340 Seiten, erschienen als eBook und Taschenbuch als Selfpublisher am 16.04.2020 |
„Ich möchte unsichtbar sein und es für immer bleiben. Kannst du mir diesen Wunsch erfüllen, Knight?“
(Sky zu Holden in Knightrise)
Worum geht’s?
Sein Herz ist gebrochen. Nach dem Tod von Samantha kämpft Holden gegen seine inneren Dämonen. Er gibt sich die Schuld daran, dass er nicht verhindern konnte, was passiert ist. Es wäre seine Aufgabe gewesen, doch er hat versagt und damit alles verloren, was ihm etwas bedeutet hat. Betäubt vom Schmerz und ertrunken in Selbstzweifeln verliert Holden sich immer mehr selbst. Als er dabei eines Abends in Gefahr gerät, taucht ein Mädchen auf, welches sein Leben gehörig durcheinanderwirbelt. Ihr Name ist Skylar und sie will eigentlich nur in Ruhe studieren und sich frei zu fühlen. Doch sie wird das Gefühl nicht los, dass sie Holden helfen kann. Doch wird er sie mit in den Abgrund zerren oder wird sie ihm endlich wieder Licht ins Leben bringen?
Knightrise ist Band 2 der fünfteiligen Prestige-Reihe. Die Geschichte um Holden und Skylar ist grundsätzlich in sich geschlossen, fürs bessere Verständnis sollte aber vorher Kingsfall gelesen werden.
Schreibstil / Gestaltung
Das Cover ist identisch zum Vorgänger Kingsfall, nur die Farbgebung ist dieses Mal in einem dunkeln Lila gehalten. Wieder wirkt das Cover geheimnisvoll. Nach einem kurzen Prolog, der einige Erkenntnisse aus Kingsfall auf den Kopf stellt, wird das Buch chronologisch erzählt. Hierbei wechselt die Erzählweise zwischen Sky und Holden jeweils als Ich-Erzähler. Neben dem obligatorischen Hinweis durch den Namen des Erzählers merkt man jedoch auch an der Erzählweise, welcher Charaktere gerade erzählt. Holdens Kapitel sind ruppiger, während Sky eher sachlicher daherkommt. Der Schreibstil ist wie gewohnt sehr angenehm und gut lesbar. Das Buch lässt sich sehr schnell lesen und reißt einen regelrecht mit. Das Buch enthält keine expliziten Erotikszenen, vereinzelt jedoch etwas derbere Sprache.
Mein Fazit
Sie sind endlich zurück. Nachdem mich Kingsfall wirklich begeistern konnte und ich mich sofort für einen Platz bei Prestige rekrutieren lassen würde, war die Wartezeit zum Glück nicht so lang, bis es endlich weiterging. Denn der Prolog von Knightrise war bereits in Kingsfall abgedruckt und hat so ziemlich alles über den Haufen geworfen, was man in Kingsfall über Samantha erfahren hat. Und jetzt geht’s also endlich weiter. Und was soll ich sagen? Ich habe dieses Buch so verschlungen, dass ich wirklich hochgradig traurig war, als die letzte Seite anbrach. Die Erkenntnis, sich wieder von der Baylor University verabschieden zu müssen, war wirklich nicht schön.
Frisch an der Baylor University angekommen, hat Sky es endlich geschafft: Freiheit! Das Unileben wird für sie ein neuer Schritt, weg von ihrer bekannten Mutter und deren Erwartungen an Sky, weg von den Augen der Öffentlichkeit. Als sie eines Abends auf dem Weg ins Wohnheim ist, beobachtet sie eine gefährliche Situation und greift instinktiv ein. Sie kann ja nicht ahnen, dass diese Begegnung ihr Leben verändern wird. Denn als sie auf Holden Knight trifft, merkt sie schnell, dass in ihm ein dunkler Sturm wütet. Holden kämpft mit Selbstzweifeln, Selbsthass und den Schmerzen, die er durch den Verlust seiner Freundin Samantha vor einem Jahr verspürt und nicht loswird. Zu sehr ist er davon überzeugt, dass er ihren Tod hätte verhindern können – und müssen. Denn mit ihr ist alles gestorben, was ihm etwas bedeutet hat und auch etwas, was seine Zukunft hätte sein können. Seitdem ist es fast so, als würde Holden ziellos durchs Leben streifen und nur darauf warten, zu versinken. Doch als er auf Sky trifft, ist er davon überzeugt, dass sie ihm helfen kann. Helfen dabei, ein für alle Mal die Wahrheit herauszufinden und mit dem Thema Samanthas Tod abzuschließen. Doch wer tief gräbt, der kann auch so manches finden, was er nicht erwartet. Und Geheimnisse können viel kaputt machen…
Wie viel Schmerz kann eine Person ertragen, bis sie daran zerbricht? Und ist eine Person, die bereits am Zerbrechen ist, noch zu retten? Diese Frage darf man sich bei Knightrise unweigerlich stellen. Denn Holden leidet und das merkt man von Anfang an. Hinter seiner perfekt gepflegten Fassade als unausstehlicher, schlagfertiger Hottie brodelt es gewaltig. Denn er kämpft mit sich selbst, mit seinen Dämonen, seinen Erinnerungen und ein Stück weit auch mit seiner Wut auf Sam, die so einfach aus seinem Leben verschwand, obwohl sie sein Mittelpunkt werden sollte. Die stand im starken Kontrast zu Holden, wie wir ihn in Kingsfall kennenlernen – und in meinem Fall hassen lernen – durften. War er stets schlagfertig, leichtfüßig und zeigte vor allem auch eine gewisse Antipathie gegen Sav, hat er hier sehr schnell mein Herz erobern können. Denn der Blick in sein Inneres war schmerzhaft und unglaublich ergreifend. Auf der verzweifelten Suche nach Antworten, aber selbst irgendwo am Rande des Abgrunds braucht Holden eine starke Hand. Dass er diese ausgerechnet in Sky findet, ist ein Stück weit Schicksal und Zufall zugleich. Sky ist ein sehr bedachter Charakter, der sich vor allem durch analytische Fähigkeiten und Empathie auszeichnet. Sie durchbricht spielend leicht Holdens Maske und kratzt bereits schnell an den Wunden. Doch auch Holden kann Sky lesen wie ein Buch. Das Mädchen, was von sich selbst sagt, sie wäre gern unsichtbar, weil sie immer im Fokus und unter Beobachtung stand. Das Mädchen, was versucht, aus einer Art Käfig auszurechen und ein Stück weit auch sich selbst zu finden. Und so wird das Aufeinandertreffen von Sky und Holden zu einer kraftvollen Dynamik, die beide Charaktere wachsen, aber auch leiden lässt.
Knightrise ist für mich ein Buch, bei dem gar nicht so wirklich die Liebesgeschichte im Vordergrund steht, sondern eher ein nettes Beiwerk ist. Die Stärke des Buches liegt auf anderen Ebenen, was nicht heißt, dass die Beziehungsentwicklung nicht stimmig war. Oh doch, das war sie, zwar nicht so kraftvoll und turbulent wie in Band 1 zwischen Kaylan und Savannah. Aber das hätte auch zu Holden und Sky nicht gepasst. Hier geht es viel eher darum, dass beide lernen müssen, zu sich selbst zu finden und zu sich selbst zu stehen, die Geister der Vergangenheit zu verjagen und hierdurch die Bereitschaft zu finden, sich aufeinander einzulassen. Persönliche Entwicklung ist daher für mich der präsentere Part, der den Reiz der Geschichte ausmacht. Es ist reißend zu sehen, wie Sky langsam aus den Strukturen ausbricht, die ihre Mutter ihr so lange eingepflanzt hat. Es ist berührend zu sehen, wie Holden langsam seine Hoffnung zurückgewinnt, dass mit Samantha nicht seine gesamte Gefühlswelt zum Erliegen gekommen ist. Entsprechend behutsam baut sich die Beziehung beider auf, immer überschattet von Samantha und der Suche nach der Wahrheit.
Samantha ist in diesem Buch natürlich sehr präsent. Immerhin scheint es noch immer nicht abschließend geklärt zu sein, was da jetzt wirklich passiert ist. Viele Fragezeichen tauchen immer wieder auf, aber es gibt auch zahlreiche Antworten. Diese sorgen für Überraschungen, aber auch so einige Twists und Turns. Die finale Enthüllung, was passiert ist und wie damit umgegangen wurde, fand ich überzeugend. Hier hatte ich erst ein wenig Sorge, dass eine nicht nachvollziehbare Auflösung kommt, aber das, was passiert sein soll, hat mich zufriedengestimmt und mir auch das Gefühl gegeben, dass die Fragezeichen endgültig begraben sind. Der Spannungsbogen ist jedenfalls über fast das ganze Buch hoch, gleichzeitig ist das Tempo nicht so rasant wie beim Vorgänger, welcher sich sehr spritzig präsentierte, da zwischen Sav und Kaylan die Fetzen und Funken flogen. Zwischen Holden und Sky herrscht eher eine düstere Anspannung, die langsam von Licht durchzogen wird. Auf einer gewissen Art und Weise harmonieren beide auch auf einer anderen Ebene als die beiden starken Charaktere aus Kingsfall, einfach weil Sky auch eher ein zurückhaltender Mensch ist. Ihre Beobachtungs- und Kombinationsgabe ist dafür aber unglaublich ausgeprägt und führt so auch zu viele Fortschritten in der Geschichte. Es ist auf jeden Fall klug, dass die Autorin hier etwas Tempo aus der Geschichte genommen hat, da inhaltlich einige Brocken zu verdauen sind und sonst das Buch schnell überdreht hätte wirken können. Hier muss ich auch wieder den Hut davor ziehen, dass es der Autorin gelungen ist, ohne explizite Sexszene eine kraftvolle Verbindung von Holden und Sky zu charakterisieren. Damit wird einfach erneut gezeigt, dass Sex für ein New Adult Buch kein Muss ist und die Beziehungsentwicklung auf anderen Ebenen vielleicht auch deutlich eindrucksvoller ist, als wenn die Charaktere durch sexuelle Anziehung zueinander finden.
Knightrise war im Großen und Ganzen eine runde Sache und kann vor allem mit Nachvollziehbarkeit und Gefühl begeistern. Bei einigen Aspekten hätte ich mir aber noch etwas mehr gewünscht. So hätte es mir gefallen, noch etwas mehr in die Beziehung von Sky und ihrer Mutter eingeführt zu werden. Die Geschichte konzentriert sich sehr auf Holden und sein Schicksal, was dazu führt, dass Sky vielleicht etwas untergeht. Hier hätte man sicher noch ein klein wenig mehr Input mitgeben können, um auch Sky greifbarer und menschlicher zu machen. Außerdem kam für meinen Geschmack das verbindende Element – nämlich die Studentenverbindung Prestige – etwas zu kurz. Sicher kann man nicht in jedem Buch viel dazu bringen und immerhin kommen auch noch drei Bücher, aber mir fehlte etwas der Bezug. Das reine Nutzen des Prestigehauses als gelegentlichen Handlungsort finde ich etwas mau. Hier sollte für die Folgebände definitiv etwas mehr mitgegeben werden, da Prestige bisher wirklich sehr wenig behandelt wurde und wenig Einblicke gewährt hat. Andererseits muss man auch festhalten, dass die Story um den Tod ein sehr umfangreicher Handlungsstrang ist und entsprechend die Gefahr im Raum steht, dass durch zu viele Handlungen und zu viele Thematiken das Buch unfokussiert wirkt und den Leser überfordern könnte. Trotzdem hoffe ich auf etwas mehr zu Prestige.
Insgesamt war dieses Buch ein würdiger Nachfolger zu Kingsfall, welches für mich ein absolutes Highlight war. Knightrise überzeugt mit einer spannenden Handlung, die auch viel Tiefe mitbringt und mit so einigen Überraschungen daherkommt, die jedoch weder übertrieben noch unpassend wirken. Holden konnte mich überraschenderweise schnell für sich gewinnen, denn hinter ihm verbirgt sich mehr, als die Fassade erst glauben lässt. Sky ist eine sehr sympathische Protagonistin, geht aber neben Holden ein wenig unter. Die Beziehungsdynamik war authentisch und mitreißend, auch wenn es mir so vorkam, als würde die eigentliche Liebesgeschichte eher eine untergeordnete Rolle spielen und es vielmehr um persönliche Entwicklung gehen. Auf jeden Fall wieder ein absoluter Pageturner.
Bewertung: ★★★★★
[Diese Rezension basiert auf einem Kindle Unlimited Exemplar.]