28.06.2019

Katie Weber - Hurt me gently (Wrecked 2)


364 Seiten, erschienen als eBook und Taschenbuch am 28.09.2018
„Mein Stolz war zu groß, größer als mein Verstand je war. Und mein Leben… es war ohnehin nichts mehr wert.“ 
(Grayson in Hurt me gently)

Worum geht’s?

Grayson, gutaussehender, schwerreicher Erbe eines Konzerns, hat eigentlich alles – und doch hat er nichts. Und dieses Nichts versucht er verzweifelt, mit Drogen und Frauen zu kompensieren. Als er einen abends unter Drogeneinfluss einen schweren Unfall verursacht, trifft er auf seinen persönlichen Schutzengel: Eden. Das junge Frau wollte nur einen entspannten Abend im Park verbringen und etwas frische Luft schnappen, als sie den Crash bemerkt und Grayson das Leben rettet. Danach fängt alles an, kompliziert zu werden. Denn Eden redet nicht. Seit dem tragischen Selbstmord ihrer Mutter hat Eden ihre Stimme verloren und sitzt in einer psychiatrischen Einrichtung, wohin sie zurückmuss. Doch Grayson denkt gar nicht daran, seinen Schutzengel ziehen zu lassen. Er möchte Eden helfen, ihre Stimme wiederzufinden… Und ganz vielleicht kann Eden ihm auch helfen, seine innere Leere zu füllen…

Hurt me gently ist Band 2 der Wrecked-Reihe von Katie Weber. Für das Buch werden keine Vorkenntnisse benötigt, allerdings kommen die Hauptcharaktere aus Band 1 und den Folgebänden als Randfiguren vor. Es empfiehlt sich daher, die Reihe in der Reihenfolge zu lesen.

Schreibstil / Gestaltung

Auch das Cover von Hurt me gently ist wieder ein absoluter Hingucker. Dieses Mal ist das Cover in silberfarbener Glitzeroptik gehalten und passt somit wunderbar zu Band 1, hat jedoch auch etwas Eigenständiges an sich. Erneut gibt die Gestaltung keinen Hinweis auf den Inhalt, gibt mit der dunklen Farbwahl aber den Hinweis, dass einen hier keine rosarote Liebesgeschichte erwartet.

Die Geschichte wird chronologisch erzählt. Die beiden Protagonisten Grayson und Eden führen abwechselnd in der Ich-Perspektive durch die Geschichte. Die Kapitel werden durch jeweilige Überschrift mit dem Namen der erzählenden Person eingeleitet, wobei auch inhaltlich durch die unterschiedliche Art der beiden Charaktere schnell offensichtlich wird, wer erzählt. Denn beide Protagonisten haben eine eigenständige Persönlichkeit, die im Erzählstil wiederzufinden ist.

Auch bei Hurt me gently kann die Autorin wieder mit ihrem angenehmen, leichten Schreibstil überzeugen. Erneut habe ich das Buch in einem Zug durchgelesen. Das Buch ist für das New Adult Genre sprachlich passend, zudem wird bei dem männlichen Protagonisten erneut ein umfangreiches Konvolut an Flüchen und Kraftausdrücken präsentiert, allerdings etwas weniger als in Band 1 bei Kian. Auch in Band 2 zeigt sich Katie Weber gewohnt wortgewandt, dieses Mal jedoch deutlich emotionaler. Die wenigen Erotikszenen sind stets niveauvoll gehalten.

Mein Fazit

Stark begeistert von Love me Lordly habe ich direkt im Anschluss zu Hurt me gently gegriffen und das Buch an einem Abend direkt weginhaliert. Während ich erwartet hatte, eine dem Band 1 ähnliche Geschichte nur mit anderen Thematik vorzufinden, so war meine Überraschung wirklich groß. Denn die locker leichten Reibereien aus Band 1 sucht man in Band 2 vergebens. Der Fokus hier liegt auf einer emotionalen Geschichte und entsprechend behutsam verläuft Hurt me gently. Mit Grayson und Eden erhält man dieses Mal zwei komplexe Charaktere, die viel in ihrem Leben mitmachen mussten, Verlust erfahren haben und jetzt – jeder auf seine Art – hiermit leben müssen. Als beide aufeinandertreffen, entwickelt sich eine gefühlvolle Achterbahnfahrt, die mich mitgerissen und ergriffen hat.

Als der drogensüchtige Grayson sich eines Abends ans Steuer setzt und einen Unfall verursacht, ist es die süße Eden, die ihn rettet und bis ins Krankenhaus nicht von seiner Seite weicht. Hier ist es Grayson, der sie wiederum nicht mehr gehen lassen möchte, denn er sieht in ihr seinen Schutzengel und entwickelt zudem das Bedürfnis, sie zu schützen. Denn schon bald stellt er fest, dass Eden stumm ist. Langsam entwickelt sich die Geschichte zwischen den beiden, ein verzweifelter Kampf auf beiden Seiten, den jeweils anderen vor seinem persönlichen Abgrund zu retten. Denn mit der Zeit merkt Grayson eine Traurigkeit in Eden und realisiert, dass ihr etwas passiert sein muss, was sie ihre Stimme hat verlieren lassen. Und auch Eden realisiert, dass hinter Graysons Drogeneskapaden nicht nur ein reines Spaßverhalten verborgen liegt. Doch für beiden ist es schwer, ihre Dämonen hinter sich zu lassen, egal, wie sehr sie es wollen.

In diesem Buch sind die beiden Hauptcharaktere Eden und Grayson. Grayson hat bereits in Band 1 einen kurzen Auftritt gehabt und zeigte sich als relativ besonnen, seine Drogenthematik wurde aber bereits angesprochen. In diesem Buch erhalten wir Einblick in sein Inneres und stellen fest, dass sich hinter der harten Fassade ein sehr einsamer junger Mann verbirgt, der in seine Sucht flüchtet. Er und auch seine Freunde wissen, dass das nicht gut ist. Man spürt seinen Schmerz und seinen inneren Kampf, sich betäuben zu wollen, aber zugleich zu wissen, dass das nicht die Lösung seines Problems ist. Als er Eden kennenlernt, sieht er endlich zumindest ein kleines Licht. Doch im Verlauf der Story zeigt sich, dass Eden Lösung und Problem zugleich sein kann – denn seine Angst, wieder jemanden zu verlieren, sitzt so tief, dass er die Beziehung ungewollt torpediert. Grayson zeigt sich oft als sehr liebevoller Charakter, der sich viel um Eden und ihre Belange kümmert. Mit der Zeit findet er auch wieder Freude an Sachen, die er lange nicht gemacht hat. Und dann ist das Eden. Sie redet nicht mehr, irgendetwas blockiert sie innerlich. Sie möchte eigentlich reden, aber ihr Unterbewusstsein bestraft sie und hält sie davon ab. So oft möchte man ihr zurufen, sie kann es und sie wird es schaffen. So oft war ich verzweifelt und traurig, weil sie es nicht geschafft hat.

Hurt me gently ist eine wahre Achterbahnfahrt. Und das hat mir an dem Buch so sehr gefallen. Denn oftmals ist es so, dass das Problem erkannt und das Problem gelöst wird – auch wenn es unrealistisch ist. Mit Eden, die seit einem Jahr schweigt, und Grayson, der bereits länger verschiedene Drogen nimmt, hat man zwei schwerwiegende Probleme. Ich hatte Angst, dass hier einfach rüber gebügelt wird und beide mir nichts dir nichts wieder heil sind – absolut unrealistisch. Doch die Autorin hat sich nicht für diesen Weg entschieden. Sie lässt ihre Figuren immer wieder stolpern und fallen. Sie erlaubt beiden, auch frustriert zu sein, über sich selbst oder den jeweils anderen. Heilung ist kein gradliniger Prozess, sondern ein Auf und Ab. Und das wird hier sehr schön dargestellt. Ebenso fand ich es gelungen, dass professionelle Hilfe thematisiert wird. Denn wie oft hat man es in solchen Büchern, dass „liebe heilt alles“ als einzige Lösung präsentiert wird? Hier nicht und das macht das Buch für mich herrlich realistisch. Ich konnte und wollte mit Eden und Grayson mitleiden und mitfiebern, ob sie sich retten können.

Während ich bei Band 1 noch ein wenig das Störgefühl im zeitlichen Ablauf sah, konnte mich in dieser Hinsicht Band 2 deutlich zufriedener stimmen. In Band 1 umfasste die Story gerade einmal wenige Wochen, Band 2 hingegen umfasst zwar im Kern auch nur wenige Wochen, wird jedoch durch mehrere Zeitsprünge am Ende vorwärts getrieben und spricht hierbei die Charakterveränderungen über die Zeit an. Dadurch hatte man das Gefühl, dass den Charakteren Zeit gegeben wird, sich in ihre Umgebung und ihr „Schicksal“ zu fügen, ohne, dass es überrumpelt wirkt. Das hat mich vor allem aufgrund der Thematik um die Drogensucht und den doch recht langen Zeitraum um Edens Stummheit zufrieden gestimmt, da eine zu schnelle Lösung doch unglaubwürdig gewesen wäre. Denn nicht alles lässt sich in nur wenigen Tagen lösen.

Natürlich gibt es auch in diesem Buch wieder einige Sexszenen, allerdings für das Genre eher ungewöhnlich wenige und auch mit einer eher überschaubaren Länge. Die Szenen sind niveauvoll und nicht plump, sie passen gut in die Handlung. Kurzzeitig hatte ich Sorge, dass die Erotik genutzt wird, um die Beziehung der Protagonisten zu festigen und die eigentlichen Probleme einfach zu übergehen. Diese Befürchtung verlief sich jedoch relativ schnell.

Kleines Highlight war für mich, dass auch Alice und Kian wieder vorgekommen sind und der Leser erfahren hat, wie es mit ihnen weitergeht, ob sie noch zusammen sind und vor allem, wie Alice es mittlerweile geschafft hat, die Jungs um den Finger zu wickeln – Grayson hat sogar Angst vor ihr! Hierbei geraten die beiden aber nie so sehr in den Fokus, dass man von Eden und Grayson abgelenkt wird, man freut sich jedoch trotzdem, dass die beiden da sind und ihre Rolle haben. Für mich haben diese kleinen Auftritte das Buch einfach vollendens rund gemacht.

Am Ende des Buches gibt es noch eine sehr überraschende – und für mich echt nicht zu erwartende - Enthüllung, bei der ich sehr gespannt bin, ob und wie diese sich in den Folgebänden fortsetzen wird und welchen Einfluss sie auf die Jungs-Clique, Eden und die Beziehung zu Grayson haben wird.

Nach dem bereits starken Reihenauftakt Love me Lordly konnte mich die Autorin auch mit Hurt me gently überzeugen. Während mir bei Band 1 vor allem die Dynamik der beiden Charaktere gefallen hat, die sich auch gern mal kabbeln, ist es bei Band 2 die gefühlvolle Art, mit der diese Geschichte transportiert wird. Katie Weber erzählt hier eine emotionale Geschichte von Selbstbestrafung, Verzweiflung und Hoffnung. Eden und Grayson sind zwei gebrochene Charaktere, die sich gegenseitig zu retten versuchen und hierbei auch an ihre Grenzen kommen, stolpern dürfen. Das Buch ist so anders als sein Vorgänger und dennoch genauso stark. Für mich zeigt die Autorin hiermit, wie vielseitig talentiert sie ist – denn sie kann lustig, aber auch ernst. Ich bin gespannt, was uns in Band 3 erwartet, dieses Mal mit Easton. 

 Bewertung: ★★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise von der Autorin überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]