21.08.2019

Penny L. Chapman - Nightfall (Confined 1)

408 Seiten, erschienen als eBook und Taschenbuch als Selfpublisher am 14.09.2019
„Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich habe Angst vor dem Leben.“ 
(Ryen zu Arian in Nightfall)

Worum geht’s?

Sie wirken so düster und gefährlich und dennoch werden sie gefeiert wie Rockstars. Als Ryen das erste Mal auf die Skulls, drei Jungs in schwarzen Hoodies hinter Skelett-Tüchern, trifft, brennen sie gerade ein Auto nieder, umjubelt vom halben Campus. Und Ryen? Sie ist fasziniert. In ihrer Welt gibt es viel Dunkelheit und die Skulls sind eine Art Licht – vielleicht sind ausgerechnet diese Jungs das, was Ryen braucht, um ihren Lebensgeist wiederzufinden. Also versucht sie, Mitglied zu werden. Doch ein Mitglied bei den Skulls wird man nicht so einfach… Arian, Anführer der Skulls, ist fasziniert von Ryen. Er merkt, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Immer wieder überschreitet sie Grenzen und begibt sich in Gefahr. Er ist fasziniert von ihr. Wird er ihr Geheimnis lüften können?

Nightfall ist Band 1 der Confined-Reihe. In jedem Buch geht es um ein anderes Mitglied der Skulls. Die Bücher sind prinzipiell in sich geschlossen, es empfiehlt sich allerdings, die Reihe in der Reihenfolge zu lesen.


Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist ansprechend und sehr farbenprächtig gestaltet. Allerdings vermittelt das Cover fälschlicherweise den Eindruck, es könnte sich hier um ein Fantasy-Buch handeln. Dies hat mich anfangs auch etwas abgeschreckt. Die Farbgebung an sich spricht mich allerdings sehr an.

Die Geschichte wird mit Ausnahme eines entsprechend ausgewiesenen Flashbacks linear erzählt. Die Geschichte wird sowohl aus Sicht von Ryen als auch von Arian erzählt, jeweils in der Ich-Perspektive. Hierdurch erhält man Einblick in die Gedankenwelt, die vor allem Ryen und ihre Handlungen teilweise erklärbarer machen. Die Kapitel aus Ryens Sicht überwiegen im Buch, alle Kapitel sind insgesamt eher umfangreich. Der Schreibstil der Autorin ist sehr gut lesbar, verständlich und sprachlich angemessen. Es wird gelegentlich geflucht und es gibt einige sexuelle Inhalte.

Mein Fazit

Um Nightfall bin ich anfangs sehr lange rumgeschlichen. Der Klappentext und das Cover haben bei mir irgendwie den Eindruck erweckt, es sei ein Fantasy-Buch. Da ich die Unfolding-Reihe der Autorin bereits gelesen (und geliebt!) hatte, wollte ich es dann doch zumindest versuchen. Und was soll ich sagen? Es war der absolute Glücksgriff. Denn dieses Buch ist tatsächlich eines der besten Bücher, was ich bisher gelesen habe.

Der Einstieg in die Geschichte macht direkt neugierig. Man lernt Ryen kennen, die am Todestag einer Freundin einen Friedhof besucht. Man bekommt den ersten Eindruck, dass hier etwas Schreckliches passiert sein muss, die Auflösung wird aber einige Zeit auf sich warten lassen (dafür lohnt es sich – die wird einem die Beine wegreißen!). Man erhält direkt den Eindruck, dass bei Ryen die Emotionen etwas aus dem Gleichgewicht geraten sind und versucht von Seite 1 an zu verstehen, wieso. Ryen wirkt furchtlos, aber zugleich in einer gewissen Art zerbrechlich. Als sie das erste Mal auf die Skulls trifft, ist sie sofort fasziniert. Die Skulls sind geheimnisvoll, gefährlich und wecken in Ryen eine Art Aufregung, die sie lange nicht gespürt hat. Deswegen möchte sie dazugehören und sucht die Skulls abends an ihrem Treffpunkt, einem verlassenen Freizeitpark, auf. Die Skulls geben vor, dass sie mit Bestehen der Prüfungen zu ihnen gehören kann. Aber diese Prüfungen haben es in sich. Und schon bald befindet sich Ryen in einem Teufelskreis aus Angst und Adrenalin. Und dabei geht sie über so manchen Grenzen hinaus. Und der Leser fragt sich stets: Wofür versucht sie zu fliehen? Und dann ist da auch noch Arian, der zu merken scheint, dass mit Ryen etwas nicht stimmt. Wird er sie vor der Dunkelheit retten können?

Penny L Chapman spielt bei Nightfall Katz und Maus mit dem Leser. Dieses Buch führt einen an den Abgrund, stets an der Grenze zum Fallen. Es ist ein Pageturner, der so schockierend und fesselnd ist, dass man ihn nicht aus der Hand legen kann, aber zugleich nicht weiterlesen möchte, weil man weiß, dass es dann vorbei ist. Mit Leichtigkeit versetzt die Autorin den Leser in die Situationen, die Ryen meistern muss. Die Emotionen werde so realistisch geschildert, dass beim Lesen das Herzrasen einsetzt, wenn sie sich in Gefahr begibt, dass man den Schmerz spüren kann, wenn sie über ihr Erlebtes spricht und zugleich die Erleichterung, wenn ihr riskantes Spiel am Ende gutgeht. Das Buch hat mich emotional stark mitgenommen, denn Ryens Gefühle werden so anschaulich geschildert, dass man sie nachvollziehen kann. Vielleicht mag nicht jeder Ryens Art, mit ihren Ängsten umzugehen, gutheißen und man selbst würde vielleicht anders handeln, aber zu Ryen und ihrem Charakter passt diese Art der Vorgehensweise. Storytechnisch lässt sich das Buch grob in Ryens Weg zu den Skulls und Ryens Zeit mit Arian unterteilen, wobei der Weg zu den Skulls sehr gefährlich und sehr schockierend ist, während in der Zeit mit Arian vor allem Ryens und Arians Geheimnisse gelüftet werden und Ryen in einer unbewussten Gefahrensituation ist. Ryens Geheimnis ist ein Schlag in die Magengrube und die Autorin bewegt sich hier hervorragend zwischen genug Informationen, damit es wehtut, aber nicht zu viel, so dass man das Gehirn weiterspinnen und das Grauen zuende denken lässt. Vor allem auch die Gefahr, in der Ryen sich gegen Ende befindet und die damit verbundene Enthüllung hat mich unvorbereitet, unerwartet und eiskalt erwischt. Ich habe mich vielen gerechnet, aber hier wurde ich doch überrascht.

Und dann wäre da noch Arian. Natürlich spielen auch die anderen beiden Skulls Dario und Silas eine Rolle, zudem auch Darios Schwester Leo. Alle drei Figuren sind aber eher Nebenfiguren, die in den anderen Büchern sicher noch viel Platz zum Erzählen kriegen werden. Besonders Dario ist hier sehr interessant, denn er wirkt gefährlich und unkontrolliert. Aber Arian dominiert als männlicher Protagonist dieses Buch. Er ist geheimnisvoll, er ist heiß – und er wirkt noch relativ normal. Er hat ein Geheimnis, was später gelüftet wird und überrascht hat, vor allem zeichnet er sich aber mit einem Engelchen-Teufelchen-Konflikt um Ryen aus. Denn der Skull in ihm will ihr eine Lektion erteilen, der Mann in ihm hat das Bedürfnis, sich um Ryen zu kümmern – nur, dass sie niemanden braucht, der sich um sie kümmert. Schaden tut Arian dennoch nicht. Und so darf man miterleben, wie unweigerlich ein dunkles und ein kaputtes Herz zueinander finden. Und hierbei will man Ryen sicher mehr als einmal zurufen, sie solle bloß die Beine in die Hand nehmen und verschwinden. Arian ist kein Heiliger und das merkt man auch. Würde ich Arian dennoch daten? Mit Sicherheit.

Zwischenzeitlich geht es in Nightfall auch heiß her. Ganz Chapman-like überzeugt die Autorin auch hier wieder mit Kreativität, indem sie eine überraschende Erotiksituation initiiert, die aber derart gut geschrieben ist, dass man einfach gefesselt wird.

Nightfall ist ein Buch voller kaputter Charaktere, die wirklich Ecken, Kanten und Abgründe haben. Es ist kein Buch voller Friede, Freude und Eierkuchen. Es wird düster, es wird gefährlich, es wird schlimm. Ja, manchmal tut es weh. Manchmal muss man durchatmen, doch es fesselt einem zu sehr, als dass man aufhören kann. Ryen und Arian performen absolut überzeugend, die Geschichte bringt von Spannung über Liebe bis zu Schockmomenten alles mit. Nightfall ist einfach nur durch und durch hervorragend geschrieben und es wird einem an die Nieren gehen. Doch es ist es wert! Nightfall wird für immer einen Platz auf meiner Highlight-Liste haben.

Bewertung: ★★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Kindle Unlimited Exemplar.]