30.09.2019

A. V. Geiger - Follow me back (Follow me back 1)

368 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im LYX-Verlag am 30.09.2019
„Ich dachte nur, dass am Ende jemand hier sein würde, der tatsächlich mit mir zusammen sein will.“
(Tessa in Follow me back)

Worum geht’s?

Nach einem schrecklichen Erlebnis verbarrikadiert sich Tessa in ihrem Zimmer. Unter einer Angststörung leidend traut sie sich kaum, ihr Zimmer zu verlassen, ganz zu schweigen davon, das Haus zu verlassen. Als sie über Twitter eine Fanfiction über ihr Idol Eric Thorne postet, sammelt sie plötzlich zig tausende Follower, mit denen sie über den Superstar redet. Eines Tages kommt ein weiterer Follower dazu. Was Tessa nicht ahnen kann: Es ist Eric, der eigentlich seinen Frust über die verblendeten Follower herauslassen möchte. Aber Tessa ist anders und so entwickelt sie eine Onlinefreundschaft zwischen den beiden. Als sie dann endlich aufeinander treffen wollen, endet alles in einer Katastrophe…

Follow me back ist der erste Teil einer Dilogie und nicht in sich geschlossen. Das Buch endet mit einer Enthüllung, die die Thematik für Band 2 vorgibt, die Grundthematik aus Band 1 ist allerdings abgeschlossen.


Schreibstil / Gestaltung

Das Cover von Follow me back ist in dunklen Farben gehalten, die mich sehr ansprechen, aber keinen Hinweis auf den Inhalt oder gar das Genre des Buches zulassen.

Das Buch verläuft linear (mit Ausnahme der Polizeivernehmungen, welche den Tag am Ende des Buches markieren) und wird in der dritten Person mit wechselndem Fokus erzählt. Die Perspektivenwechsel geschehen teilweise mitten im Kapitel und werden nicht gesondert ausgewiesen, es ist jedoch erkennbar, wer aktuell im Fokus steht. Der Schreibstil ist locker und gut lesbar. Sprachlich passt das Buch gut in den Bereich junge Erwachsene und auch den Charakteren altersangemessen. Das Buch hat keine sexuellen Inhalte. Zwischendurch werden immer wieder Tweets, Privatnachrichten und Polizeivernehmungen eingeführt.

Mein Fazit

Follow me back war eines der Bücher, auf das ich mich bei LYX dieses Jahr am meisten gefreut hatte. Der Klappentext klang sehr ansprechend und durch den Social Media Bezug war ich wirklich sehr interessiert. Am Ende sollte sich das Buch jedoch als etwas ganz anderes entpuppen, als ich je erwartet habe. Statt zuckersüßer Lovestory wie bei Cinder & Ella gibt’s hier Hochspannung, Sozialkritik, Dramen und jede Menge Tiefgang!

Der Einstieg in das Buch fiel mir relativ leicht. Die Geschichte hat ihre ganz eigene Dynamik, die einen direkt gefangen nimmt. Wir lernen Tessa kennen, die nach einem Erlebnis vor wenigen Monaten schlagartig ihr Sommercamp abgebrochen hat und seitdem nicht mehr wirklich aus ihrem Zimmer gekommen ist. Sie wird von regelmäßigen Panikattacken und Angstanfällen heimgesucht und von Anfang an merkt man, wie schlecht es ihr geht und wie verzweifelt sie ist. Ihr Tor zur Welt ist Twitter geworden – hier kann sie anonym den Sänger und Schauspieler Eric Thorne anschmachten und sich mit Gleichgesinnten austauschen. Eric Thorne ist jung, gutaussehend und erfolgreich. Aber er ist nicht glücklich, denn er lebt in ständiger Angst. Zu viele Menschen, zu viele Gefahren, zu wenig Rücksicht. Es macht ihn verrückt. Und auch sein Management und seine Plattenfirma nehmen ihn nicht ernst. Auf einmal kommt ihm die Idee, zurückzuschlagen, indem er sich online als Taylor selbst schlechtmacht – und so in Kontakt mit Tessa gerät. Nach einem mehr als holprigen Start fassen die beiden immer mehr Vertrauen zueinander. Doch Tessa kann nicht wissen, wer sich wirklich hinter Taylor verbirgt. Und noch weniger können beide wissen, dass im Hintergrund noch andere Gefahren lauern. Sind sie Fans oder sind sie Hater?

Follow me back ist in so vielen Hinsichten kein typisches LYX-Buch. Zunächst das Offensichtliche: Es ist keine klassische rosarote Liebesgeschichte. Die Charaktere haben ihre Päckchen zu tragen und davon nicht zu wenige. Das gesamte Buch ist recht negativ gehalten, einerseits durch Tessas Leben und die Teilhabe an ihren Therapiestunden, andererseits aber auch durch Eric, der die Vorstellung der Traumwelt Superstar Seite für Seite demontiert. Es sind aber auch die vielen wichtigen Themen, die angesprochen werden und zum Nachdenken anregen. Das Buch befasst sich so unter anderem mit dem Thema Stalking, der Obsession gegenüber Prominenten, dem Catfishing-Phänomen und dem oftmals fehlendem Verständnis der Gesellschaft für psychische Probleme. Und diese ganzen Themen setzt die Autorin wirklich klasse um. Das Buch ist vielschichtig, undurchsichtig und fesseln, zugleich ertappt man sich vielleicht an der ein oder anderen Stelle auch selbst.

Selten passiert es mir, dass ich bei einem Buch lange planlos bin, wie sich alles entwickeln könnte. Ich habe dutzende kleinere und größere Theorien beim Lesen entwickelt, die meistens nicht zutrafen oder nur im Kern in die richtige Richtung liefen. Es war faszinierend, wie hilflos man durchs Buch manövriert, zugleich aber merkt, dass etwas Großes und Schreckliches im Hintergrund lauert, man aber die Puzzleteile nicht ganz zusammenkriegt. Als sich am Ende alles entwirrte, war ich begeistert und schockiert zugleich. Während des Lesens saß ich so oft den Atem anhaltend vor dem Buch und konnte nur weiterblättern und weiterblättern, weil ich wissen wollte, was kommt. Das Buch verdient den Namen Pageturner auf jeden Fall. Insbesondere durch die Polizeivernehmungen wurde ich regelmäßig auf die falsche Fährte geführt, obwohl ich zugleich dachte, dass alles keinen Sinn ergibt.

Die Autorin hat in mir aber auch zahlreiche Emotionen hervorgerufen. Da war Mitleid mit Tessa und Eric, die beide so eingeschränkt waren in ihrem Leben, man konnte ihre Unzufriedenheit spüren. Dann war da jede Menge Wut, insbesondere auf Eric Manager, der seine Ängste nicht ernstnimmt, und Tessas Mutter und Tessas Freund Scott, die beide komplett empathielos Tessa als schwach darstellen und ihr die Schuld an ihrer Lage geben, sie würde es ja gar nicht anders wollen. Ich habe jede Menge Hoffnung gefühlt, da ich gehofft habe, Tessa und Eric können sich gegenseitig retten. Da war jede Menge Angst, als man erfasst hat, was wirklich passiert ist und was nun geschehen könnte. Ich habe eine Mischung aus Abneigung und Verblüffen für die Fans empfunden, die online ihre Stars anschmachten. Ja, dieses Buch kann sehr viel in einem hervorbringen.

Das Buch endet mit einem guten, nicht vorhersehbaren Ende, was auch nicht ganz in die Bilderbuch-Romantikschiene passt, aber einen würdigen Abschluss der Story bietet. Theoretisch ist Follow me back in sich geschlossen, denn die Thematik des Buches ist erledigt. Doch dann kommt an Ende eine weitere Polizeivernehmung, die plötzlich alles über den Haufen wirft, tausend Fragezeichen mit sich bringt und einen Zwiespalt hervorruft, ob man sich etwas Derartiges vorstellen kann. Ich bin daher sehr gespannt auf Tell me no lies und die Erklärung, was es mit dieser letzten Vernehmung auf sich hat.

Insgesamt ist Follow me back ein tolles, hochspannendes Buch mit jeder Menge versteckter Sozialkritik, zwei untypischen Protagonisten und einer twistreichen Story, die bis zum Ende undurchsichtig bleibt und einen dafür umso mehr schockiert. Ein gelungener Pageturner, der wohl am ehsten im Bereich Romance Thrill anzusiedeln ist, und absolut Lust auf Band 2 macht.

Bewertung: ★★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]