22.08.2020

Stella Tack - Beat it up

384 Seiten, erschienen als eBook und broschierte Ausgabe im Knaur-Verlag am 03.08.2020
 „Ich glaube, du bist hier, weil du endlich anfangen willst zu leben.“
(Payton zu Summer in Beat it up)

Worum geht’s?

Summer ist ein musikalisches Wunderkind. Durch ein sogenanntes absolutes Gehör kann sie Disharmonien erkennen und Melodien perfektionieren. Ihr größter Traum ist es, als Pianistin im New York Orchestra zu spielen. Nachdem ihre Mutter ihr das Leben wieder schwer macht, entscheidet sich Summer, vorzeitig nach New York zu fliegen. Dort lebt ihr Zwillingsbruder Xander, mit dem sie gemeinsam Lieder schreibt, die Xander als DJ in die Welt hinausträgt. Niemand weiß von ihrem Deal. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und Summer geht mit Xander auf Tour des legendären Beat it up-Festivals. Zwischen lautem Trubel und vielen Menschen findet Summer nicht nur eine andere Seite an sich selbst – sondern auch jemanden, der ihr Herz rasant auf den Kopf stellt: Gabriel Blazon, ärgster Konkurrent ihres Bruder, ebenfalls Musiker - und hauptberuflicher Herzensbrecher…

Beat it up ist Band 1 der Stars and Lovers-Reihe.

Schreibstil / Gestaltung

Das dunkle Cover ist in verschiedenen Orange- und Pinktönen gehalten und zeigt eine Art Kreisel. Das Cover wirkt energetisch und passt zum Buch, in dem es vorrangig um Musik und ein großes Festival geht. Das Cover ist auf jeden Fall ein Hingucker. Das Buch wird linear aus Sicht von Summer als Ich-Erzählerin berichtet. Der Schreibstil ist locker-leicht, sehr turbulent und jugendlich. Das Buch lässt sich sehr gut lesen. Das Buch ist sehr gut verständlich und enthält nur oberflächliche Intimszenen. Zwischendurch sind Songtexte und Songtextteile abgedruckt.

Mein Meinung

Nachdem mich Kiss me twice von Stella Tack vor kurzer Zeit köstlich unterhalten hat, war ich sehr gespannt auf Beat it up. Ich liebe Geschichten um Musiker und insbesondere auch Summers Geschichte mit dem absoluten Gehör hat mich sehr interessiert. Daher ging ich mit hohen Erwartungen an das Buch, denen Beat it up aber leider nicht gerecht werden konnte.

Im Fokus der Geschichte steht die 20-jährige Summer, die sich gerade auf das Vorspielen des New York Orchestra vorbereitet. Sie gilt als Wunderkind, kommt aus einer hochmusikalischen (aber auch erfolgsgetriebenen) Familie und kann so gut mit Musik umgehen, dass sie reihenweise Preise gewinnt. Leider hat ihr absolutes Gehör, mit dem sie kleinste Disharmonien erkennt, aber auch einen Nachteil: Sie ist extrem lärmempfindlich, krieg bei lauter Geräuschkulisse starke Schmerzen und hat oft auch Kopfschmerzen. Dennoch entscheidet sich Summer für eine wahnsinnige Aktion. Als ihr bester Freund Ethan ihr seine Liebe gesteht und Summers Mutter mal wieder der Eiskönigin Konkurrenz macht, flieht Summer nach New York zu ihrem Zwillingsbruder Xander, der sie darum gebeten hat, mit ihm ein Lied für das bevorstehende große Festival Beat it up zu produzieren. Doch aus den Aufnahmen wird mehr, denn als Xander seinen Stick zuhause vergisst, muss Summer ihm zum Festival hinterherreisen. Und plötzlich angesteckt von der Energie und dem Gefühl, mal aus ihrem Schneckenhaus herauskommen zu müssen, entscheidet sich Summer, mit dem Team weiterzureisen und erst zu ihrem Vorspiel in einigen Wochen nach New York zurückzukehren. Und während der Zeit bei Beat it up lernt Summer nicht nur Freiheit und Leichtigkeit, sondern verliebt sich auch Stück für Stück in den Musiker Gabriel. Der hat jedoch Vorgeschichte mit ihrem Bruder, der Summer sogar den Umgang mit Gabriel verbietet. Kann Liebe etwa noch komplizierter sein?

Gleich vorweg möchte ich sagen: Beat it up zu bewerten fällt mir ehrlich gesagt recht schwer. Das liegt daran, dass ich vielleicht falsche Erwartungen an das Buch hatte und zugleich aus Erfahrungen so ein Buch hätte erwarten können. Ich habe bereits Bücher von Stella Tack gelesen, die jedoch ausdrücklich in einem Jugendbuch-Verlag erschienen sind und daher für mich mit ihrer überdrehten Art gepasst haben. Ich hatte allerdings irgendwie gedacht, dass dieses Buch eher für (junge) Erwachsene geschrieben ist und hatte durch das Alter der Protagonisten (Anfang bis Mitte 20) eine etwas ernstere Geschichte erwartet, zumal ja auch mit Elementen wie Summers Gehör durchaus schwierige Themen angelegt sind. Doch – zu meinem Bedauern – schlägt Beat it up in die übliche Kerbe, die Stella Tack bedient: Turbulent, spritzig, hochgradig überdreht. Und das hat für mich in diesem Fall leider nicht immer gepasst.

Zu Beginn ist Summer noch zuhause in ihrem Örtchen und verbringt Zeit am College, wo sie fleißig auf ihren Abschluss hinarbeitet, sich zurückzieht und ganz viel musiziert. Nur Ethan ist um sie herum und scheint sie zu verstehen. Immer wieder wird angesprochen, wie schwer das Leben für Summer ist, denn durch ihr Gehör kann sie teilweise simple Sachen wie in der Cafeteria essen nicht mitmachen. Sie ist schnell überfordert, kriegt Schmerzen und leidet. Sie tat mir von Anfang an leid. So eine Begabung ist Segen und Fluch zugleich. Hinzu kommt auch noch ihre komplizierte Familie, der Druck durch ihre Mutter und das doch eher fehlende Gefühl von Liebe. Der erste Teil bis zu Summers Reise nach New York hat mir auch durchaus gut gefallen, er war ruhig, einfühlsam und informativ. Das änderte sich schlagartig ab New York. Im Flugzeug trifft sie das erste Mal auf Gabriel und ist von seiner Köpfhörermusik so beeinträchtigt, dass sie ihn anmault. Der erste Auftritt von Xander, das gemeinsame Arbeiten im Musikstudio, die Reise zum Beat it up, die Zeit beim Beat it up – ab hier ist alles nur noch abgedreht, zeitweise überdreht. Es folgen teils witzige, teils peinliche Wortgefechte mit Gabriel, Summer stolpert von einer Situation in die nächste, hat zwischendurch immer wieder Zusammenbrüche und jede Menge Herzschmerz, während sie versucht rauszufinden, ob sie Gabriel lieben oder hassen soll. Das ganze Drumherum vom Beat it up, die Reise in verschiedene Städte, das Leben backstage ist eine einzige Party, die alle Beteiligten wie frisch pubertierende Kinder ausnutzen.

Und so, irgendwo auf der Reise, verlor mich die Geschichte immer mehr. Es war nur noch eine Aneinanderreihung von möglichst lustigen, möglichst krassen Momenten. Hin und wieder wird Summers Gehör thematisiert, vorzüglich, wenn sie vollkommen grundlos über ihre Grenzen hinausgeht und dann durch äußere Umstände (etwa ein Anrempeln) ein Problem auftaucht, was dazu führt, dass Summer zusammenbricht. Es kommt nie ein Arzt, mit paar Schmerzmitteln wird das gelöst und weiter geht das turbulente Leben. Das ewige Hin und Her mit Gabriel, ein paar Zankereien mit ihrem Bruder, jede Menge sprunghafte und impulsive Entscheidungen sowie die Erkenntnis, bisher so stark durch die Erwartungen der Familie eingeschränkt worden zu sein, runden das Buch ab. Dafür gibt es aber folgende Sachen nicht: Tiefe, Erklärungen, Reflexion. An allen Ecken und Enden fehlten mir greifbare Erklärungen, etwa für Summers Verhalten. Zu Beginn ist die Rede davon, wie sehr sie von Geräuschen beeinträchtigt wird. Dennoch purzelt sie andauernd in Situationen, wo die Lautstärke sie überfordert. Öfter verliert sie ihren Gehörschutz, hat ihn gar nicht erst dabei einmal blutet sie sogar aus den Ohren. Es kommt kein Arzt, es wird nur noch oberflächlich angesprochen. Generell hatte ich erwartet, dass das Thema mehr im Vordergrund steht und thematisiert wird, so ist es aber nicht. Ich verstehe, dass Summer regelmäßig über ihre Grenzen hinausgehen soll, als Zeichen ihrer Entwicklung. Denn offenkundig geht es darum, dass Summer feststellen soll, wie beengt sie vorher gelebt hat und wie schön und abenteuerreich das Leben sein kann. Ich mag diese Botschaft auch durchaus, aber irgendwie verklingt sie zwischen den permanenten Partys, auf die Summer nie Lust hat, dann aber hochbesoffen irgendeinen Mist macht. Es war für mich nicht erklärbar, wieso Partys, Abenteuer und Grenzüberschreitungen mit Freiheit, Loslassen und sich selbst finden gleichgesetzt werden. Für mich war das alles leider nicht stimmig, es fühlte sich gewollt und gezwungen an. Es war, als sei der einzige Anspruch von Beat it up gewesen, eine möglichst geile Partyzeit zu manifestieren.

Das strahlt sich auch in die zugrundeliegende Liebesproblematik aus. Zu Beginn geht es darum, dass Ethan Summer mit seinem Geständnis verschreckt hat und Summer beginnt sich zu fragen, wieso sie den perfekten Ethan nicht liebt bzw. was sie tun kann, um ihn doch zu lieben. Dann kommt Gabriel und beide sind von Anfang an wie Katz und Maus, wie Feuer und Wasser. Sie findet ihn wahnsinnig blöd, er macht sie einen Spaß daraus, sie zu reißen. Gabriels Verhalten ist von viel übergriffigen Handlungen geprägt und die rar gesäten Momente, in denen er einmal ernst wirkt, verblassen so schnell, dass man sie sich auch hätte sparen können. Zwischen beiden herrscht eine gewisse Anziehung, aber ich habe nie verstanden, wie daraus mehr werden sollte oder konnte. Es ist ein Hin und Her, was nicht nur Summer überfordert hat. Je weiter die Geschichte fortschreitet, desto anstrengender empfand ich es. Mein persönliches Negativ-Highlight war denn, als beide in Vegas volltrunken offenbar 30 Hummer befreit und in einen Sprungbrunnen geworfen haben. Es tut mir leid, aber irgendwann empfand ich alles nur noch als lächerlich und unangenehm. Natürlich gibt es dann noch etwas Zank mit Ethan, einige Stolpersteine zwischen Gabriel und Summer und die Öffentlichkeit, die Summer noch fies mitspielt. Leider konnte mich nichts davon mehr abholen. Ich konnte nicht verstehen, wieso Summer und Gabriel sich eventuell lieben und dadurch auch die ganzen letzten Entscheidungen nicht begreifen. Für mich hat es nirgends geprickelt, nirgends flogen Funken, es gab keine Schmetterlinge.

Besonders enttäuscht hat mich aber eigentlich der Endspurt des Buches. Nachdem Summer nun Beat it up den Rücken kehren muss, bricht das Chaos aus. Einiges davon hatte ich erwartet – und irgendwie muss man auch sagen, dass die Charaktere selbst Schuld haben, denn wer seine Geheimnisse so präsent und unvorsichtig präsentiert, muss ich nicht wundern – und anderes hat mich verwirrt. Es gibt Entwicklungen zwischen Gabriel und Summer, die tiefe Wunden hinterlassen und Summers Leben stark beeinflussen – im doppelten Sinne. Doch statt das Ganze zu klären und zu erklären, irgendeine Art von Ausweg zu finden, wird am Ende von der Autorin alles einfach lachend weggebügelt. Das hat mich wirklich stark gestört, denn Gabriel hat so einiges gemacht, was Klärungsbedarf hervorruft. Das halbherzige „so und so war das“ deckt leider auch nur einen Teilaspekt ab. Und so endet das Buch für mich mit einem unbefriedigenden Ende und einem „tja, so ist das nun halt, Gabriel und Summer forever“-Gefühl. Auch die Rivalität von Xander und Gabriel wird durchweg betont, aber halbgar aufgelöst, nur um dann plötzlich aus der Welt zu sein. Es gibt für mich gefühlt sehr viele lose Enden und herumhängende Fäden. Das Ende ist zu schnell, zu unrund, zu wenig greifbar für mich.

Einige wenige Worte möchte ich noch zu den Charakteren sagen. Zunächst war ich geschockt, als Summers Alter angesprochen wurde. Von Anfang an wirkt sie deutlich jünger – ich hätte sie vermutlich auf 14/15 geschätzt – und auch die anderen Charaktere stehen dem in nichts nach. Die Jungs Xander, Peter und Gabriel sind allesamt bekannte Musiker, haben Bühnen- und Medienerfahrung und benehmen sich wie 14-jährige, die zum ersten Mal rausgelassen wurden. Peter, der schwule Asiate, möchte alle Männer begrabbeln und anspringen. Gabriel macht grundsätzlich das Gegenteil von dem, was sein Management ihm sagt, kennt keine Grenzen und ist für jeden noch so kindischen Spaß zu haben. Xander war meist nur präsent, um Summer zu sagen, wie mies Gabriel ist. Einzig Payton, die als Tänzerin dabei ist, wirkt noch etwas erwachsen, gleichzeitig war sie (neben Gabriel) es aber auch, die Summer oft mitgezogen hat bei den wahnwitzigen Ideen. Kelvin, der Manager, hat regelrecht laufend Herzinfarkte. Mein einziges Highlight war George, der Bodyguard. Der war väterlich und es kam mir vor, als hüte er einen Sack voller Flöhe. Leider fiel es mir schwer, mich mit den Charakteren zu sympathisieren oder identifizieren. Selbst meine anfängliche Sympathie für Summer verschwand mit der Zeit, als sie immer wieder wie ein Kind auf die heiße Herdplatte fasst und sich dann wundert, dass es wehtut.

Mein Fazit

Ich wollte dieses Buch so sehr lieben. Aber leider war Beat it up am Ende nur ein überdrehtes, teilweise fast schon unangenehmes Buch. Klar konnten mich einige der Witze zum Schmunzeln bringen, aber die Charaktere benehmen sich allesamt wie Kinder und null alters- und berufsangemessen. Das Buch ist gewohnt spritzig, präsentiert sich mit einer sprunghaften Protagonistin und lässt leider alles, was Potenzial für Tiefe hätte, in den Luft hängen. Nettes Buch, was man schnell weglesen kann, aber das war’s für mich leider auch schon. Klischees, Stereotypen, platte Handlung. Beat it up war für mich leider nur eingeschränkt eine Freude.

Bewertung: ★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]