von einem Jugendbuch nicht zu viel erwarten, aber zumindest ein wenig, mit dem man arbeiten kann, wäre hilfreich.
Die Hauptcharaktere in diesem Buch sind Sky und Jeff. Sky präsentiert sich von Anfang an als sehr in sich gekehrt. Sie leidet und trauert immer noch stark, nachdem ihr Vater vor zwei Jahren plötzlich verstarb. Verlustängste, aber auch der Schmerz sind immer noch sehr präsent. Der Umzug in ein neues Leben überfordert sie und macht sie wütend. Entsprechend bissig und gereizt ist sie über viele Seiten des Buches. Ihre Stimmung schwankt häufig zwischen „es ist gar nicht so schlimm“ und „ich möchte hier weg, mich stört alles“. Sky macht es einem extrem schwer, sie zu mögen. In regelrecht zerstörerischer Art fegt sie durch das Buch und ist oft damit beschäftigt, nette Menschen zu verletzen. Jeff hingegen ist der absolute Good Guy. Liebevoll, aufmerksam, stets bereit der Ritter auf dem weißen Pferd zu sein. Als Footballstar ist er an der Schule beliebt, er strahlt mit seinem Megalächeln, obwohl es in ihm ganz anders aussieht. Doch wer ist Jeff eigentlich und was zeichnet ihn aus? Das weiß ich nicht. Ich habe das Gefühl gehabt, dass er viel zu eindimensional war und fast schon mehr Neben- als Hauptcharakter war. Obwohl er eigene Kapitel hat, fand ich mich wenig in seiner Gedankenwelt wieder, denn selbst in seinen Gedanken steht Sky im Fokus. Die zahlreichen Nebencharaktere (von Freunden über Familie über Schulkameraden) waren zwar alle ganz nett, bleiben aber auch oberflächlich und spiele primär eine ihnen zugewiesene Rolle, die sich oftmals an Klischees und Stereotypen bedient. Hierbei werden aber auch viele Punkte angesprochen oder angedeutet, die aber nie wieder aufgegriffen oder gar beendet werden. Auch muss ich sagen, dass sich einige Entwicklungen nicht unbedingt realistisch angefühlt haben, etwa das direkte Aufnehmen von Sky durch Rachel und April, was binnen Tagen zu besten Freunden führt.
Die Autorin hat sich in meinen Augen viel zu sehr auf Sky versteift. Sky hier, Sky da, Sky überall. Ihre Trauer, ihre Wut, ihre Verzweiflung – stets steht Sky im Vordergrund. Aber zeitgleich wird immer und immer wieder angedeutet und eingebracht, dass die vielen Beteiligten, allen voran Jeff, auch Probleme haben. Diese gehen für meinen Geschmack im Buch aber extrem unter. Das führt unweigerlich dazu, dass man sich fragt: Fehlte die Zeit, um diese Probleme angemessen auszuarbeiten, fehlte die Lust, sie näher zu beleuchten oder wollte die Autorin sie unbedingt noch einbauen, ohne den Willen zu haben, ihnen auch Raum zu geben? Es sind durchaus emotionale und auch durchaus wichtige Punkte dabei, die viele Frage aufwarfen, die niemals beantwortet wurden. Gerade über Jeffs Päckchen der Vergangenheit hätte man in meinen Augen mehr erfahren sollen und müssen. Aber es wurde alles so beiläufig abgehandelt, dass wieder nur Sky im Fokus steht. Warum? Das habe ich nie verstanden. Denn so viel gab es in meinen Augen zu Sky einfach nicht zu erzählen. Ganz unweigerlich führte das sogar dazu, dass mich Sky immer mehr angenervt hat. Sky hier, Sky da. Sie ist das arme rohe Ei, was stets betüddelt werden muss, aber es gar nicht will. Sie schlägt permanent wild um sich, verletzt ihr Umfeld und die platte Erklärung hierfür ist stets ihre Trauer. Verlust ist ein wichtiges Thema und auch ein vielschichtiges, aber hier hatte ich einfach das Gefühl, dass die Autorin eine Ausrede für Skys Verhalten gesucht hat. Bis zu einem gewissen Grad ist ihr Handeln und ihre emotionale Instabilität damit ja erklärbar, aber irgendwann ist meine Toleranzgrenze auch erreicht gewesen. Sky ist nicht der einzige Mensch, dem Leid erfahren ist, sie tut aber so. Ich konnte Sky einfach nicht verstehen – vielleicht wollte ich sie aber auch nicht verstehen. Wie eine Abrissbirne ist sie zu jeder Zeit zielgerichtet damit beschäftigt, treffsicher Jeff, ihre Mutter und ihren neuen Stiefvater zu verletzen. Anfangs habe ich es ja noch verstanden (der Umzug, die neuen Leute, Jeffs übergriffiges Verhalten), aber irgendwann einfach nicht mehr. Es wirkte dann nur noch so, als würde sie aus Prinzip gegen alles und jeden sein.
Leider muss ich insgesamt sagen, dass „Verloren sind wir nur allein“ nicht abliefern konnte. Das Buch fällt mit seiner Protagonistin, die so unsympathisch ist, dass man nicht mit ihr mitleiden kann. Das Buch wirkt über weite Strecken handlungsarm und die so entstandenen Längen werden durch die plötzlichen Geschehnisse nicht aufgehoben. Das Buch lässt sich dafür aber locker-leicht lesen und man kommt gut durch. Es ist nur leider allenfalls ein Buch für Zwischendurch, was so viel mehr hätte sein können, man aber so nur das Gefühl hat, keine richtige Verbindung aufbauen zu können. Sehr schade!
Bewertung: ★★☆☆☆
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]