14.08.2022

Kalynn Brown - Cinderella ist tot

384 Seiten, erschienen als Hardcover-Ausgabe im Heyne-Verlag am 14.06.2022
„Wäre Cinderella wirklich entzückt gewesen, so viele unglückliche Mädchen zu sehen, die Angst vor diesem Moment haben?“
(Sophia über die Ballnacht)

Worum geht’s?

Sophia lebt in Cinderellas Königreich, zweihundert Jahre nach jener Ballnacht, in der Cinderella ihren Traumprinzen fand. Doch Cinderellas Geschichte dient inzwischen nur noch dazu, die Frauen zu unterdrücken und sie möglichst schnell bei einem großen Festakt im Schloss unter die Haube zu bringen. Wer sich diesem Ritual verweigert, wird getötet, und wer am Ende der Ballnacht noch keinen Mann hat, wird ausgestoßen und verfolgt. Doch Sophia will keinen Mann. Sie flüchtet in den verwunschenen Wald und trifft dort Constance, die ihr zeigt, dass sie die Kraft hat, ihr Schicksal und ihre Welt für immer zu verändern...

Cinderella ist tot ist ein Einzelband und in sich geschlossen.


Inhaltliche Hinweise

Die Geschichte wird durch Sophia in der Ich-Perspektive erzählt. Das Buch beinhaltet potenziell triggernde Inhalte wie Gewalt an Frauen.

Meine Meinung

Selten fange ich meine Rezensionen mit einer Art Vorwort an. In diesem Fall ist es aber in meinen Augen absolut nötig. Denn ich möchte erklären, wie es dazu kam, dass das Buch bei mir landete und wieso ich mit vollkommen falschen Erwartungen an das Buch ging, was wohl auch dazu führte, wieso ich es nicht mochte und es letztendlich abbrach.

Auf den Titel bin ich das erste Mal in der Programmvorschau des Verlags aufmerksam geworden. Tendenziell eher im Bereich Fantasy einzuordnen, ist es ein Titel, der normalerweise nicht unbedingt auf meiner Leseliste, die primär romancelastig geprägt ist, landet. Aber der Klappentext klang super, die Idee einer ungewöhnlichen Cinderella-Neuauflage überzeugte mich. Aber: Der Klappentext, den ich kannte, passt nicht oder zumindest nur bedingt zum Buch. Der Satz, dass Sophia keinen Mann möchte, ist nicht gleichzusetzen damit, dass sie eigentlich ihre beste Freundin Erin möchte, was aber gleichzeitig auch egal ist, weil es keine Rolle für Sophias Motive spielt. Und ganz offenbar gibt es mittlerweile sogar mehrere Versionen vom Klappentext, in einer etwa steht, es ist Sophias dritter Ball, was aber gar nicht stimmt (oder was ich aus dem Context des Buches vielleicht nicht verstanden habe?). Mit einer entsprechend verwirrten Haltung fing ich nun also das Buch an..

Der Schreibstil ist gut. Mehr leider nicht. An einigen Stellen verwirrend, manchmal sehr ausufernd, jedenfalls sehr zweckorientiert. Direkt zu Beginn die erste Verwirrung, weil direkt die ersten paar Sätze dazu führten, dass ich dachte, es sei schon die Ballnacht. Aber auf einmal sind es mehrere Tage vor dem Ball. Sprunghaft, ohne greifbare Zeit- und Ortsangaben, geht es weiter. Die Geschichte dümpelt vor sich hin, es geht um die Vorbereitungen zum Ball, ein wenig Cinderella-Geschichtskunde und jede Menge Kritik durch Sophia. Am System, an ihren Mitmenschen, an der Rolle der Frauen im System. Einiges ist nachvollziehbar, aber einiges leider auch nicht. Denn kann man es zig tausenden Leuten vorwerfen, dass sie sich einem System unterwerfen, was seit einer Ewigkeit besteht und was Leute umbringt, wenn sie aus der Reihe tanzen? In meinen Augen nur bedingt. Sophia? Die tut es trotzdem. Gern würde ich sagen, dass sie ein Charakter zum Aufschauen und Bewundern ist, so war es für mich aber nicht. Ja, sie ist eine Rebellin, aber sie verkennt dabei, wie sie alles und jeden in Gefahr bringt. Auch die Idee, dass sie verliebt in ihre beste Freundin Erin ist und sie sie zur Flucht überreden will, fand ich toll – und nicht zu Ende gedacht. Denn ehrlich gesagt wirkte die Liebe/Freundschaft der beiden oberflächlich, Erin vermittelt selbst null den Eindruck, an Sophia interessiert zu sein und Sophia regt sich eher darüber auf, dass Erin sich dem System beugen möchte als zu erkennen, wieso sie dies vielleicht macht. Die Motivlage war bereits schwieirig und vermochte mich schon nicht zu überzeugen, weil Sophia so erwachsen tun will, aber gleichzeitig so hochgradig planlos ist, dass es teilweise wehtat. Das erkennt man, als es „endlich“ zur großen Nacht kam. Auf dem Ball kämpft sie gegen alles und jeden, ist zugleich aber erfreut, als ein befreundeter Junge ihr das Angebot macht, sich zu verloben, damit sie in Sicherheit ist. Als dies dann schiefläuft, weil Luke mit einer anderen Familie Stress hat, flieht die kleine Cinderella und trifft im Grab der wahrhaftigen Cinderella auf Constance, mit der sie fortan versucht, wirklich gegen das System zu kämpfen.

Constance, sie war mein Lichtblick. Was Sophia fehlt (Weitsicht, Empathie, Denken vorm Handeln), bringt sie mit. Als Hinterbliebene der „bösen Stiefschwestern“ von Cinderella, kämpft sie fortan an vorderster Front, damit die Einwohner des Landes erfahren, wie die Geschichte wirklich lautete, welche Rolle Cinderella und die gute Fee und auch die Stiefschwestern und die Stiefmutter wirklich spielten. Zugegeben: Die Idee, die Geschichte etwas zu drehen, war irgendwie nett. Aber irgendwie hat leider alles sich so angefühlt, als wäre es spontan, ohne wirklich weiter zu denken, niedergeschrieben worden. Vielleicht liegt es daran, weil ich eigentlich kein Fantasy lese? Ich weiß es nicht. Jedenfalls beginnt jetzt ein etwas actionreicherer Teil des Buches und gleichzeitig verlor mich die Geschichte leider komplett.

Ich würde gern erklären können, wieso. Aber ich kann es nicht. Waren es die platten Charaktere, die alle nur ihre Rolle spielten, aber irgendwie nichts zur Geschichte beitrugen? War es die Vehemenz, mit der Sophia alle zwang, zu rebellieren, ohne sich im Klaren zu sein, wie tödlich das sein kann? Waren es die stereotypischen Charaktere, die vorkamen, als hätte man eine aktuelle „Hot List“ der zu erwartenden Charaktere ins Buch geschüttet? War es, weil es so wirkte, als wolle die Autorin die Charaktere zum Teil nur homosexuell ausgestalten, um trendy zu sein, ohne aber dass die Charaktere die Gefühle wirklich transportiert haben? Vielleicht war es auch dieses sehr extreme Gut gegen Böse, Männer gegen Frauen – selbst der eigene Vater „verrät“ Sophia. Ich weiß es wirklich nicht. Jedenfalls langweilte mich die Geschichte zunehmend und es wurde nicht besser, bis ich dann zwei Drittel des Buches dann leider das Handtuch warf. Cinderella ist tot und vielleicht ist das auch gut so.

Mein Fazit

Cinderella ist tot konnte mich leider nicht abholen. Eindimensionale Figuren, sprunghafte Entwicklung der Geschichte und eine Diversität, die irgendwie keine wirkliche Rolle spielt, können mich überzeugen. Der Spannungsbogen flacht sehr schnell ab. Für mich leider am Ende ein Abbruch, weil es einfach keine Freude gemacht hat.

Bewertung: ★★☆☆☆

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]