29.08.2019

Penny L. Chapman - Silent Sinners (Confined 2)

540 Seiten, erschienen als eBook und Taschenbuch am 01.09.2019 als Self-Publisher
„Sie sah aus wie eine Porzellanpuppe. Zu schade, dass Porzellan in den falschen Händen leicht zerbrach.“
(Dario über Aubrey in Silent Sinners)

Worum geht’s?

Dario Santoca ist der Unberechenbarste der Skulls. Brutal, explosiv, rücksichtslos und absolut tödlich gibt es in seiner Welt kein Licht, nur Dunkelheit – und Blut. Und er sinnt auf Rache. Sein Ziel? James Lacroux. Sein Racheplan steht schon, doch als sich jetzt eine Möglichkeit bietet, seinem Racheplan noch eine neue Idee hinzuzufügen, schlägt er zu. Aubrey Lacroux, rein und unschuldig, wird von ihrem Vater James wie eine Gefangene in einem goldenen Käfig gehalten. Zur ihrer eigenen Sicherheit, sagt er. Denn die Santocas hätten noch eine Rechnung mit ihm offen. Aubrey versteht die Welt nicht mehr, immerhin waren sie jahrelang ihre engsten Freunde, Und ausgerechnet Dario, der sie stets beschützt hat, soll jetzt zu ihrer größten Gefahr werden… Ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt. Und hierbei werden die Karten auf den Tisch gelegt. Denn der Vergangenheit kann man nicht entkommen…

Silent Sinners ist Band 2 der Confined-Reihe. In jedem Buch geht es um ein anderes Mitglied der Skulls, in diesem Fall um Dario. Die Geschichte um Dario und Aubrey ist in sich geschlossen, es werden keine Vorkenntnisse aus Band 1 benötigt. Um die Skulls besser zu verstehen, empfiehlt sich allerdings, Nightfall zu lesen.


Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist deutlich düsterer und prägnanter gestaltet als Nightfall. Es passt sehr gut zum Buch und zur Dark Romance Thematik und würde auf jeden Fall meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Durch die rötliche Farbgebung wird man entfernt an Blut erinnert und die Hände mit dem „Beast“-Tattoo erinnern an Dario, während das Kreuz an Aubrey erinnert. Ich finde das Cover wirklich sehr gelungen.

Die Geschichte wird in der Gegenwart linear erzählt, es erfolgen aber immer wieder kleinere Flashbacks zu bestimmten Situationen in der Vergangenheit, wobei die Vergangenheitsmomente nicht linear verlaufen und unterschiedliche Jahre abdecken. Die Geschichte wird sowohl aus Sicht von Aubrey als auch von Dario jeweils in der Ich-Perspektive erzählt. Das Buch enthält explizite Sprache, sexuelle Inhalte und Gewalt, wobei in allen drei Punkten auf Niveau und Angemessenheit geachtet wird. Das Buch enthält keine expliziten Schilderungen körperlicher Gewalt, es können jedoch triggernde Inhalte vorkommen.

Mein Fazit

Vater vergib mir, denn ich habe gesündigt. Ich habe dem Teufel über die Schulter geguckt, wie er getrieben von Rache dabei war, ein unschuldiges Mädchen zu verderben und in den Abgrund zu stürzen. Wollte ich ihn aufhalten? Zu keiner Zeit. Tat das arme Mädchen mir Leid? Auf jeden Fall. Doch konnte ich mich abwenden oder etwas dagegen tun? Nein, denn der Teufel hatte mich in seiner Hand, hat mich gefesselt mit seiner Dunkelheit und, obwohl er schrecklich, brutal, gefährlich und rücksichtslos ist, wollte ich an seiner Seite bleiben, während er seine Erfüllung sucht. Nie hätte ich geahnt, dass er auch mich in den Abgrund reißen, meine moralischen Werte über den Haufen und meine Toleranz prüfen wird.

Wir lernen zu Beginn die 17-Jährige Aubrey kennen, die in einem von ihrem Vater gebauten Luxusgefängnis sitzt, nicht zur Schule darf und auch sowieso permanent unter Aufsicht bleibt. Die süße und unschuldige Aubrey, die uns schon bald zeigt, dass sie sich ihrem Schicksal nicht fügen möchte und insgeheim gegen ihren Vater rebelliert. Sie versteht nicht, wieso ihr Vater sie regelrecht gefangen hält, wieso er solch Angst vor Dario und Darios Vater hat. Dario hingegen macht von Anfang an klar, was er will: Rache an Aubreys Vater. Und wie kann er dies am besten erreichen, außer die unschuldige Aubrey zu verderben? Und so beginnt ein nervenaufreibender Kampf zwischen Rache, Lust und Wut, in dessen Verlauf sich immer mehr Abgründe auftuen und gut verborgene Geheimnisse ans Tageslicht gezerrt werden. Wird Dario Aubrey zerstören, um Rache an James zu nehmen, oder kann Daddys kleines Mädchen dem bösen Wolf gerade noch entkommen, bevor sie die Hölle kennenlernt? Und vor allem: Will sie überhaupt entkommen?

Silent Sinners ist ein Buch, was an die Nieren geht. Der Einstieg in die Geschichte gelang mir anfangs nicht so gut. Die in Silent Sinners thematisierte Grundgeschichte um Dario und seine Rache ist sehr facettenreich und komplex, bewegt sich auf verschiedenen Ebenen und strahlt zugleich in verschiedene Beziehungen aus. Dort gibt es Dario mit seinen Rachegelüsten gegenüber James, aber auch die Beziehung zwischen Dario und seinem Vater und seine komplizierte Beziehung zu seiner Schwester Leo spielt eine Rolle. Im Vordergrund steht allerdings das Verhältnis zu Aubrey, wie es einst war und wie es jetzt ist. Dann gibt es da noch Aubrey und ihren Vater, in deren Beziehung auch einige Schwierigkeiten liegen, und im Hintergrund gibt es noch Leo. Nachdem ich gedanklich alle Stränge durchsortiert habe, fiel mir das Buch deutlich leichter. Nach etwa einem Drittel hatte das Buch mich dann vollendens abgeholt und ich wollte nur mehr wissen, mehr verstehen und noch mehr hoffen, auch wenn ich wusste, dass Dario von Seite zu Seite mein Herz und meine Seele mehr schänden wird. Es wird sehr viele Enthüllungen geben, sehr viele Geheimnisse und noch mehr Abgründe. Ich habe einen Großteil hiervon nicht erwartet, andere wiederum schon oder zumindest so in dieser Richtung. Die Geschichte war stets spannend, undurchschaubar und unberechenbar. Denn Dario kann seine Meinungen sehr schnell ändern und es gibt auch einige Situationen, die sich anders entwickeln oder etwas anderes darstellen als zunächst angenommen.

Etwas weniger im Fokus der Geschichte stehen dieses Mal die Skulls. Zwar kommen Silas und Arian gelegentlich vor (vor allem Silas, bei dem man bereits die ersten Impulse für einen möglichen Band 3 vorgelegt bekommt), allerdings im Vergleich zu Nightfall doch eher untergeordnet und allenfalls unterstützend. Etwas schade fand ich, dass die Beziehung von Ryen und Arian aus Band 1 nicht mehr wirklich thematisiert wurde, vor dem Hintergrund der Unabhängigkeit der Bücher kann ich jedoch auch verstehen, wieso hier nicht mehr gemacht wurde, denn so bleibt Silent Sinners eigenständig lesbar. Dafür wird man mit ein wenig mehr Informationen über die Skulls gefüttert, vor allem wie sie zueinander gefunden haben und zu den Skulls wurden.

Heiß her geht es auch hier wieder. Wie in den meisten Büchern der Autorin bewegen sich die Erotikszenen gern auch mal etwas abseits der Norm. So ist es auch hier teilweise. Die komplett unerfahrene Aubrey wird von Dario Stück für Stück verdorben und hierbei tritt auch eine Art Vorliebe zum Vorschein, die mich überrascht hat. Ich muss sagen, dass es mir etwas Bauchschmerzen bereitet hat, dass Aubrey noch minderjährig ist, auch im Hinblick auf die thematisierten Vorlieben. Die Szenen sind allerdings sehr gut und sehr niveauvoll geschrieben, dass ich mich letztendlich dann doch nicht daran gestört habe. Allerdings gibt es auch härtere Szenen, die Dario betreffen, die durchaus schockierend sein können. Man muss sich hierbei stets vor Augen halten, dass Dario ein kaputter Charaktere ist und wir uns im Dark Romance Genre bewegen. Zuckerguss und Blümchensex kann man daher eher weniger erwarten.

Aubrey und Dario sind sehr interessante Charaktere, die sehr gegensätzlich ausgestaltet sind. Dario ist erwartungsgemäß der wahrgewordene Alptraum und absolut unberechenbar. Je mehr man über seine Vergangenheit erfährt, desto mehr fängt man an, ihn in irgendeiner Art zu verstehen. Er ist brutal, er ist rücksichtlos, er ist wie ein wildgewordenes Raubtier, eine tickende Zeitbombe. Aber es ist ein moralisches Dilemma, eine emotionale Verwirrung. Wie kann ein Monster so grausam und zugleich zu bemitleidenswert sein? Penny L Chapman ist dieser schmale Grat sehr gut gelungen, dass man Angst vor ihn hat und gleichzeitig Angst um ihn hat. Schwierige Charaktere liegen der Autorin definitiv. Aubrey hingegen ist süß, unschuldig, aber nicht naiv. Obwohl sie gegen ihren Vater rebelliert, behält sie sich den Glauben an das Gute, dass ihr Vater sie wirklich beschützen möchte. Im Verlauf der Geschichte wird Aubrey zunehmend selbstsicherer, mutiger und bietet ihrem Vater und auch Dario die Stirn, ohne zu „overpowered“ zu wirken und ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Einen Hinweis möchte ich an dieser Stelle noch geben. Das Dark Romance Genre ist davon geprägt, dass man teilweise mit Thematiken konfrontiert wird, die im Alltag nicht allgegenwärtig sind. Man lernt Seiten der Menschheit kennen, die man nicht kennen möchte, und oftmals muss man dabei auch lernen, wie Leute an Sachen zerbrechen können oder zu anderen Menschen werden. Bei Silent Sinners werden einige Thematik angesprochen, die sehr intensiv sind. Es sind Thematiken, die für den ein oder andere vielleicht unverständlich erscheinen und die Charaktere tun Sachen, die man selbst nicht unbedingt machen würde oder die einen auch anwidern können. Diese Szenen können verstörend sein und sie werden die eigenen Moralvorstellungen auf die Probe stellen. Man muss nicht gutheißen, was die Charaktere – insbesondere Dario – in diesem Buch tun. Das ein oder andere, was man in diesem Buch liest, wird wehtun, einem Schlag in die Magengrube gleichkommen und einem die Tränen in die Auge treiben. Aber man sollte versuchen, vor der Gesamtheit des Buches zu verstehen, wie es dazu kommen konnte. Die Autorin hat hier wirklich gute Arbeit geleistet, um das scheinbar Unbegreifliche greifbar zu machen.

Insgesamt ist Silent Sinners ein Teufelsritt durch die Hölle. Das Buch spaltet einen, man ist verwirrt von seinen eigenen Gefühle, irgendwo gefangen zwischen Faszination und Schock, zwischen Abscheu und Hoffnung. Diese Geschichte ist intensiv, sie ist düster und unbeschreiblich stark. Die komplexen Charaktere verursachen eine Gefühlsachterbahn und lassen einem mit einem emotionalen Schleudertrauma zurück. Es ist eine Geschichte, die einem auch über die letzte Seite hinausbegleiten wird, wenn man sich auf sie einlässt und sich traut, dem Teufel ins Gesicht zu schauen. Ein Buch, bei dem Dark Romance Fans voll auf ihre Kosten kommen werden, sofern sie mehr psychologische Spielchen suchen anstatt ausufernde Sexszenen. Und nach dem Ende kann ich nur hoffen, dass Band 3 nicht allzu lang auf sich warten lässt, denn ich muss mehr über Leo und mehr über Silas wissen.

Bewertung: ★★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, was mir freundlicherweise von der Autorin zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung wurde hierdurch nicht beeinflusst.]