21.07.2019

Katie Weber - Crush me tenderly (Wrecked 3)

348 Seiten, erschienen als eBook und Taschenbuch am 07.07.2019 als Selfpublisher

„Jemandem wie ihm brach niemand das Herz, denn das setzte voraus, dass er eines besaß.“ 
(Harper über Easton in Crush me tenderly)

Worum geht’s?

Harper braucht Geld. Um die medizinische Unterstützung ihres autistischen Bruders Casper zu finanzieren, arbeitet sie als Hausmädchen für reiche Leute. So landet sie bei der Familie Price, die ihr gutes Geld zahlt. Doch die Arbeit hat einen Haken: Easton, einer der Söhne des Hauses, scheint Spaß daran zu haben, Harper das Leben schwerzumachen. Ausgerechnet Easton, der seine Nächte gern bei illegalen Straßenkämpfen verbringt oder mit Leichtigkeit Leute ins Koma prügeln kann. Harper sollte sich von ihm fernhalten. Doch Harper war noch nie jemand, der sich kampflos geschlagen gegeben hat. Wäre da nicht so ein komisches Kribbeln, immer wenn er in ihrer Nähe auftaucht…

Crush me tenderly ist Band 3 der Wrecked-Reihe von Katie Weber. Für das Buch werden keine Vorkenntnisse benötigt, allerdings kommen die Hauptcharaktere aus den Vor- und Folgebänden als Randfiguren vor. Es empfiehlt sich daher, die Reihe in der Reihenfolge zu lesen. Notwendige Informationen werden jedoch angesprochen, sodass man das Buch auch als Stand Alone lesen kann.


Schreibstil / Gestaltung

Das Cover von Crush me tenderly gefällt mir von der Reihe bisher am besten. Passend zur Reihe gibt es dieses Mal kupferfarbene Glitzeroptik zu schönem Schwarz. Auf jeden Fall ganz große Coverliebe und ein toller Hingucker.

Auch Band 3 wird chronologisch mit wechselnder Perspektive erzählt. Easton und Harper führen als Protagonisten im Ich-Erzähler-Stil durch die Geschehnisse und gewähren Einblicke in ihr Inneres. Crush me tenderly zeigt sich wieder ähnlich locker wie die Vorgängerbände. Der Schreibstil ist angenehm, gut lesbar und abwechslungsreich. Für ein New Adult Buch passend sprechen die Protagonisten auch, sodass es zu zahlreichen Flüchen und Kraftausdrücken kommt, dieses Mal auf beiden Erzählerseiten. Das Buch enthält wenige, aber im Vergleich zu den Vorgängern längere Erotikszenen, die stets niveauvoll gestaltet, jedoch auch etwas expliziterer Natur sind.

Mein Fazit

Nach langem Warten ist mit Crush me tenderly endlich Eastons Geschichte erschienen. Nach einem Band 1 mit lockeren Reibereien und einem Band 2 mit vielen Emotionen war ich sehr gespannt, was die Autorin dieses Mal präsentieren wird. So kam es, dass ich Crush me tenderly sofort und in einem Rutsch durchgesuchtet habe. Und ich habe keine Sekunde davon bereut.

Bereits am Ende von Band 2 durften wir kurz Harper kennenlernen, die als Dienstmädchen den Price arbeitet und von Easton für einen vermeintlichen Fehler angegangen wird. Crush me tenderly startet mit Harper, die nach einer nächtlichen Eskapade von Easton seine Klamotten reinigt. Denn Easton hat einen Mann krankenhausreif geprügelt. Die ganze Clique findet sich zusammen, um mit Easton das weitere Vorgehen zu beratschlagen. Hierbei stößt Harper unfreiwillig hinzu und wird schnurstracks mit reingezogen, als es um die Frage geht, ob das Opfer überlebt hat. Denn Harper hat Kontakte ins Krankenhaus. Im Gegenzug verlangt sie von Easton, dass er sie in Ruhe lässt, denn sie ist nur dort, um Geld zu verdienen, damit die teuren Behandlungen ihres autistischen Bruders bezahlt werden können. Casper benötigt sämtliche Aufmerksamkeit der Familie und Harper ist bereit, alles für ihren Bruder zu tun. Easton willigt ein. Doch insgeheim denkt er gar nicht daran, Harper in Ruhe zu lassen. Und so fliegen zwischen beiden schon bald nicht nur die Fetzen, sondern auch die ersten Funken…

Bereits von Anfang hat stehen Eastons Aggressionen im Fokus der Geschichte. Seine Freunde wissen davon und heißen seine Prügeleien nicht gut, wissen aber auch nicht, was sie dagegen tun sollen. Harper hingegen will eigentlich nur arbeiten, entwickelt aber schnell eine gewisse Art von Pflichtgefühl und versucht, sich ein wenig um Easton zu kümmern. Dabei muss sie schnell verstellen, dass Easton eine verdammt harte Schale hat und sich selbst als herzlosen, gewalttätigen Mistkerl ansieht. Immer wieder stößt er Harper von sich. Doch sie gibt sich nicht so leicht geschlagen. Und so fliegen die Fetzen, denn Harper ist nicht auf den Mund gefallen und trotz ihres Arbeitsverhältnisses denkt sie gar nicht daran, Easton davonkommen zu lassen. Als langsam aber auch die ersten Funken sprühen und Harper feststellen muss, dass sie sich durchaus Sorgen um Easton macht, wird es kompliziert. Auch Easton muss feststellen, dass irgendetwas an Harper ihn fesselt, doch aus seiner Haut kann er auch nicht wirklich. Als Easton aber Geister der Vergangenheit einholen, wird so einiges, was er zu wissen glaubte, über den Haufen geworfen und er muss sich fragen, wie sein künftiges Leben aussehen soll. Am Ende gibt es zudem noch einige unerwartete Ereignisse, die vor allem im Hinblick auf Band 4 und 5 Relevanz erlangen werden.

Charakterlich wurden hier zwei Vulkane präsentiert. Easton steht für seine Wutausbrüche und Aggressionen. Wie ein Wilder trainiert er jeden Tag stundenlang, lässt kaum eine Schlägerei aus und dürfte als „short-tempered“ bezeichnet werden. Er ärgert Harper, wo es nur geht, macht ihr das Leben schwer und stößt sie von sich. Harper ist aber kein Mäuschen, das so etwas mit sich machen lässt. Sie ist selbstbewusst, mutig und bereit, Easton etwas entgegenzusetzen. Getrieben von dem Willen, für ihren Bruder zu sorgen, ist sie bereit, einiges zu ertragen. Unweigerlich fühlt sie sich hierbei zu Easton hingezogen, obwohl er sehr viele Macken hat. Doch sie versucht ihn zu verstehen und gibt hierbei nicht auf, egal wie oft er versucht, sie von sich zu stoßen.

Crush me tenderly hat mich in ein moralisches Dilemma geworfen. Kann ich es gutheißen, dass sich eine taffe Protagonistin in einen kaputten Typen verliebt, der bei illegalen Straßenkämpfen und manchmal auch bei einer sich ergebenen Gelegenheit jemanden derart verprügelt, dass das Opfer krankenhausreif ist? Kann ich es unterstützen, dass sie ihr Herz an einen absoluten Mistkerl verliert, der kalt wie Eis ist und sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit piesackt und von sich stößt? Lange Zeit war ich mir sicher, dass ich es nicht unterstützen kann. Easton ist kein Sympathiecharakter. Doch ich war töricht, denn ich habe gar nicht wirklich mitbekommen, wie er sich Seite um Seite in mein Herz schlich und aus einem „welche Schraube sitzt bei ihm locker“ ein „wann lässt er endlich zu, dass Harper seine harte Schale knackt“ wurde. Ja, Easton macht es einem nicht leicht am Anfang und auch nicht mittendrin und auch sonst nicht. Aber es ist es wert, ihm eine Chance zu geben. Denn je weiter man kommt und wenn man beginnt zu verstehen, wieso er so handelt, so entwickelt sich schon ein anderes Bild. Man kann seine Taten zwar nicht gutheißen, aber zumindest merkt man, dass auch bei Easton Price kein Stein anstelle seines Herzens sitzt. Vor allem das letzte Drittel des Buches ist hierfür der Schlüssel und am Ende ist man doch ein kleines bisschen Stolz auf ihn, wenn er die Konsequenzen aus seinem Handeln zieht.

Eine Frage, die mich das ganze Buch über angetrieben hat, war natürlich die Frage, wieso Easton zu Gewalt neigt. Ich hatte einige Vermutungen und wurde von der tatsächlichen Auflösung dann positiv überrascht – und emotional unvorbereitet getroffen. Dass Easton sich überhaupt öffnet, war schon eine Überraschung. Dass er aber Harper in seine Vergangenheit schauen lässt und sie endlich erfahren lässt, was damals passiert ist, hat mir ein wenig das Herz gebrochen. Denn plötzlich sieht man Eastons Verhalten durchaus mit anderen Augen und weiß, dass nur professionelle Hilfe helfen kann. Wie immer bleibt die Autorin dabei realistisch und weist darauf hin, dass eine Anti-Aggressions-Therapie eine logische, notwendige Hilfe sein dürfte. Liebe kann nicht alles heilen, aber sie kann helfen. Und manchmal kann Liebe auch der Auslöser für gewisse Probleme sein.

Auch in Band 3 geht es wieder heiß her. Die Sexszenen kamen mir länger als in den Vorgängerbänden vor, dennoch wirkten sie nicht ausufernd und haben die Story gut unterstützt. Der Autorin ist es sogar gelungen, den Charakter der beiden Protagonisten in den Sexszenen einzufangen und so wirken die Szenen etwas leidenschaftlicher und wilder. Tatsächlich empfand ich in diesem Buch die sexuelle Seite sogar als notwendige Komponente, um vor allem Easton besser zu beleuchten und ihm zu einer notwendigen Erkenntnis kommen zu lassen. Doch auch hier gilt: Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück.

Der Autorin ist es auch sehr gut gelungen, einige Thematiken aus den Vorgängerbüchern wiederaufzugreifen und teilweise auch weiterzuspinnen. So muss ich vor allem lobend – und dankbar – die Fortführung von Grayson und Eden erwähnen, die beide weiterhin therapiert werden und nicht plötzlich geheilt sind. Das wird auch durch Aussagen wie „Grayson hatte kein Suchtproblem, er hat eins“ sehr eindrucksvoll unterstrichen. Liebe ist eine starke Waffe, aber auch sie kann keine Wunder vollbringen. Das zeigt sich sowohl an Eden und Grayson, die zwar Fortschritte machen, aber nunmal in Minischritten, als auch an Easton in diesen Band. Viel zu oft wird in Büchern mit schweren Thematiken sowas doch zu sehr romantisiert. Gleiches gilt für die Andeutungen bezüglich der beiden noch fehlenden Charaktere West und Nash, bei denen in jedem Buch Teile ihrer Probleme angesprochen werden, um den Leser auf ihr jeweiliges Buch vorzubereiten, aber ohne zu viel vorwegzunehmen, sodass man ihnen keinen Entwicklungsspielraum mehr gibt. Dennoch nehmen alle diese kleinen Storylines nicht zu viel Platz und bringen in gebotener Kürze die nötigen Informationen ein, sodass auch ein Stand-Alone-Leser mit Crush me tenderly glücklich sein würde oder vielleicht sogar mehr über die Vor- und Nachfolgebände erfahren möchte.

Natürlich wird auch in Band 3 wieder eine märchenhafte Anspielung gemacht. Nachdem wir in Band 1 Alice als Aschenputtel und in Band 2 Eden als Dornröschen kennenlernen durften, reiht sich Harper als Schneewittchen ein. An einigen Stellen gibt es hierbei auch direkte Anspielungen auf das Märchen um Schneewittchen, was ich als grandioses kleines Easter Egg aufgefasst habe. Ich bin jetzt schon gespannt, welche Prinzessinnen uns noch erwarten werden. Denn solche Kosenamen sind doch viel interessanter als das klassische Babe, Schatz und Darling, oder? Genauso gab es zahlreiche humorvolle Kommentare von Easton und den anderen Jungs, die herrlich selbstironisch und sarkastisch sind und immer wieder die Story auflockern und bei mir für zahlreiche Lacher gesorgt haben.

Ein kleines bisschen meckern muss ich allerdings, da mir Harpers Geschichte mit ihrem Bruder etwas zu kurz kam. Es gab einige schöne Szenen, die wirklich toll geschrieben waren und die so viel Lust auf mehr gemacht haben. Denn hier konnten Harper und auch Easton eine andere Seite von sich zeigen, das Thema ist bedeutsam und ich hätte gern mehr über das Leben mit einem autistischem Bruder, Casper selbst und, wie Easton mit der Situation und Casper umgeht, erfahren. Aber vielleicht bekomme ich hier ja noch ein wenig mehr Input in Band 4 und 5.

Auch mit Crush me tenderly konnte mich Katie Weber wieder voll überzeugen. Es ist eine spritzige Geschichte, bei der zwischen den Protagonisten die Fetzen fliegen, die aber auch zeigt, wie zwei starke Persönlichkeiten einander helfen können. Und jetzt beginnt das hibbelige Warten auf Band 4 nach diesem überraschendem Ende. In Band 4 werden wir dann endlich mehr über Nash und seine Spielsucht erfahren. Und ich freue mich sehr darauf.

Bewertung: ★★★★★

[Diese Rezension basiert auf einem Kindle Unlimited Exemplar.]