17.11.2020

Daniela Hartig - Fuck you hope (Storm & Floyd 2)

452 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im Federherz-Verlag
 „Sie ist gebrochen, ich bin gebrochen. Zwei Menschen, die nicht mehr weiterwissen.“

(Floyd über Storm in F*ck you hope)


Worum geht’s?

Nichts ist mehr, wie es einmal war. Floyd und Storm haben nach der Enthüllung am Ende von Band 1 keinen Kontakt mehr und sich jahrelang nicht gesehen. Während Floyd leidet, muss er immer noch an Storm denken, seine große Liebe und das Mädchen, was er mit seiner Tat zerstört hat. Von Schuldgefühlen zerfressen befindet sich Floyds Leben in einer Abwärtsspirale. Bis er eines Tages als Schwimmlehrer spontan einspringt und ausgerechnet auf die eine Person trifft, die er nie vergessen konnte: Storm. Doch gibt es eine zweite Chance für ihre Liebe?

Dieses Buch ist Band 2 einer Trilogie. Zum besseren Verständnis werden Vorkenntnisse aus Band 1 benötigt. 

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover des Buches ist in weiß mit verschiedenen Blumen Rosa gehalten, hat somit Ähnlichkeit zum Vorgänger, hebt sich farblich jedoch etwas ab. Die verspielte Gestaltung wirkt einladend, steht zugleich aber auch im krassen Kontrast zum Buchinhalt. Das Buch wird dieses Mal sowohl aus Sicht von Floyd als auch aus Sicht von Storm erzählt, wobei Floyds Anteile etwas überwiesen. Es gibt einige Rückblenden auf die Ereignisse zwischen den Büchern, diese werden jedoch immer entsprechend übertitelt. Hiervon abgesehen verläuft das Buch linear. Der Schreibstil ist erneut recht locker, es wird nicht so häufig geflucht wie im Vorgänger. Potenziell triggernde Inhalte sind jedoch auch hier enthalten. Das Buch ist sprachlich für (junge) Erwachsene angemessen.

Meine Meinung

Nach einem wirklich mehr als intensiven Band 1 und dem schockierenden Ende war klar, dass ich ganz schnell weiterlesen möchte. Was wird aus Storm und Floyd? Wie werden die Wunden der Vergangenheit sich auf die Zukunft auswirken? Ich hatte viele Ideen, große Hoffnungen und jede Menge Fragen. Ob Band 2 der Reihe meine Erwartungen erfüllen konnte? Zum Großteil absolut. Aber von Anfang an…

Nach dem erschütternden Ende von F*ck you love sind einige Jahre vergangen. Storm und Floyd sind getrennte Wege gegangen, haben sich seitdem weder gesehen noch voneinander gehört. Floyds Leben gleicht mittlerweile einem Scherbenhaufen, denn nach einigen Suchteskapaden und einem Selbstmordversuch ist Floyd gerade erst wieder dabei, seinen Weg aus der Dunkelheit zu finden. In einer WG mit einer Freundin namens Nisha wohnend hat er wenig Kontakt zu seinen Eltern, konzentriert sich auf sein Masterstudium und hat gleichzeitig seinem alten Leben in gewisser Weise abgeschworen. Keine Frauen, keine flüchtigen Bettbekanntschaften, kein Alkohol. Zu viel ist in die Brüche gegangen. Neben seinem Studium arbeitet er als Schwimmlehrer für ein Jugendzentrum. Und genau dieser Job ist es, der sein Lebe erneut auf den Kopf stellt. Denn als er hier für einen Schwimmkurs einspringt, trifft er auf sie: Seine Storm. Ebenfalls als Vertretung eingesprungen ist sie mit einer Kindergartenklasse vor Ort. Und es ist, als würde plötzlich alles Kopf stehen. Doch Storm will von Floyd nichts wissen, während Floyd sie nicht mehr vergessen kann. Als er anfängt, ihr etwas hinterherzuspionieren, erfährt er allerdings Dinge, die sein Leben endgültig auf den Kopf stellen. Denn Storm hütet ein Geheimnis. Ein Geheimnis, was Floyd retten oder ihn endgültig zerstören könnte.

Kompliziert. Mitreißend. Ergreifend. Zerstörerisch. Verwirrend. Sprunghaft. Verletzlich. Hoffnungsvoll. Fesselnd. Mit diesen Attributen hatte ich Band 1 beschrieben. Und ich werde sie uneingeschränkt auch für Band 2 verwenden. Und dennoch ist diese Fortsetzung so anders, hebt sich von Band 1 stark ab und schlägt zugleich doch in ähnliche Kerben. Dadurch, dass einige Zeit vergangen ist, haben sich sowohl Storm als auch Floyd stark weiterentwickelt. Oder vielleicht auch eher zurückentwickelt? Denn tatsächlich hat sich das Blatt doch sehr gewendet. Während Floyd in Band 1 eine sehr gefestigte Persönlichkeit hatte, wirkt er in diesem Buch unsicher und schwer angeschlagen. Zerfressen von Schuldgefühlen, aber auch angeschlagen vom Verlust seiner großen Liebe tingelt er durch sein Leben. Zwar hat er einige gute Schritte gewagt und sich auch etwas von dem Rich Kid Standard gelöst, zugleich plagen ihn aber stark seine Dämonen und man merkt, dass es ihm nicht sonderlich gut geht. Sein Umfeld hat da zwar ein Auge drauf, ist zugleich aber machtlos. Und dann tritt Storm wieder in sein Leben und alles wird ordentlich durcheinandergewirbelt. Beide sind noch nicht übereinander hinweg, das merkt man. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Und zugleich gibt es so viel, was zwischen ihnen steht. Floyd, der sich seine Schuld nicht verzeihen kann. Storm, die nicht weiß, ob sie Floyd nochmal vertrauen kann und soll. Es ergeben sich unglaublich interessante Problempunkte, etwa auch die Frage, ob Storm Floyd seine Tat verzeihen darf. Der Leser wird bei diesem Buch auf jeden Fall wieder ordentlich herausgefordert, über den Tellerrand hinweg die Situation zu betrachten. Besonders hilfreich sind hierbei auch die Nebencharaktere, vor allem Nisha und auf Storms Seite Martha. Beide bringen immer wieder Impulse ein, die für Storm, Floyd und den Leser gleichermaßen hilfreich sind.

Im Fokus der Geschichte steht somit die Frage nach Vergeben, Vergessen, Nach-Vorne-Schauen und zweite Chancen. Doch da es zu einfach ist, Storm und Floyd einfach dazu zu zwingen, sich ihren Gefühlen zu stellen, hat die Autorin noch einen schockierenden Knackpunkt in die Geschichte eingebaut: ein zerstörerisches Geheimnis, was Storm jahrelang hütet und was in der Gegenwart dazu führt, dass Storm und Floyd eben nicht einfach wieder getrennte Wege gehen können. Denn von Anfang an zweifelt man als Leser daran, ob man eine Neuauflage der Beziehung möchte. Nicht, weil man es den beiden nicht gönnt. Nicht, weil beide sich nicht weiterentwickelt haben. Nein, schlichtweg, weil man beiden das Beste wünscht und daran zweifelt, ob es der jeweils andere ist. Denn am Anfang zeigt Floyd recht schnell beinahe eine Besessenheit für Storm, die übergriffig und beängstigend ist. Aber auf dem anderen Blatt steht eben auch das Geheimnis und die Bedeutung dessen für Floyd. Storm hingegen scheint einfach nicht angetan zu sein, sich mit Floyd wieder auseinandersetzen zu müssen. Sie liebt ihn definitiv noch, ist aber auch davon beeinflusst, wie sie sich ihrer Vorstellung nach fühlen muss, Floyd wiederzusehen. Es ist eine Mischung aus Wut, Verzweiflung, Angst und Trotz, mit der sie Floyd begegnet. So kommt es auch öfter dazu, dass sie verbal und physisch ausfallend und verletzend Floyd gegenüber wird, was aber nur die traurige Wirklichkeit der Situation zeigt. Innere Zerrissenheit spielt in diesem Buch eine große Rolle. Ich möchte damit teils gewalttätige Momente sicher nicht kleinreden, aber zugleich muss man vor dem Hintergrund der ganzen Geschichte auch erkennen, wie es um Storm und Floyd steht. Man versucht sich irgendwie zu arrangieren, aber es ist wahnsinnig schwer. Storm zieht Floyd an, stößt ihn weg, ist dann wieder sauer auf ihn, weil er sich wegstoßen lässt. Floyd hingegen will nur eins: Nie wieder eine von Storms Grenzen überschreiten, auch wenn es bedeutet, sich von ihr verletzen zu lassen. Es ist und bleibt kompliziert und dank des Geheimnisses wird es einfach noch deutlich komplizierter.

Besonders interessante Einblicke kriegt der Leser aber vor allem dadurch, dass die Autorin ihre Charaktere Selbstgespräche mit ihren Gedanken führen lässt. Ihren Gedankenstimmen könnten dabei nicht unterschiedlicher sein. Floyds Stimme wirkt eher rücksichtslos und versucht ihn zu pushen, dass er sich auf Storm konzentriert, während Floyd selbst sehr reflektiert wirkt und sich viel Mühe gibt, empathisch zu sein und keine Grenzen zu überschreiten. Bei Storm ist es genau andersherum. Ihre Stimme ruft sie immer wieder dazu auf, vernünftig zu sein, das Kriegsbeil liegen zu lassen und Floyd eine Chance zu geben. Doch Storm wehrt sich gegen ihre Gefühle, gegen ihre Emotionen und die an ihr nagende Angst macht es ihr auch nicht einfacher. Im Vergleich zum Vorgänger ist dieses Buch deutlich ruhiger gehalten und die Sprunghaftigkeit der Charaktere empfand ich dieses Mal nicht als so extrem. Man merkt, dass beide erwachsen geworden sind und teilweise vor ganz anderen Problemen stehen wie noch vor einigen Jahren. Vor allem Storm wirkt nicht mehr so unvorhersehbar und zerstörerisch wie in Band 1, hat aber an ihrer Schlagkraft definitiv nicht eingebüßt. Sie wandelt regelmäßig zwischen Auflehnung und Resignation. Es ist eine Situation, aus der sie irgendwie raus möchte, aber nicht raus kann, aber vielleicht auch nicht wirklich raus will. Es sind zu viele unausgesprochene Worte, aber zugleich zu viele gesagte Sätze zwischen Floyd und Storm. Und so steht ihre Liebesgeschichte erneut auf sehr wackligen Beinen, wenn auch dieses Mal anderer Natur. Das gewohnte Hin und Her, Auf und Ab, Vor und Zurück gibt es hier auf jeden Fall wieder, aber auf einer seichteren Ebene. Leider führte es aber auch dazu, dass ich Storm oftmals übertrieben fies, kratzbürstig und zeitweise unfair fand. Ich fühle mich schlecht dabei, so etwas zu sagen, denn man darf den Hintergrund nicht vergessen. Doch zugleich hat sie mich als Leserin mit ihren Worten und Taten manchmal leider etwas angenervt, denn hin und wieder wirkt es so, als würde sie es darauf anlegen, Floyd verletzen zu wollen, entweder um die Ernsthaftigkeit seiner Absichten zu testen – oder eben, weil sie es kann und will. Und diese Böswilligkeit hat mich teilweise leicht abgeschreckt. Es führt aber vor allem auch dazu, dass einige Entwicklungen für mich nicht tief genug aufgearbeitet waren und so die finalen Entscheidungen etwas überstürzt wirkten.

Neben der Hauptgeschichte zwischen Floyd und Storm gibt es noch einige Nebenschauplätze, so wird etwa thematisiert, was aus Storms Vater geworden ist. Ich hätte mir hier etwas mehr gewünscht, generell hätte ich gern hier und da etwas drumherum gehabt. Auch Floyds Beziehung zu seinen Eltern, vor allem seinen Vater, wird angesprochen und macht einige Entwicklungen durch. Doch auch diese waren davon geprägt, für mich sehr schnell abgehakt worden zu sein. Vor allem auch im Hinblick auf Floyds frühen Selbstmordversuch, der zwar immer wieder erwähnt wurde, aber der für mich auch zugleich wenig wirklich thematisiert wurde, hätte für mich mehr Raum verdient. Vielleicht werden dies aber auch Sachen, die im dritten Teil noch einmal angesprochen werden. Zu hoffen wäre es, einfach weil diese Themen für die Charakterentwicklung in meinen Augen relevant sind. Kommen wir zum Ende, wozu ich noch ein wenig sagen möchte. Während mich in Band 1 das Ende wirklich begeistert hat, ging es mir hier deutlich zu schnell. Es ist ein Ende, was mir durchaus gut gefällt, aber die Ausarbeitung konnte mich nicht so abholen. Es passiert zu viel auf einmal und wird dann auch zu schnell wieder abgehakt. Der Epilog konnte mir zwar noch ein zufriedenes Schmunzeln entlocken und es wäre ein Ende, womit ich auch als Buchreihenende gut leben kann, aber zeitgleich wirkte es für Storm und Floyd nicht so ganz stimmig. Ich kann es nur ganz schwer erklären, aber nach so viel Streit, Verzweiflung, Wut und Verletzung braucht es für mich mehr als einen kurzen Knall, um das Ganze wieder zu kitten. Für meine innere Zufriedenheit hätte es schon noch so etwas wie eine Aussprache geben dürfen, andererseits passt das impulsive, plötzliche Verhalten und die Schockwirkung unglaublich gut zu Floyd und Storm.

Wie auch Band 1 wird in diesem Buch einiges an triggernden Inhalten thematisiert, wenn auch für mein Gefühl nicht so umfassend wie beim Vorgänger. Die Vergewaltigung wird am Rande öfter erwähnt, insbesondere auch durch Storms Beschreibung ihrer Empfindungen, zudem spielen Floyds Suchtmittelmissbräuche und sein Selbstmordversuch eine Rolle. Vor allem die erste Hälfte des Buches hat daher eine gewisse Intensivität.

Mein Fazit

Auch die Fortsetzung kann wieder in vielen Punkten sehr überzeugen und zeichnet ein komplexes Bild einer mehr als komplizierten Beziehung. Es geht um Vertrauen, Vergebung und auch Verzweiflung. Aber es geht auch um Hoffnung. Vor allem durch das Element, was Floyd und Storm zwangsweise verbindet und für beide zum wichtigsten Punkt wird, hat das Buch eine einzigartige Dynamik. Dennoch konnte es mich emotional nicht so abholen wie Band 1, was vor allem an Storm und ihrer teilweise sehr kratzbürstigen, fiesen Art lag. Es bleibt jedoch dabei: Storm und Floyd sind mitreißend, aber auch zerreißend. Ein starkes Buch, wenn auch dieses Mal nicht so unvorhersehbar und deutlich ruhiger. Ich bin gespannt, was die Autorin für Band 3 bereithält.

Bewertung: ★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]