„Kann man sich in eine Person verlieben, die man nie gesehen oder getroffen hat?“
(June in Chasing Melodies)
(June in Chasing Melodies)
Worum geht’s?
Die New Yorkerin June arbeitet hart, unterstützt ihre Mutter, wo sie nur kann und stellt dafür ihre Wünsche vom College und dem Schreiben von Songtexten hinten an. Als sie mit einem Flugticket nach Seoul überrascht wird, kann sie die langersehnte Reise in die Heimat ihres Vaters antreten und wieder zu träumen beginnen. Die Zusage eines Praktikums bei einem Musikmanagement entführt June vollends in die faszinierende neue Welt samt koreanischer Idole und K-Pop-Musik. Während June richtig aufzublühen scheint, lernt sie über eine Dating-App Alexander kennen. Schnell entwickeln beide eine unvorhergesehene Verbundenheit und alles wirkt perfekt. Jedoch scheinen Zweifel und Ängste June zu übermannen und Alexanders wahre Identität droht die neugewonnene Idylle endgültig zu zerstören.
Chasing Melodies ist ein Einzelband und in sich geschlossen.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Das Buch ist in der Ich-Perspektive von June und Taewon geschrieben.
Meine Meinung
K-Drama-Geschichten und K-Pop? Damit kriegt man mich immer. Ich mag Korea als Handlungsort, die Einblicke in ferne Kulturen und Verhaltensweisen und vor allem die Thematisierung von K-Pop und dem harten Leben der K-Pop Idols, was in der westlichen Welt immer wieder sehr vielseitig begutachtet wird. Dementsprechend war es wenig überraschend, dass dieses Buch auf meiner Wunschliste auftauchte.
Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht. Das Buch hat einen einfachen, sehr angenehmen und mitreißenden Schreibstil, ein wenig aufgeregt und sehr lebensnah. Mit June als Protagonistin hat man jemanden, der ein bisschen wie eine gute Freundin wirkt. Sie arbeitet, um ihre Familie zu unterstützen. Ihr Vater lebt in Korea, die Mutter mit ihr in den USA, um sich um den Großvater zu kümmern. In ihrer Freizeit liebt June K-Pop und vor allem eine ganz bestimmte Band EXIT und deren Sänger Taewon. Beide spielt in dem Buch eine wichtige Rolle, denn durch diverse Kontakte bekommt June ein bezahltes Praktikum bei der Entertainment-Firma, bei der EXIT ist. Hier war der erste Moment, wo ich ein wenig an dem Buch gezweifelt habe. June hat keine nennenswerte Qualifikation, die es rechtfertigt, dass sie ein bezahltes Praktikum in Seoul erhält, Wohnung inklusive. Bei der Arbeit macht sie auch eher banale Aufgaben, bekommt aber gleichzeitig wahnsinnig geheime Einblicke, trifft auf die Künstler und jede Menge mehr. Natürlich war das für die Geschichte alles nötig, aber es ist eben auch wenig greifbar und eben so konstruiert, dass es sich ein bisschen wie eine Wunschvorstellung anfühlt. Das ist gar nicht negativ gemeint, auch wenn es vielleicht so klingt, denn Bücher haben teilweise unterschiedliche Ansätze. Entweder reales Leben wiederzugeben oder eben zum Träumen einzuladen und Chasing Melodies gehört eben eher zum letzteren Aspekt.
Mit June erlebt der Leser nun Seoul, ihre Arbeit und jede Menge Erlebnisse, die sie unter anderem dank ihrer Arbeitskolleginnen miterleben darf. Es hat mir durchaus Freude bereitet, sie dabei zu begleiten und wenn man eben darüber hinwegguckt, dass diese vermeintlichen Freunde eher sehr kurze Bekannte sind, fühlt es sich direkt so an, als wäre dies hier Junes Zuhause. Sie trifft ihren Vater, sie findet Freunde und sie fühlt sich, als wäre sie angekommen. Zwischendurch gibt es einige Handlungsstränge nach Hause, etwa die Verwerfung mit ihrer beste Freundin und das Wieder-Zueinander-Finden, was für mich nicht so sehr in die Handlung gepasst hat. June wächst in Seoul, sie wird selbstbewusster. Und sie lernt Alexander kennen.
Alexander ist ein anderes Thema in diesem Buch. Sie lernt ihn über eine anonyme Datingapp kennen, er arbeitet ebenfalls bei der Entertainment-Firma. Alexander sucht einfach jemanden zum Reden und zwischen June und ihm knistert es schon bald, denn sie passen gut zueinander. Alexander bringt dem Leser einige Einblicke in die Welt der K-Pop-Idols. Einblicke, die teilweise echt erschütternd sind und traurig machen. Er ist eine Person, die wenig zur Ruhe kommt, von vielen Selbstzweifeln geplagt ist und deswegen auch Junes Selbstzweifel schnell erkennt und sich jede Menge Mühe gibt, diese zu vertreiben. Das wirkte manchmal etwas übers Ziel hinaus geschossen, aber wie gesagt: Betrachtet man das Buch als kleine Träumerei, so ist das alles schon ziemlich stimmig. Die Idee mit der Datingapp fand ich wirklich cool, einfach mal etwas anderes. Dass hierdurch eine kleine Love Triangle entsteht, ist ein witziger, aber gleichzeitig durchaus relevanter Faktor. Denn er wirft die Frage auf: In was genau verliebt man sich eigentlich? In jemanden, dessen Gegenwart uns aus den Konzept bringt? Oder in jemanden, dessen Worte und Art uns berühren? Ich möchte hier noch nicht zu viel zu sagen, aber ich mochte die Handlung, auch wenn es natürlich hochgradig vorhersehbar und an einige Stellen auch wieder wenig glaubwürdig war.
Leider ist der Spannungsbogen des Buches recht flach. Ich mag das durchaus in Büchern, aber hier wirkte es dann teilweise etwas sehr in die Länge gezogen. Anders als bei vielen Büchern passiert hier nämlich nach dem obligatorischen Knall noch viel (bzw eigentlich wenig, aber es geht über viele Seiten) und einerseits fand ich es gut, dass man eben sieht, wie sich alles entwickelt, aber gleichzeitig auch etwas zäh. Alles in allem hätte die Schwerpunktsetzung vielleicht etwas anders sein können und man muss über einige Punkte (im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit) vielleicht einfach wohlwollend hinwegschauen, aber es ist ein gut geschriebenes, gut recherchiertes Buch, was sich auch durch die vielen koreanischen Begriffe und Erklärungen durchdacht und real anfühlt.
Mein Fazit
Chasing Melodies ist eine süße Geschichte mit einer coolen Grundidee durch die Dating-App und auch einige interessanten Einblicken, aber gleichzeitig eben einer wahnsinnig konstruierten Story, die mich so manches Mal irritiert hat. Ein bisschen Fanfiction, ein bisschen Liebesroman, ein bisschen Korea-Einblicke und jede Menge Infos über K-Pop-Idols. Ich habe mich aber gut unterhalten gefühlt.
Bewertung: ★★★★☆
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]