29.12.2019

Tami Fischer - Sinking Ships (Flechter University 2)

384 Seiten, erschienen als eBook und Klappenbroschur am 04.11.2019 im Knaur-Verlag
 „Niemand vollbringt eine gute Tat, ohne insgeheim darauf zu hoffen, etwas im Gegenzug zu erhalten. So funktioniert die Welt nun mal. Nichts ist umsonst. Überall gab es das Kleingedruckte zu beachten.“
(Carla in Sinking Ships)

Worum geht’s?

Carla ist keine typische Studentin. Nach dem Tod ihrer Mutter und der Inhaftierung ihres Vaters muss sie für ihre beiden kleineren Brüder sorgen und arbeiten, um das gemeinsame Leben zu finanzieren. Von der Liebe hält Carla nichts und von den meisten Campusaktivitäten hält sie sich fern. Doch eines Abends kommt es auf einer Geburtstagsfeier zum Streit mit einer Kommilitonin, in Folge dessen sie Carla in den Pool stößt. Carla kann aber nicht schwimmen und hat panische Angst vor Wasser. Sie denkt, ihr letztes Stündlein hat geschlagen. Doch dann kommt Mitch, Bruder ihrer Freundin Savannah, Persona non grata seit Jahren – und der Kerl, der ihr Herz höher schlagen lässt, obwohl sie sich dagegen wehrt…

Sinking Ships ist Band 2 der Flechter University-Reihe. Das Buch ist in sich geschlossen, es kommen jedoch Charaktere vor, die man bereits aus Band 1 kennt. Zudem werden auch die Protagonisten für Band 3 weiter ausgebaut.


Schreibstil / Gestaltung

Das Cover in dieses Mal in grün-bläulicher Wellenoptik gehalten und verfügt als wiederkehrendes Element zu Band 1 ebenso über goldene Flakes. Das Cover gefällt mir mehr als bei Band 1, zumal es für mich zum Titel und Buch passt. Das Buch wird chronologisch durch Carla und Mitchell wechselnd in der Ich-Perspektive erzählt. Sprachlich ist das Buch angemessen für junge Erwachsene, es wird gelegentlich geflucht, an einige Stellen sprechen Charaktere zudem ein wenig spanisch. Es gibt etwas erotischen Content. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und angenehm zu lesen.

Mein Fazit

Lange habe ich mit mir gehadert, ob ich Sinking Ships lesen möchte. Das lag vor allem daran, dass ich Burning Bridges vollkommen überzogen, unrund, unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar fand. Der Schreibstil der Autorin war zwar angenehm, aber Burning Bridges wollte ich so oft abbrechen, wie bisher noch kein Buch. Nach einigem Zögern habe ich dann doch zu Sinking Ships gegriffen und muss sagen: Dieses Buch war deutlich besser!

Der Einstieg fiel mir dieses Mal etwas schwer. Es dauert ein wenig, bis die Geschichte losgeht. Man hat lange das Gefühl, einen ewig langen Prolog zu lesen. Denn das Buch startet direkt mit der verhängnisvollen Party, den Vorbereitungen dazu und nach den ersten 10% kommt es dann zum Poolunfall. Diese Schlüsselszene ist sehr gut und nachvollziehbar geschrieben. Mitchell rettet Carla, die unter Schock Mitchell dann küsst. Dabei mögen sie beiden sich seit Ewigkeiten nicht, Carla lässt Mitchell stets abblitzen und ist genervt von ihm. Und somit beginnt eine ganz eigene Dynamik in der Geschichte: Carla, die Angst hat, dass andere ihr Geheimnis um die Wasserangst erfahren könnten. Die sich von Mitchell ungewollt angezogen fühlt. Mitchell, der versucht, Carla für sich zu gewinnen. Es ist eine Geschichte von einem Mädchen, die niemandem vertraut und nur für ihre Brüder lebt, dabei aber verpasst, was Schönes vor ihr steht. Im Laufe der Geschichte geht es sodann vor allem darum, ob und wie Carla und Mitchell sich annähern, wie Carla ihre Angst vor Wasser überwinden könnte und um die Zukunft von Carla und ihrer Familie. Wird Mitch Carlas Herz gewinnen können? Wird Carla ihre Angst vorm Wasser überwinden können?

Insgesamt ist – vor allem im Vergleich zu Burning Bridges – die Storyline hier deutlich zurückhaltender, bodenständiger und gefühlvoller. Damit einhergehend ist die Geschichte jedoch auch etwas langsamer, plätschert gelegentlich etwas vor sich hin und erfüllt auch zahlreiche Klischees. Während ich bei Band 1 dachte, die Autorin weiß selbst nicht, was sie möchte, wirkte Sinking Ships eher so, als wäre sie voll auf Sicherheit gegangen. Ein klassischer New Adult Roman, bei dem es um Friends to Lovers geht, garniert mit einer persönlichen Familientragödie und der Angst, dass Carla ihre Brüder verlieren könnte. Mitchell tritt dabei in meinen Augen sehr zurück. Zwar wird oberflächlich die Thematik um seine Familie und seinen Leistungsdruck angesprochen, im Verhältnis zu dem Raum, den Carlas Storylines einnehmen, wirkt er jedoch wie ein Randcharakter. Auch bei Sinking Ships gibt es wieder einige Einblicke in das niedliche Uni-Leben, inklusive Trinkspiel „Ich habe noch nie“, bei dem Carla direkt gestehen muss, dass sie noch nie einen Orgasmus hatte. Ein weiterer Punkt, den man auf die Todo-Liste zum Arbeiten im Buch notieren darf.

Gott sei Dank spielt die komplette Unterweltthematik in diesem Buch keine Rolle mehr. Das hat mich gewundert, denn Carla war in Band 1 als Wissende um die Unterwelt immer wieder eingeführt worden. Jetzt in Band 1 spielte das alles keine Rolle mehr. Ches und Creed sind aus den Fängen der Unterwelt befreit, also abgehakt. Das führte aber auch zu einer ungewollten Änderung in der Dynamik: Plötzlich sind alles ganz normale junge Erwachsene mit normalen Uniproblemen. Und damit sind wir wieder beim Thema: Das klassische New Adult Buch. Gefallen hat es mir trotzdem. Sicher war einiges nicht unbedingt innovativ, aber muss es für mich auch nicht zwingend sein. Sofern die Geschichte rund ist, überzeugende Emotionen rüberkommen und sich die Charaktere anständig entwickeln können, bin ich schon recht zufrieden.

Zu den Charakteren muss ich sagen, dass Carla und Mitch angenehm und bodenständig sind. Mitch ist der wirklich klassische Schwiegermuttertraum-Good Guy, während Carla die um sich schlagende, zu stolze Selfmade-Frau ist, die niemanden braucht, sich aber fast zu Tode arbeitet. Carla entwickelt sich im Buch sehr viel und darf dabei auch erkennen, dass sie nicht allein ist. Das war wirklich schön anzusehen. Mitch hingegen entwickelt sich eigentlich gar nicht. Die anderen Nebencharaktere fand ich in Sinking Ships auch deutlich angenehmer. Sie wirkten nicht so anstrengend, naiv und überzogen. Es war generell so, als hätte die Autorin an allen Ecken und Enden etwas die Regler runtergeschraubt. Das kam den Buch zugute, denn es wirkte nicht mehr wie eine überdramatisierte Collegeromanze.


Insgesamt ist Sinking Ships eine deutliche Verbesserung zu Burning Bridges, zugleich aber auch ein gewaltiger Rückschritt. Denn statt übertriebener Bad Boy Unterwelt Geschichte gibt es nun eine recht 0815-College Geschichte, die einige Klischees bedient. Dennoch war das Buch deutlich stimmiger, nachvollziehbarer und durchdachter als Band 1. Es war schön, mitzuerleben, wie Carla und Mitch sich näherkamen, und auch die Geschichte um Carlas Brüder hat mich berührt, obwohl sie sehr vorhersehbar war. Ich sehe Band 3 jedenfalls nicht mehr so schwarz entgegen, wie ich es nach Band 1 getan habe.

Bewertung: ★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]