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352 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im LYX-Verlag am 31.05.2019 |
„In dieser Nacht hatte ich einfach zu viel erlebt. Dinge,
die ich mir nicht erklären konnte. Und Dinge, von denen ich nicht sicher wusste,
ob ich sie mir überhaupt erklären wollte.“
(Madi über die Enthüllungen aus Broken Puppet in Silent King)
Worum geht’s?
Nach einem mehrfachen Paukenschlag am Ende von Band 2 steht
Madis Leben Kopf. Alles ist anders, als sie dachte. Hin und her gerissen, ob
sie mit den Kings noch etwas zu tun haben will, kommt sie dennoch von Bishop
einfach nicht los. Sie braucht Antworten, denn so viel, was sie zu wissen
glaubte, ist anders, als sie dachte. Und die Kings müssen feststellen, dass sie
nicht alles geheim halten können und sollten, denn eine mächtige Gefahr steht
im Hintergrund und wartet nur darauf, die Kings und ihre Weltordnung zu
zerschlagen…
Silent King ist der dritte Teil der Elite Kings Club
Buchreihe vom Amo Jones, die voraussichtlich 7 Teile haben wird. Man benötigt
Vorkenntnisse aus Band 1 und 2, das Buch kann nicht eigenständig gelesen
werden.
Schreibstil / Gestaltung
Das Cover von Silent King passt sich wunderbar in die Reihe
ein. In schwarz gehalten und schlicht erzeugt es die düstere Atmosphäre, die
auch das Buch ausmacht. Die männlich anmutende Krone passt zum Titel.
Anders als die beiden Vorgängerbände erhalten wir dieses Mal
nicht nur Einsicht in Madis Erzählung, sondern auch Bishop berichtet
zwischendurch in der Ich-Perspektive, allerdings nicht in einem 50/50
Verhältnis. Außerdem gibt es in einigen Kapiteln mittendrin einen Sprung zu
Daemon, die Sprünge werden entsprechend übertitelt. Der Erzählerwechsel bei
Madison und Bishop wird nicht gesondert ausgewiesen, man weiß zum Kapitelstart
also nicht, wer erzählen wird. Allerdings erkennt man dies durch den Sprachstil
meist schnell. Die Geschichte ist größtenteils linear aufgebaut, es gibt
allerdings einige Zeitsprünge nach vorne und nach hinten In einigen Kapitel
erleben Madison und Bishop zudem einige Flashbacks, die durch Kursivschrift
sofort erkennbar sind. Strukturell ist Silent King hiermit etwas aufwendiger zu
verstehen.
Der gewöhnungsbedürftige Schreibstil der Autorin, den ich
als ruppig und sprunghaft beschreiben würde, ist in diesem Buch nicht so
ausgeprägt wie in den beiden Vorgängern. Zwar bleibt es bei größtenteils kurzen
Sätzen und vielen Gedankensprüngen, allerdings wirkt Band 3 strukturiert. Dennoch
bleibt Silent King wie seine Vorgänger wirr und unkontrolliert, was zum Inhalt
hervorragend passt und finde es als atmosphärisches und charakterliches
Stilmittel sehr passend. Auch in Band 3 geizt die Autorin nicht an
Kraftausdrücken, insbesondere die Kapitel aus Bishops Sicht enthalten eine für
Bishop angemessene Dosis deutlicher Sprache.
Mein Fazit
Die Elite Kings. Kontrovers, wirr, absurd, verkorkst – es gibt
so viele Adjektive, die mir einfallen, wenn es um die Reihe geht. Doch wie
erklärt man seine Begeisterung für ein Buch, was sich so schwer in Worte fassen
lässt, was mit dem Leser spielt und Spaß daran hat, ihn an den Rand der Verzweiflung
zu treiben? Ich habe Silver Swan geliebt, weil es unkontrolliert und unerwartet
war. Ich habe Broken Puppet geliebt, weil es von Seite zu Seite alles Geglaubte
stets demontiert hat und den Leser immer wieder neu verblüfft hat – mit vollkommen
absurden Handlungssträngen und schockierenden Enthüllungen. Und ja, ich habe auch
Silent King geliebt. Doch warum?
„Mein Leben war eine Art Enzyklopädie, in die ständig neue
Informationen eingetragen wurden, sodass ich es unaufhörlich ändern und
umschreiben musste.“
(Madi in Silent King)
Diese Antwort ist sicher nicht einfach und mit einem Satz zu
geben. Das Buch steigt mit einem kurzen Rückblick auf das Ende von Broken
Puppet direkt wieder ins Geschehen ein. Erwartet der Leser, dass Madi sich
jetzt auf die Suche nach Antworten begibt, so wird man enttäuscht. Denn zunächst
geht es vollkommen unerwartet um die instabile, schwierige Beziehung zwischen
Madi und Bishop. Denn Madi hat das Bedürfnis, Bishop eins auszuwischen und macht
mit Nate und Brantley rum. Hier lag der erste Test für den Leser – es war ein
wahrer „was zum Teufel“-Moment. Doch vielleicht war er auch notwendig, um mich
daran zu erinnern, dass die Elite Kings auf einem ganz anderen Level spielen.
Aus diesem Intermezzo folgt eine komplizierte Rache-Wut-Entwicklung zwischen
Madi und Bishop. Ihre Beziehung ist toxisch, so könnte man es wohl am besten
beschreiben. Aber: Durch diesen kleinen Umweg erhält man Einblicke in Bishops
Psyche, die Bedeutung von Madison für die Kings und die Macht des
Zusammenhalts. Und diese Einblicke benötigt man. Denn nach etwa einem Viertel
ist das Buch wieder in seinen Heimatgewässern: Es wird wirr, es wird
geheimnisvoll und es wird verdammt gefährlich. Madi und auch der Leser erhält
einige Antworten, einige Puzzleteile fügen sich zusammen, wieder andere
hingegen zeigen sich als Blendgranate. Lange saß ich da, las Seite um Seite und
wusste nicht, wo mich Amo Jones hinsteuern möchte. Hilflos wie eine Nussschale
auf dem offenen Meer, aber zumindest nicht mehr ganz so ahnungslos wurde ich
langsam zu einem epischen Finale geleitet – naja, Zwischenfinale. Silent King
ist ja nicht das Ende der Reihe, nur das Ende meiner Nerven.
Ja, es gab ein episches „Midseason-Finale“ in bester Serien-Blockbuster-Manier.
Ich habe mit vielen gerechnet, hiermit aber sicher nicht. Es ist so überzogen,
dass man nicht weiß, ob man gerade aus Versehen bei Game of Thrones oder
Twilight gelandet ist, naja, nur ohne den Fantasie-Teil. Denn tatsächlich – so übertrieben
es auch ist – konnte mich am Ende die komplette Auflösung rund um die Kings,
die offenen Fragen aus Band 2 und Madisons Rolle im ganzen Spiel doch sehr
zufrieden stellen. Überraschungen gab es zu Genüge. Leute, die plötzlich
auftauchten, Leute, die plötzlich verschwanden und in einem unschuldigen,
nachgeschobenen Kapitel wird wie ein Schlag in die Magengrube offenbart, dass
die Elite Kings sich zu Unrecht in Sicherheit wiegen. End of Story? Ganz sicher
nicht. Bei den Elite Kings gibt es sowas wie Happy Ends ganz sicher nicht. Von
einer Katastrophe in die nächste…
„Diese Jungs leben nach ihren eigenen Regeln und Ritualen.
Dass ich sie nicht verstand, machte sie nicht ungültig.“
(Madi über die Kings)
Man nehme einen Haufen 17-20jährige, die unfassbar teure
Autos fahren, von Tattoos nur so überzogen sind, saufen wie ein Loch, kiffen, durch
die Betten hüpfen (gern auch mal unkonventionell), von den Eltern
Freifahrtscheine für so quasi alles haben,
mit Messern und Waffen umgehen können und keinen einzigen Tag in der Schule
verbringen, außer vielleicht mal in der Cafeteria. Hierzu packe man ein
Mädchen, 17 Jahre, unschuldig mit einer Vorliebe für Waffen, und ihre leicht
abgedrehte beste Freundin – die allein lebt ohne elterliche Aufsicht. Klingt
realistisch? Absolut nicht. Doch ist man von ihnen fasziniert, schockiert,
entsetzt und verblüfft? Aber sowas von. Denn das macht gerade den Spaß aus: Die
Elite Kings sind so unglaublich übertrieben, dass es Spaß macht. Man lacht mit
ihnen, man verdreht die Augen ihretwegen und man denkt unweigerlich „ach, was
habe ich mit meinen süßen 17 Jahren so gemacht“ – ganz sicher keine Menschen
getötet (oh, sorry, Bishop hat mit 13 angefangen!). Und dadurch, dass die
Charaktere sind wenig greifbar sind, sind sie eine Wundertüte für den Leser. So
auch hier in Silent King, wo vor allem Madi am Ende eine Schlüsselrolle
einnimmt, die man nie erwartet hätte und einem mit offenem Mund zurücklässt. Man
muss einfach drüberstehen, dass es hier nicht um eine realistische nette Story
geht, sondern einfach um Unterhaltung. Und das sind die Kings auf jeden Fall.
„Ich war süchtig nach dem brennenden Schmerz, der sich in
mir ausbreitete, wenn Bishop mir wieder einmal das Herz brach.“
(Madi über
Bishop in Silent King)
Auch in diesem Band liegt der Fokus primär auf Madi und
Bishop, dieses Mal aber mit deutlich mehr Randfiguren. So spielt vor allem Nate
eine Rolle, der im Fokus von Buch 4 und 5 stehen soll und somit bereits
ansatzweise seine Storyline eingeführt wurde – unvorhersehbar und mit einem
großen, kleinen Bang. Im Verlauf kommt durch eine Enthüllung eine weitere,
altbekannte Person als relevante Randfigur dazu. Auch Daemon ist wieder am
Start, zahlreiche Kings verschiedener Generationen, der Vater von Bishop,
Tatum, ein paar weitere Leutchen und die unfassbar interessante Mutter von Bishop.
Es wird voll in diesem Buch. Die weiteren Kings bleiben Randfiguren, die nur
wenn notwendig angeführt werden. Dadurch, dass man nunmehr auch Einblick in
Bishops Gedanken erhält, wird einiges klarer und ich würde sogar so weit gehen
zu sagen, dass Bishop in seiner verqueren Art süß sein kann. Madi hat ihre
Naivität noch einmal mehr abgelegt und zeigt oftmals vor allem Eier.
Nichtsdestotrotz ist die Beziehung zwischen den beiden kompliziert und bereitet
dem Leser durchaus Kopfschmerzen. Sind sie gut füreinander, sind sie schlecht
füreinander, wer wird für wen das Verderben sein? Man bleibt unschlüssig und
ändert gern seine Meinung, aber passt schon, in diesem Buch ist ja alles sehr
sprunghaft. Also darf der Leser es auch sein.
Während Broken Puppet mich mit seinen groben Sexszenen doch
etwas überrumpelt hat, muss ich sagen, dass Silent King überraschend unsexy
ist. Sicher, es gibt vereinzelt sexuelle Thematiken und auch Verkehr, jedoch in
einem weit unterdurchschnittlichen Verhältnis. Es fehlt bei den ganzen
Geschehnissen vielleicht etwas die Zeit. Dafür wurde etwas an der
Gewaltschraube gedreht. Silent King ist halt wie seine Brüder kein Jugendbuch,
aber auch nicht wirklich ein Dark Romance Buch. Was genau es ist? Ich weiß es
nicht. Nur, dass es grandios ist. Und manchmal frustrierend. Oft sogar.
Silent King hat es noch mehr als seine Vorgänger geschafft,
meine Grenzen auszutesten: Meine Frustrationsgrenze, meine Toleranzgrenze und
meine Bereitschaft, sich einer komplett absurden, wirren Geschichte hinzugeben.
Zwar schlägt Silent King deutlich in die kerbe wie Silver Swan und Broken Puppet,
bringt aber doch eine etwas andere Dynamik mit. Das Buch spielt weniger mit dem
Leser und ist endlich bereit, einige Auflösungen zu präsentieren. Hierdurch
geht etwas die Unberechenbarkeit des Buches verloren, doch wenn man bis hierhin
durchgehalten hat, hat man es definitiv verdient, Antworten zu erhalten. Die
Elite Kings konnten mich – once again – fesseln und noch heute, einige Tage
nach dem Buchende, frage ich mich, welche Windungen in meinem Gehirn
durchgeknallt sind, denn ja, Silent King mag objektiv betrachtet der größte
Müll sein, eine vollkommen absurde Geschichte präsentieren und die Charaktere
sind vollkommen drüber – und dennoch habe ich jede Sekunde des Lesens genossen
und nach diesem Ende, welches wieder mit zwei, drei schockierenden Enthüllungen
fast schon höhnisch lachend alles auf den Kopf stellt, freue ich mich wieder
sehr auf die Fortsetzung. Denn ich dachte, ich habe das Puzzle gelöst. Aber da
ist noch so viel mehr…
„Die kriegen schon noch, was ihnen zusteht. Mit Zugabe.“
(eine neue, verborgene Gefahr am Ende von Silent King über
die Kings)
Wäre Silent King ein Film, würde er wahrscheinlich bei „die
schlechtesten Filme aller Zeiten“ gelistet sein und die Elite Kings würden als
Trash-Perlen gehandelt werden. Ja, der Sprachstil ist gewöhnungsbedürftig, die
Charaktere sind lächerlich verkorkst, die Storyline ist so wirr und absurd,
dass man sich fragt, welche Drogen man genommen hat. Das Buch ist objektiv
schlecht. Aber die Kunst eines Buches liegt daran, wie es sich für den Leser anfühlt.
Und subjektiv ist dieses Buch der Wahnsinn. Jeder muss für sich selbst
herausfinden, ob er in diese wirre Welt eintauchen kann und mag. Man wird sie
lieben oder man wird sie hassen, ausnahmsweise gibt es kein Dazwischen. Aber
haben die Kings dich erst einmal gecatcht, wirst du ihnen nicht entkommen.
Niemals.
Bewertung: ★★★★★
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass
mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon
nicht beeinflusst.]